Am 15.07.2025 um 18:30 schrieb Claus Zimmermann über
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"Reicht es am Ende hin, die alltäglichen Erklärungsmuster, wie sie sich in Medien
des ÖR oder sog. sozialen Netzen zuhauf finden, zu verstehen, geschweige denn zu
verinnerlichen? Oder gleichen diese Muster doch wieder nur den althergebrachten, immer
perrenierend vorgetragenen Erklärungen, Narrativen oder Sermons und es gibt kein wirklich
Neues, kein Aufbrechen in ein „Sonnenzeitalter“ und sollte Nietzsche dann recht behalten
mit der „Wiederkehr des Immergleichen“? Immerwährender Tanz um goldene Kälber." (Karl
Janssen)
War Nietzsches Vorstellung oder Intuition nicht, man solle so leben, als ob jeder Moment
für immer wäre, also nicht spurlos verschwunden, wenn durchlebt? Deshalb wollte er
vermutlich ein Superheld werden.
Deshalb hob Nietzsche gegen seinen Wiederkunftsgedanken hervor: „Ich bekenne, dass der
tiefste Einwand gegen die ewige Wiederkunft, mein eigentlich abgründlicher Gedanke, immer
Mutter und Schwester sind.“ Seiner Freundin Salome gemäß hat Nietzsche die alte indische
Lehre der ewigen Wiedergeburt geradezu umgekehrt: Nicht Befreiung von dem
Wiederkunftszwange, sondern freudige Bekehrung zu ihm, ist das Ziel höchsten sittlichen
Strebens, nicht Nirvana, sondern Sansara der Name für das höchste Ideal. Salome zufolge
wollte Nietzsche den Gedanken naturwissenschaftlich fundieren und sich sogar einem
einschlägigen Studium unterziehen.
Im Anschluss an Darwin lässt sich der evolutionäre Optimierungsalgorithmus stichwortartig
zusammenfassen: Stoffwechsel, Selbstreproduktion und Mutation haben notwendig Selektion zur
Folge. Und ähnlich nüchtern neutral kann auch Nietzsches aristokratischer Radikalismus
charakterisiert werden: Der Wille zur Macht, die ewige Wiederkunft des Gleichen und der
dionysische Rausch werden auf den Übermenschen hinauslaufen. Ebenso wie alle anderen
Lebensformen ist auch der gegenwärtige Mensch nur eine Übergangsform in der Evolution des
Lebens und der Naturgeschichte des Universums.
Nietzsche reiht sich zwanglos ins Sonnenzeitalter ein, wenn er im Ecce Homo hervorhebt:
„Mit der Morgenröte nahm ich zuerst den Kampf gegen die Entselbstungs-Moral auf." Er
empört sich darüber, dass die Menschheit bisher in den schrecklichsten Händen war, „dass
sie von den Schlechtweggekommenen, den Arglistig-Rachsüchtigen, den sogenannten Heiligen,
diesen Weltverleumdern und Menschenschändern, regiert worden ist." Und er fragt sich
erregt: „Welchen Sinn haben jene Lügenbegriffe, die Hülfsbegriffe der Moral, ”Seele“,
”Geist“, ”freier Wille“, ”Gott“, wenn nicht den, die Menschheit physiologisch zu
ruinieren. Wäre doch nur allen Menschen die Goldschmiedekunst und -Kennerschaft des Wortes
eigen!“
IT