Am 09.02.2020 um 15:16 schrieb Ingo Tessmann via Philweb:
[Philweb]
Hi Arnold,
Du kritisierst den Umgang mit Mathematik. So ist halt der Mob, auch im Internet
verbreiten sich ja die Blöden so schön mit ihrem Schwachsinn. Beides spricht aber nicht
gegen Mathematik und Internet, sondern gegen den Mob und die Verblödung. Mathematik
bildet, während Religion verblödet, insofern kann ich Deinen Vorwurf nachvollziehen, aber
alles was verblödet ist nicht schon Religion.
Auch hier möchte ich mich kurz einklinken:
Mehrmals stand hier Mathematik im Fokus unseres Gedankenaustauschs
(Cantors Mengenlehre, computatives Universum, zelluläre Automaten etc),
und zuletzt eben die Frage: „Was sollen denn Mathematik und Religion
gemeinsam haben?“
Zunächst, denke ich, den Gebrauch von Symbolik. Mathematik als die
„Sprache der Natur“ bedient sich zu deren Veranschaulichung ihrer
eigenen, eindeutig definierten Symbolik. Religion als kulturell breit
angelegtes Zeichensystem, bedient die unausweichliche Konsequenz eines
Regelwerks für gesellschaftliches Zusammenleben.
Religion (als solches) die „Verblödung“ menschlicher Gesellschaft
anzulasten ist unredlich.
Man muss hier schon dringend differenziert argumentieren zwischen (wie
ich es hier mehrfach beschrieb) falsch vermittelter und gelebter
Religion sowie Religion als durchaus sinnstiftendes kulturelles
Regelwerk (Symbolsystem).
Überdies muss bei derart oberflächlicher Religionskritik (R. Verblödung
Vorschub leistend) zunächst definiert sein, was unter der
Begrifflichkeit von Religion zu verstehen ist.
Eher ungern beziehe ich mich auf Wikipedia-Einträge (machen diese uns
zwar das Leben leicht: sprich mühseliges – aber dennoch genussvolles-
Blättern in Lexika herkömmlichen Zuschnitts entfällt, jedoch damit
ebenso die Chance, per eigenem Denken, elementare Zusammenhänge zu
entwickeln).
Nun also doch aus Wikipedia:
„Geertz [...] behandelte nicht die Frage, was das Wesen oder die
Substanz von Religion sei (im Sinne eines substantiellen
Religionsbegriffs), sondern was ihre Funktion für das Individuum und die
Gesellschaft ist. Für ihn war Religion ein notwendiges Kulturmuster.
Geertz sah in der in Religion ein Sinn- und Orientierungssystem und
letztlich eine Konfliktlösungsstrategie, weil Religionen eine allgemeine
Seinsordnung und ein Ordnungsmuster zur Verfügung stellen und durch sie
kein Ereignis unerklärlich bleibt.“
So gesehen, muss Religion nicht notwendigerweise als „verblödend“
verurteilt werden , sondern sie kann durchaus als ein kulturell
wertvolles Regulativ Geltung haben.
Bester Gruß! - Karl