Am Sa., 30. März 2019 um 04:08 Uhr schrieb K. Janssen <janssen.kja(a)online.de>de>:
Angesichts dessen und weiterer irdischen Unbilden
könnte die hier aufgeworfene Frage, warum Menschen an abstrakte Entitäten glauben,
ursächlich eine einfache Antwort haben: weil Menschen sich aus dem Jammertal der
diesseitigen Welt in das Paradies eines Jenseits wünschen, das ihnen seit Zeiten - wohl
unter gewissen Bedingungen – von jenen verheißen wird, die darüber hinaus die Existenz
eben einer transzendenten Entität proklamieren. Jenseitiges wähnen, beschwören, verheißen,
predigen und daran glauben; seien es Geister, Götter, sei es ein einiger Gott.
Was ist mit "Menschheit", Zahlen oder der ewigen, absoluten Wahrheit?
Der Gedanke an sich klingt sehr nietzscheanisch. Dieser hat wohl
ähnliches geschrieben. Die Welt ist eine Welt des Wandels, die Suche
nach ewigen, ungeschichtlichen Tatsachen ist nur der Wunsch etwas
konstantes zu finden innerhalb davon. Auf der anderen Seite ist
Wahrheit auch ein mächtiger Trost. (Siehe "Wahrheit und Lüge im
Außermoralischen Sinne" und die Schrift über Heraklit.)
Diese kulturellen Merkmale des homo sapiens sapiens
sind durch Ausgrabungen (u.a. auch dieser Epoche zugeschriebene Höhlenmalerei) zutage
getreten und geben eindeutige Hinweise darauf, dass sich dieser junge „Jetzt-Mensch“
seiner selbst, seinem sozialen Umfeld und womöglich auch außerweltlicher Einflüsse, einem
Jenseitigen im Diesseitigen (Hierophanie) bewusst geworden war.
Ja und Nein.
Die Bestattung als Beweis für den Glauben an ein jenseitiges
Weiterleben halte ich für einen Fehlschluß, da nicht klar ist, welche
Vorstellungen die Menschen damals wirklich verfolgt haben. Etwa
Fehldeutungen der Beobachtung von Leichengift und daher Angst vor
Vampirismus oder vergleichbares.
Ich halte es für eine interessante Beobachtung, dass Staat und
Religion fast in allen Gesellschaften irgendwie verbunden sind. Seien
es die Riten der alten chinesischen Kaiser, die ihre Herrschaft
rechtfertigten oder die Pharonen usw.
Es kann angenommen werden, dass über rituelle
Handlungen zunächst spirituelles Erleben (Entgrenzungserfahrung, wie heute auch bei
Meditation - oder auch unter Drogeneinwirkung - erlebbar) schließlich zur untrüglichen
Empfindung des „numen semper adest“ geführt hat, sich damit eine Dimension des Religiösen
erschlossen und in der Folge durch Artefakte und entsprechende Verhaltensweisen
schließlich ein religiöses Regelwerk entwickelt hat.
Ich halte es für vielleicht simpler: Die Menschen suchten einen Weg,
um Dinge in ihrer Umgebung zu beeinflussen und es war für sie fast
nicht auszumachen, welche Handlungen von ihnen zu welchen Reaktionen
führten.
Jemand hatte vielleicht beobachtet, dass z. B. Weizen aufkeimt, wenn
man ihn in die Erde gibt, andere Leute haben andere Beobachtungen
gemacht, z. B. bestimmte Handlungen führten dazu, dass der Nill ein
Hochwasser hatte.
Es war unmöglich zu unterscheiden, ob z. B. das Sonnengebet des
Hohepristers wirklich den Sonnenaufgang hervorrief oder ob die Anlage
von Feldern zu besseren Essen führten.
So könnte das Glauben an „abstrakte Entitäten“ (für
unseren Kulturraum der Glaube an einen Gott) ebenso in Verbindung mit dieser
Betrachtungsweise gebracht werden: Das nunmehr grundsätzlich hinreichend entwickelte
Menschengehirn bietet Topos und Gelegenheit, um mit (dem Informationsfeld) einer
Schöpfungsidee in Wechselwirkung zu treten, eben der unübertrefflich göttlichen Idee einer
sich fortwährend evolutionär vollziehenden Formgestaltung.
Wie sieht es denn in anderen Kulturen aus?