Am 30.10.2023 um 22:24 schrieb Joseph Hipp über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 29.10.23 um 02:08 schrieb Karl Janssen über PhilWeb einiges, an dem ich wahrscheinlich
vorbei rede:
Ich hoffte, Karl, von dir einige Zeilen zu lesen, in denen darauf hin deuten, dass eine
Schöpfung, also eine Herstellung von fast allem stattgefunden hat, von einer Instanz, die
schon vor dem Geschaffenen vorhanden war.
Wie gesagt, Joseph, ist die christliche Schöpfungserzählung (keinesfalls angelehnt an die
absonderlichen Vorstellungen von Kreationisten) für mich als Katholik pure Metaphorik,
aber deshalb – geradewegs als solche – ebenso gültig, wie mittlerweile durch
naturwissenschaftliche Erkenntnisse gesicherte Annahmen zur Entstehung von Universum und
Welt.
Wer beides kennt, sollte in der Lage sein, entsprechende Parallelen zu erkennen. „Ein Bild
sagt mehr als tausend Worte“ lautet ein sicher zutreffendes Sprichwort, schön und gut,
möchte man sagen; es gilt aber auch, dieses richtig zu interpretieren.
Bekanntermaßen fallen Auslegungen der Besucher von Gemälden einer Bildergalerie bisweilen
sehr unterschiedlich aus, wobei diese Differenzen auf subjektiv unterschiedlich angelegten
Erkennungs- und Bewertungskriterien beruhen. So geschieht das notwendigerweise auch mit
der Auslegung von Schöpfungserzählungen, was alleine schon durch deren spezifische Anlage
bedingt ist. Weltweit existieren die vielfältigsten dieser Art.
Von mir kannst Du nur lesen, dass ich mich längst von naiven Schöpfungsberichten gelöst
habe, ohne jedoch deren metaphorischen Charakter zu leugnen. Bildlich gesehen, gibt es
unzweifelhaft Parallelen, so etwa in der Schilderung:
„Im Anfang war das Wort, der Logos und der Logos war bei Gott, und von Gottes Wesen war
der Logos. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und öde, und
Finsternis lag auf der Urflut, und der Geist Gottes bewegte sich über dem Wasser. Da
sprach Gott: Es werde Licht! Und es wurde Licht.“ (Gen.)
Was steht dagegen, sich benannte „Urflut“ als masseloses, daher zeitlos thermodynamisches
Energiefeld im Gleichgewichtszustand als Strahlungsfeld vorzustellen. Keine Masse, d.h.
keine Zeit, also Ewigkeit. Es gibt also kein „davor“, bzw. ein „Vor dem Anfang“.
Zufall und Notwendigkeit als axiomatisches Prinzip. Alles Leben beginnt mit einem winzigen
Zufall. Demzufolge entwickelt sich aus der „Urflut“ ein primordiales Atom, ein Uratom, ein
Urknall. Nicht Wheelers „Urknall“ schlechthin, sondern ein Urknall von womöglich unendlich
vielen im Verlauf unzähliger von bisher entstandenen und künftig sich entwickelnden
Universen.
Wie gesagt, sympathisiere ich mit Penrose' Vorstellung zyklischer Universen (CCC). So
ist viel benannter Urknall nicht der Anfang eines absehbar thermodynamisch bedingten Endes
als einmalig kosmisches Geschehen, was für unser jetzt existierendes Universum bedeutet,
dass es sich solange ausdehnt, bis alle Masse zerfallen ist (Entropie) und zuletzt nur
noch Strahlung verbleibt, quasi ein Strahlungsfeld (benannte Urflut), aus dem sich per
Zufall ein neues Uratom bildet und daraus wiederum ein Universum entsteht. Die Idee zu
diesem grandiosem Wechselspiel mag göttlicher Natur sein!
Diese Vorstellung steht dem christlichen „Alpha – Omega“ fundamental entgegen. So leid es
mir als Christ tun sollte, sofern ich daran glauben müsste, als hinreichend „brav und
gläubig lebender Mensch“ posthum auf alle Ewigkeit in göttlichen Gefilden (genannt Himmel)
existieren zu dürfen. "Um Himmels willen", würden Christen fürchten, was
geschieht mit mir, mit meinem ICH. Meine Antwort darauf: Das ICH wird zum WIR. Was ist das
ICH, was das WIR? Individuelles, bzw. kollektives Informationsfeld? Ersteres die
individuelle Seele? Letzteres kosmisches Intelligenzfeld? Beide interagierend durch
Resonanz, resp. Interferenz nach strikten Regeln.
Damit, Joseph, zeigt sich, dass Deine Frage nicht beantwortet werden kann, zumindest nicht
nach menschlichem Ermessen.
Also kann definitiv mit dem hier beschriebenen Denkmodell keinesfalls die Frage des „woher
und wohin“, nach ultimativem Anfang (vor dem Anfang) und Ende von ALLEM (im Sinne einer
TOE) beantwortet sein. Es kann keine diesbezüglich abschließende Antwort geben! So bleibt
diese Frage auf alle irdische Zeit offen, ganz im Sinne des „ignoramus et ignorabimus“.
Dieses nicht wissen können, ist einziger Grund für „glauben“ müssen, was auch immer damit
verbunden ist und sein wird.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl