Am 20.03.2024 um 02:51 schrieb Claus Zimmermann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Eine Frage aus der Laienperspektive in die Runde: ich habe eine Idee, inwiefern es
plausibel sein könnte, von f=ma als "Setzung" auszugehen:
Alltagssprachlich beurteilen wir die Stärke eines Drucks oder Stosses nach dem Gewicht
(der Masse?) des Körpers, auf den er wirkt und der Beschleunigung, in die er ihn versetzt.
Je stärker der Stoss, desto schwerere Körper kann er beschleunigen und desto grösser die
Beschleunigung.
Beides zusammen ist in f= ma ausgedrückt. f ist proportional zu jedem der beiden Faktoren
und im Gegensatz zum Wort kann man damit rechnen.
Beide Setzungen sind aber nur in einer berechenbaren Welt praktisch anwendbar.
Nur mal so um zu zeigen, warum es besser ist, sich zu spezialisieren als überall
herumzustümpern.
Moin Claus,
wenn ich mich an meine Schul- und Lehrzeit erinnere, dann wurden Newtons Prinzipien
(Trägheit, Aktion, Reaktion) nicht im Kontext der Himmelsmechanik, sondern der Technik
eingeführt. Und es wurde auf die Kraftanstrengungen beim Sport oder der Arbeit angespielt.
Aber mit dem, was wir als Anstrengung empfinden, hat Newtons Himmelskraft wenig zu tun. Es
wurde auch nicht davon gesprochen, wie mit zeitabhängigem m zu rechnen sei, wie bei der
Raketengleichung beispielsweise. Ebenso wunderte sich niemand darüber, warum träge und
schwere Masse einfach gleichgesetzt werden konnten. Einstein fiel die Merkwürdigkeit früh
auf. Also besser ist die Setzung: F = dp / dt, wenn p = m v als Impuls definiert wird. In
der Himmelsmechanik wird ja einfach Trägheitskraft = Schwerkraft gesetzt: F = G, damit auf
ein Gravitationsgesetz geschlossen werden kann, das auch andere Sternsysteme zu berechnen
ermöglicht, zumindest in jeweiliger Näherung.
Solange einem das Herumstümpern bewusst ist und nicht dogmatisch oder besessen wird,
bleibt es harmlos und kann durch Bildung vermindert werden. Worte sind subjekt-, Zahlen
objektorientiert. Insofern sich Innen- und Außenwelt nahe kommen, können Buchstaben,
Wörter, Sätze, Geschichten parallelisiert werden mit Ziffern, Zahlen, Theoremen, Beweisen.
Aber wie weit sind die Welten fühl-, empfind, handhab- versprachlich- und berechenbar?
Kant hatte ja analog zum Naturgesetz im Menschen ein moralisches Gesetz angenommen. Unsere
Innenwelt bedarf der rechtlichen Disziplinierung, während die Außenwelt eine
Himmelsmechanik ermöglicht. Insofern lag es näher, dass sich ein berechenbares
Kraftverständnis an idealisierten Himmelsbewegungen und nicht an schweißtreibenden Sport-
oder Arbeitsverrichtungen orientierte. Die Trägheit spüren wir beim Bremsen oder Anfahren,
die Schwere beim (statischen) Druck. Da Newton Fechner voranging, ist unser
Kraftverständnis am Himmel und nicht am Menschen gebildet worden.
PS. Und wieder passieren wir mit der Tag-Nacht-Gleiche zum Frühlingsanfang einen
ausgezeichneten Ort auf der Erdumlaufbahn. Ein Hoch auf den Frühling!
IT