Am 23.12.2020 um 18:06 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
/Am 22.12.2020 um 23:07 schrieb Karl Janssen: „Wir hatten hier Buber
zitiert: „Der Mensch wird am DU zum ICH“. „//
//
//und das von ingo:
https://ludwig-feuerbach.de/Walther_Ludwig-Feuerbach-und-Martin-Buber.pdf //
//
//
//wh: „ und ich stehe nackt unter der sonne, und werde niemals verstehen
können, wieso man immer wieder auf dieses alte kauderwelsch und diesen
alten und teils zudem sehr verqueren unsinn rekurriert, //
//wo doch heute so unendlich viele neue erkenntnisse der hirnforschung,
neurologie, immunologie, psychoneurommunologie usw vorliegen, die diesem
alten, durchaus einst ehrenwerten, praktisch komplett (oder zumindest in
größten teilen) widersprechen //
//ist es denn wirklich sooo schwer, oder gar unmöglich, denn blick,
geladen mit heutigem wissen, nach vorn zu richten?, und die alten
"auctoritates" in die rubrik "abgelaufene geschichte" zu stellen, wo
sie hingehören? dauert es denn wirklich jahrhunderte bis neues wissen
enkulturiert ist als jedermann-wissen? wozu dient dann der ganze
fortschritt im wissen? //
//
//buber zb: //
//"... in Wahrheit nämlich steckt die Sprache nicht im Menschen, sondern
der Mensch steht in der Sprache und redet aus ihr ... " //
//(platonisch: "die sprache" als eine platonische "idee", und
"sprechen"
als teilhabe an dieser idee) //
//
//welch eine verquere erleuchtung das!, und ein sogar mehrfacher unsinn
in nur einem einzigen satz ! //
//
//der mensch wird auch nicht "am du" zum ich, sondern an den ektodermal
und bereits in der blastula angelegten funktionen: //
//quelle wiki: ...“/
In dem von Ingo per Link angebotenen Artikel:
„Ludwig Feuerbach und Martin Buber: ICH und DU! von Helmut Walther
(Nürnberg) findet sich die für mich sehr bedeutsame Stelle, in der
Feuerbach wie folgt zitiert wird:
/„Einsamkeit ist Endlichkeit und Beschränktheit, Gemeinschaftlichkeit
ist Freiheit und Unendlichkeit. Der Mensch für sich ist Mensch (im
gewöhnlichen Sinn);
der Mensch mit Mensch//
//– die Einheit von Ich und Du – ist Gott. “ (§ 62)//
//„Die wahre Dialektik ist kein Monolog des einsamen Denkers mit sich
selbst, sie ist ein Dialog zwischen Ich und Du.“ (§ 64)/
Nun Walter‘s diesbezügliche Auslegung:
/„Da wir wissen, dass Feuerbach keinen Gott kennt (Stichwort
Projektionstheorie) und alle Religionen auf das Wunschdenken des
Menschen zurückführt, müssen diese bedeutungsschwangeren Begriffe in
seinem Zusammenhang doch etwas anderes meinen als im hergebrachten Sinn.
[…] Im Kern bedeutet das zweierlei: Feuerbach hat den Essentialismus
seiner Frühzeit aufgegeben, in der er tatsächlich „Gott“ durch die
abstrakte „Menschheit“ meinte ersetzen zu können – vielmehr denkt er
„Menschheit“ nunmehr als die Verbindung real existierender Individuen,
und er will durch den Einsatz dieser Begriffe den in ihnen enthaltenen
existentiellen Gehalt für die Praxis der Menschen im Diesseits fruchtbar
machen. Das Wort „Gott“ aus der „Einheit von Ich und Du“ steht dabei
nicht für eine abstrakte Menschheit (wie Stirner meinte, Feuerbach
vorwerfen zu müssen), sondern meint die Tatsache, dass erst die
aufeinander bezogene und dialogische Tätigkeit aller Menschen das
gesamte Potenzial des Menschlichen in die Wirklichkeit einbringen kann.
Die „Religion“ bildete vormals das sinn- und gemeinschaftsstiftende
Band, deswegen überträgt Feuerbach dieses unverzichtbare „Wesen der
Religion“ in die Philosophie selbst.“ /
Nun noch einmal Feuerbach:
/„Die alte Philosophie hat eine doppelte Wahrheit – die Wahrheit für
sich selbst, die sich nicht um den Menschen bekümmerte – die Philosophie
–, und die Wahrheit für den Menschen – die Religion. Die neue
Philosophie dagegen, als die Philosophie des Menschen, ist auch
wesentlich die Philosophie für den Menschen – sie hat, unbeschadet der
Würde und Selbständigkeit der Theorie, ja, im innigsten Einklang mit
derselben, wesentlich eine praktische, und zwar im höchsten Sinne
praktische, Tendenz; sie tritt an die Stelle der Religion, sie hat das
Wesen der Religion in sich, sie ist in Wahrheit selbst Religion. “ (§ 66)//
//„Die Moral kann nicht aus dem bloßen Ich oder der bloßen Vernunft ohne
die Sinne, sie kann nur aus der Verbindung von Ich und Du, welches im
Gegensatze zu dem sich denkenden Ich nur durch die Sinne gegeben ist,
... abgeleitet und erklärt werden. Dieses andere, dieser
Bestimmungsgrund des Ichs zur Pflicht ist aber eben der
Glückseligkeitstrieb des Du.“ (GW 11, S. 75-76)/
Dem habe ich nichts hinzu zu fügen das ist für mich Philosophie!
Einerlei ob diese von „alten "auctoritates" in die rubrik "abgelaufene
geschichte" zu stellen“ sei.
Man sollte nicht glauben, wir neuzeitliche Menschen würden das Rad der
Erkenntnis gänzlich neu erfinden müssen, wir dürfen ruhig auf fundiertes
(philosophisches) Wissen der Vergangenheit zurückgreifen und ggf. darauf
aufbauen.
Für mich gilt auch hier der dem Paulus zugeschriebene Ratschlag: „Prüfet
alles, das Beste behaltet!“ und dabei sollte der Blick zurück auf große
„Geister“ früherer Epochen nicht verboten sein (Du, Waldemar, hast doch
selbst den Averroes als solchen hochgelobt!).
Vielleicht machst Du Dir die Mühe, aber auch die Freude, den von Ingo
verlinkten Artikel (danke dafür!) zu lesen.
Mit bestem Gruß an dich und in die Runde! - Karl