Am 09.03.2024 um 21:35 schrieb Claus Zimmermann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Der Ausgangspunkt der Diskussion war ja, dass RF am 3.3 um 9:38 geschrieben hatte, dass
Popper mit der Bedingung der Falsifizierbarkeit die Konsequenz aus Humes Induktionsproblem
gezogen hätte.
In diesem Punkt scheinen wir ja übereinzustimmen, wenn ich mich nicht irre, wie ich es
natürlich vorsichtigerweise ausdrücken muss.
Moin Claus,
ja, darin stimmen wir überein. Allerdings sehe ich Poppers Falsifikationismus nicht als
Lösung des Induktionsproblems und zudem halte ich es ja für ein Scheinproblem. Sogar der
Popper-Fan hjn hat den Falsifikationismus unterdessen abgeschwächt in seinem Artikel
„Über Wahrheit und Sicherheit.
Mit einer Lösung des Restproblems der Induktion“. Bemerkenswert das Eingeständnis: „Es
gibt mehr Sicherheit in der Wissenschaft als Popper wahrhaben wollte; es gibt sogar
Bereiche des Infallibilismus.“ Im Anschluss an die Unterscheidung Einsteins zwischen
Prinzip- und Konstruktivtheorien wären die Prinziptheorien infallibel und die
Konstruktivtheorien fallibel.
In Verbindung mit der Unterscheidung von Technik als Suche nach Sicherheit und
Wissenschaft als Suche nach Wahrheit scheint hjn sein Eingeständnis allerdings wieder zu
konterkarieren, wenn er schreibt: „Alle wissenschaftlichen Theorien sind fallibel. Dagegen
ist keine der Regelmäßigkeiten der Natur — immer unter völlig gleichen Randbedingungen
—, auf denen alle Technik beruht, fallibel.“
Wer sich nicht mehr an Poppers Dreiweltenlehre erinnern sollte, hier eine seiner
Vorlesungen dazu:
https://tannerlectures.utah.edu/_resources/documents/a-to-z/p/popper80.pdf
Zum „Restproblem der Induktion“ kommend stellt hjn die Frage: „Warum können wir uns auf
die Technik verlassen und warum in Maßen sogar auf die meisten unserer wissenschaftlichen
Theorien, wenn das Induktionsprinzip nicht haltbar und zudem überflüssig ist?“ Antwort:
"In Wirklichkeit verlassen wir uns nicht auf die Prüfung, sondern auf das Geprüfte:
Wir verlassen uns auf die Welt-1-Naturkonstanz, und diese ist etwas völlig anderes als
das Welt-3-Induktionsprinzip und hängt nicht davon ab, ob und wie wir sie geprüft haben.
Der Natur ist es egal, was wir über sie denken. Das Manko des Welt-3-Induktionsprinzips
ist seine logische Ungültigkeit. Das Manko der Welt-1-Naturkonstanz, das Hume an seiner
Vernunft zweifeln ließ, ist ihre prinzipielle Unerklärbarkeit.“
Ende gut, alles gut? „Die Induktion hat sich mitsamt dem Induktionsprinzip in Nichts
aufgelöst.“ Aber „das Induktionsproblem ist zum Restproblem der Naturkonstanz mutiert.“
Hinsichtlich der Naturkonstanz beruft sich hjn abschließend auf Feynman in der Folge
Einsteins: Wir können „weiterhin von ‚Naturkonstanz' sprechen, wenn wir
'Translationssymmetrie in Raum und Zeit' meinen. … „Wichtig ist, nicht zu
vergessen, dass Naturkonstanz eine physikalische Bedeutung hat, die sich in Raum- und
Zeit-unabhängigen Gleichungen ausdrückt.“ Damit scheint auch hjn das Vertrauen Einsteins
in das Relativitätsprinzip gefunden zu haben.
IT