Am Di., 31. Okt. 2023 um 00:25 Uhr schrieb Karl Janssen über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Du meinst, Axiome seien Normen, doch wer sollte diese
denn aufgestellt haben? Verhält es sich nicht vielmehr so, wie wir es aus der Mathematik
kennen: Ein Axiom ist ein Prinzip, das durch keinen Beweis nachzuweisen, bzw. nachweisbar
ist, es ist per se gültig. Und wenn ich vom Prinzip der Differenz von Materie und Geist
spreche, sollte doch konsensfähig sein, dass zwischen diesen eben eine Differenz
existiert. Wie ist denn der Differenzbegriff definiert?
Zumindest die modernen Axiome werden auf keinen Fall willkürlich aufgestellt.
Die meisten Mathematiker arbeiten daran, ihre Axiomensysteme
widerspruchsfrei und mit dem Rest der Mathematik vereinbar zu halten.
Ich nehme mal ein Beispiel, welches ich zufällig ein kleines bisschen
kenne: Wenn die Axiome der Maßtheorie anders gemacht wären, dann wäre
es zumindest möglich das sie anerkannten Erkenntnissen aus Analysis
und Topologie widersprechen könnten.
Es wäre zwar möglich, dass es sprichwörtlich unendlich viele denkbare
Axiomensysteme gibt, die dieses Kriterium erfüllen, aber es wird
ebenso unendlich viele geben, die es eben nicht tun.
Das ist dann auch wieder der Punkt, wo auch die
Wahrscheinlichkeitstheorie abgeholt wird...
Obwohl ich Heisenberg schon in jungen Jahren gelesen
habe (z.B. der Teil und das Ganze), weiss ich nicht, welches Gottesbild er wirklich vor
Augen hatte.
Je genauer du das Gottesbild beschreiben kannst, umso weniger ist es
das von Heisenberg und je mehr es das von Heisenberg ist, umso weniger
kannst du es beschreiben. ;-)
Am Mo., 30. Okt. 2023 um 22:24 Uhr schrieb Joseph Hipp über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 29.10.23 um 02:08 schrieb Karl Janssen über PhilWeb einiges, an dem
ich wahrscheinlich vorbei rede:
Ich hoffte, Karl, von dir einige Zeilen zu lesen, in denen darauf hin
deuten, dass eine Schöpfung, also eine Herstellung von fast allem
stattgefunden hat, von einer Instanz, die schon vor dem Geschaffenen
vorhanden war.
Das ist übrigens auch ein Punkt, von welchen ich annehme, dass er eine
bestimmte Bedeutung haben wird:
Die meisten heidnischen Religionen erzählen uns eine Geschichte vom
undifferenzierten Chaos, welches durch Götterkräfte geordnet wurde.
Beispiele sind Ägypter, Griechen, Babylonier und auch die antiken
Japaner.
Dabei wird das Chaos durchaus als materiell vorgestellt. In manchen
Mythologien erscheinen die Götter selbst einfach oder kommen quasi
durch Zufall zu stande wie im Gaia-Mythos. Das kann man so
interpretieren, dass die Götter entstanden sind oder dass sie schon
immer da waren. Die griechische Mythologie lässt sich eigentlich da
keinen Zweifel, Gaia entstand aus Chaos und ist die Gotter des
Götter-, Riesen- und Menschengeschlechts.
Christentum und Islam erzählen uns dagegen eine Geschichte der
"creatio ex nihilo".
Während also die Götter der alten Griechen usw. in letzter Konsequenz
nur Materie neu angeordneten, die aber vorher schon da war, erschuf
der monotheistische Gott die Welt überhaupt erst.
Für so eine Erschaffung aus dem Nichts gibt es kein Beispiel. Meines
Wissens haben weder die klassischen Philosophen solches angenommen,
noch gibt es Mythologien, welche vergleichbares erzählen.
Und auch das Alte Testament (die hebräische Bibel) kommt nicht damit
zurecht: Der Geist Gottes schwebte über den Wässern. Auch hier wird
eigentlich überdeutlich impliziert, dass da schon irgendwas war. Es
mag sein, dass Gott dieses etwas "vermehrt" hat, aber es war quasi
schon etwas da.
Man mag das auf den Stand der Abstraktion der früheren Hochkulturen
zurückführen. Genauso wie sich heute die meisten Menschen das Nichts
nur als leeren Raum vorstellen können, konnten damals die meisten
Leute keine Vorstellung von einem Vakuum entwickeln.
Heute gibt es schon einzelne Leute, die erklären würde: "Nein, ein
leerer Raum ist schon wieder mehr als Nichts".
(Dahinter dann die Vorstellung einer leeren Menge oder eines leeren Wortes.)
Abgesehen von diesen historischen Zugang, gibt es natürlich auch den
philosophischen, indem man einen Gedankensprung macht.
Das Chaos erweist sich als nichts anderes als Nichts.
Das Chaos, so die Argumentation, ist nicht differenzierbar. Nicht
näher bestimmbar (womit es eine eigentümliche Ähnlichkeit zum Gott des
Bilderverbotes annimmt). Und das hat es mit dem Nichts gemein. Nichts
und Chaos sind nicht unterscheidbar, daher das selbe.