Am 01.09.23 um 00:54 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
Joseph, Du fragst, was eine Litanei ist und denkst
Dir, dass ich als
Katholik eine Antwort habe. Zudem fragst Du, was katholisch ist, und
ich sollte es Dir ebenso beantworten können. Jetzt ist es nicht so,
dass Du die Antwort nicht schon kennen würdest, sie findet sich in
Zeiten des Internet dort zuhauf und in den verschiedensten
Ausformulierungen. Du willst sie von mir hören, wie ich sie gebe,
speziell auf meine Art.
Wie schon erwähnt, hat Waldemar die Segel hier gestrichen, und die
üblich heftigen Diskurse zu diesem Thema scheinen der Vergangenheit
anzugehören.
So also zur Litanei. Im liturgischen Kontext ist zu sagen, dass sie
eine vom Judentum übernommene Gebetsform als Anrufung einer Gottheit
darstellt, letztlich aber ihren Ursprung in antiken Kulten hat.
Üblicherweise wird die Litanei in Form eines gemeinschaftlichen Gebets
vorgetragen, in dem es zumeist um spezielle Anliegen geht.
Danke, dann hätte ich das Wort nicht schreiben dürfen, denn es ging mir
um etwas anderes. Es gibt eben Wendungen, die in aller Munde sind, und
immer wieder vorkommen, mit denen der andere unbemerkt in eine Falle
gerät, und die Fortsetzung sagen soll. Wenn ich ein Reicher wäre, und
immer wieder die bekannte Wendung hören würde, müsste ich mich dann
schämen? Und wenn mir jemand die Frage stellt, wie katholisch ich bin,
und ich so oder so antworte, wird er es leicht haben, nachzufragen, ob
das denn genügt. Wozu, das ist dann völlig offen. Wenn ständig das Wort
Gott in Verbindung mit Schönem und Gutem gesagt wird, und ich es nicht
nutze, werde ich bald mit dem Unschönen und Üblen in Verbindung gedacht,
wenn ich nicht vorher Minderwertigkeitsgefühle bekomme, da mein
Empfangsgerät für das Ausserirdische vielleicht nicht empfindlich genug
ist.
Was ist katholisch, fragst Du also obendrein und
willst offensichtlich
von mir eine Antwort, obwohl diese in allgemein objektiv verfasster
Form z.B. in Wikipedia sehr trefflich gegeben ist.
So also mein Verständnis, meine Interpretation von Katholisch. Ich
gehe nicht vom Anspruch einer klerikalen Institution aus, dass die
katholische Kirche und damit die Katholizität an sich als „allein
seligmachende Kirche“, resp. Glaubensform anzusehen sei. Für mich
stellt die katholische (wie auch protestantische) Kirche eine
konfessionelle Gemeinschaft dar, in der Menschen eben in Gemeinsamkeit
ihren Glauben an einen Gottbekennen und - hoffentlich ausschließlich -
zu dessen Ehren (ad maiorem Dei gloriam) in entsprechend liturgischer
Form zum Ausdruck bringen.
Für mich spielt es keine Rolle, ob diese Art des Gottesdienstes nach
katholischem oder protestantischen Ritus erfolgt, wobei mir
ersterer insoweit näher liegt, als ich diesen wegen seiner
ausgeprägten Feierlichkeit (insbes. an Hochfesten wie Ostern) schätze.
Ich fühlte mich immer nur schlecht bei solchen Feierlichkeiten. So wie
ein psychisch Kranker, dem in der Anstalt gesagt wurde: heute ist
Weihnachten, und er antwortete: "Sch.. Jesus Christus." So undankbar
kann man sein. Seinen eigenen Schöpfer zu verunglimpfen, das ist wohl
nicht besonders protestantisch. Du hast mir den Tipp gegeben, jetzt
schreibe ich nicht mehr "nicht besonders katholisch".
Vom ursprünglichen Wortbegriff der Katholizität, wie
er sich als
Inbegriff der Universalität (Allumfassenheit) der katholischen Lehre
versteht, bin ich persönlich nicht geprägt, wie eben auch nicht vom
üblich anthropomorphen Gottesbild, wie dieses nach wie vor in der
benannten Glaubenswelt vorherrscht. Ich denke, dass die Kirchen zu
einer anderen Sprache in ihrer Verkündigung der Offenbarung eines
Gottes finden müssen. Obgleich niemals ein Wissen über Gott gegeben
sein wird, dieser also nur geglaubt werden kann, könnte man die
bislang nur über Metaphorik auszudrückende spirituelle Erfahrung (ggf.
Gotteserfahrung) in einem um naturwissenschaftliche Erkenntnisse
erweiterten Kontext darlegen.
Leger gefragt, „auf welcher Wolke“, in welcher Galaxie sollte ein Gott
residieren? Was will man künftig als „Himmel“ ansehen, was als
„Hölle“. Diese „Welten“ finden sich immer nur in habitablen
Lebensräumen, wie unsere Erde und davon wird es Myriaden weiterer in
den Universen geben.
Wollte man einen Gott annehmen und an ihn glauben, kann es nur eine
nichtkörperliche Wesenheit sein, die den gesamten Kosmos mit absoluter
Omnipräsenz durchdringt, immer schon und auf alle Zeiten existent.
„God is a feeling“, sagte ein amerikanischer Philosoph und ich würde
sagen: „God is a field“. Ein Energiefeld, mit dem man in Resonanz
treten kann, sofern man sich auf diese „Wellenlänge“ einstellt.
Christen nennen das Gebet oder eben Litanei.
Gut und schön die vielen Umschreibungen. Die letzten Tage kam ich auf
den Gedanken, zu fragen, wie es denn mit dem Schöpfungsbericht ist, und
suchte und las, ich weiß jetzt nicht mehr so genau warum. Ich dachte,
dass ein Mensch, der noch keine subatomaren Entitäten kennt, sich einen
Schöpfungsbericht ausdenken konnte, dazu brauchte es eigentlich keines
Gottes. Wie würde denn ein moderner Mensch wie du, mit hohen
Programmierkenntnissen, und Kenntnissen von Energiefeldern, sich den
Schöpfungsvorgang vorstellen? Am ersten, zweiten, ...Tag. Derzeit musste
Gott noch mit einem Knochen hantieren, so wie es viel später
Frankenstein versuchte, der nur ein kleiner Nachahmer sein konnte.
Vielleicht stellst du dir vor, dass ein moderner Gott weniger Tage oder
mehr, für die moderne Version der Schöpfung brauchte. Denn ein einfacher
Urknall ist wohl keine Schöpfung. Ich kann nämlich nicht von einer
kindischen Schöpfungsversion abkommen, wenn mir keine neue und bessere
Version zur Kenntnis gegeben wird. Es gab schon viele, die einen
besseren Menschen fabrizieren wollten. Was geht denn im Kopf von
jemandem vor, der Leben mitsamt einem Lebensraum für dieses Leben
erfinden will. Und was würde er sagen, wenn er ein Durcheinander
vorfinden würde, viele Jahre nach seiner Schöpfung. Könnte er dann nicht
denken, er oder der Gedachte hätte viele Fehler getan? Warum hat er
nicht bei den Pflanzen aufgehört? Warum wollte er unbedingt noch sein
Ebenbild herstellen? Je mehr ich an das denke, was mit dem Wort
Schöpfung gedacht werden soll, um so mehr Probleme habe ich damit. Bin
ich jetzt unprotestantisch?
Einen anderen Konflikt habe ich, den ich mir bei dir nur massiv
vorhanden vorstellen kann. Denn einerseits scheinst du mir eine Art
Pantheist zu sein, der von da her mit dem Denken von Schöpfungstheorien
in Konflikt kommen würde. Wie bewältigst du diese Spannung?
JH