Am 18. März 2024 11:11:06 MEZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb"
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
>Einfacher macht es sich, wer schreibt: „Die
Steine fallen, weil sie fallen.“ Claus hat damit ja gerade auf Uli Gneiting verwiesen, den
ich nur noch dunkel als Anti-Realisten erinnere, das Zitat aber einstmals in den
Aufzeichnungen Exupery’s gelesen hatte:
>"Das Paradox, das ich zunächst den
Dummköpfen entgegenhalte, ist zweifellos amüsant. Wißt ihr, weshalb ein Stein fällt?
>Ja, weil er von der Erde angezogen wird.
>Was heißt Anziehung?
>Nach etwas streben, auf etwas gerichtet sein.
>Wie nennt man: ”auf etwas gerichtet sein“,
>wenn es sich um die absteigende Senkrechte handelt? Fallen.
>Ein Stein fällt also, weil er fällt.
>Sind sie nun mit sich zufrieden?“
>Wie er das wohl gemeint haben haben mag?
Ironisch? Satirisch? Jedenfalls wird eine empirische Frage in ein Sprachproblem
verwandelt, das dann paradox erscheint. Erst wird die Frage nach dem Weshalb in ein
"Was heißt" umformuliert und sich dann amüsiert, wenn bloß eine Tautologie
herauskommt. Weshalb sich die Dinge anziehen, wird außerhalb der Umgangssprache
beantwortet, und zwar mittels mathematischer und experimenteller Beweisführung. Das
Geheimnis der Materialität der Dinge beruht auf dem Austausch von Gravitonen. Alle Dinge
sind letztlich Energiegestalten, die über Gravitonen miteinander wechselwirken. Es ist die
Energie, die in allem wirkt und alles schafft. Oder sind es vielleicht die Ure? Und schon
sind wir uns nicht mehr einig …
>IT
"Der Stein fällt wegen der Erdanziehung."
Wss bedeutet "Erdanziehung"?
Dass er nicht in der Luft hängt oder von der Erde abgestossen wird, sondern fällt.
Jetzt müssen wir diese Erklärung nur noch in die erste Aussage einsetzen und erhalten: Er
fällt, weil er fällt.
Der Stein kann fallen, weil der Zement zerbröckelt ist oder jemand, der ihn in der Hand
hielt, ihn losgelassen hat. "Der Stein fällt" bedeutet nicht "Der Zement
ist zerbröckelt" oder "A hat ihn losgelassen". Es handelt sich um Umstände,
die nicht gleichbedeutend mit dem Begriff des Fallens sind, die gegeben sein können oder
nicht und die Frage nach ihnen ist also eine empirische.
Jetzt hatte ich mich gerade damit angefreundet, dass die Zurückführung des Fallens auf die
Gravitation als "Ursache" nicht die Überführung eines unsichtbaren Täters,
sondern eine rein deduktive Ableitung ist, was nicht meiner Verwendung des Worts Ursache
entspricht. Man kann von der Bewegungsänderung deduktiv auf die Kraft schliessen und sie
auch als Ursache bezeichnen, unter der Voraussetzung, eine Ursache nicht als von der
Wirkung unterscheidbare Gegebenheit aufzufassen, die mit ihr zusammenhängen kann oder
nicht wie offenbar noch in der aristotelischen Physik.
Wünsche weiter Waidmannsheil bei der Suche nach unsichtbaren Tätern, Energieen und Uren.
Claus
>> Am 18.03.2024 um 01:41 schrieb Karl Janssen über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
>>
>>> Am 17.03.2024 um 08:08 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
>>>
>>> die Volkshochschule könnte nicht schaden — es reicht aber ein Blick in die
Physikgeschichte, besagt doch das von GALILEO GALILEI (1564-1642) gefundene
Trägheitsgesetz: „Ein Körper bleibt in Ruhe oder in gleichförmiger geradliniger Bewegung,
solange die Summe der auf ihn wirkenden Kräfte null ist.“ Dem entspricht ja Newton’s
Kraftdefinition: F = m a. Ist a = 0 folgt F = 0. Bei Aristoteles war die Ortsbewegung noch
ein physischer Vorgang, seit Galilei ist sie ein idealer Zustand, der natürlich nirgendwo
exakt vorliegt, aber die NM beflügelte. Vgl. dazu meine Mail an Klaus: In der Schule mag
die NM ein Problem sein, in der Uni ist es nach wie vor die QM.
>>
>> Um nochmal zu verdeutlichen, was ich mit meinem Beispiel von den seilziehenden
Schülergruppen, bezogen auf Newtons erstes Bewegungsgesetz im Kontext des von Dir in
diesem Zusammenhang explizit angeführten physikalischen Prinzips actio=reactio, ausdrücken
wollte:
>>
>> Bei dieser Annahme eines Kräftegleichgewichts gibt Newtons Trägheitsgesetz an,
dass die Beschleunigung eines Objekts 0 m/s beträgt, wenn die Kräfte, die auf dieses
Objekt (im Beispiel das Seil) wirken, ausgeglichen sind.
>>
>> Wird also das Seil als Objekt dieses Kräftesystems nicht bewegt, sind alle darauf
einwirkenden Kräfte im Gleichgewicht, sind aber nach wie vor vorhanden (wie sollte sonst
ein Gleichgewicht hergestellt sein?), heben sich jedoch in ihrer Wirkung gegeneinander
auf.
>>
>> Etwas anderes habe ich doch nicht geschrieben, allenfalls anders formuliert:
>>
>> Wenn von beiden gegeneinander stehenden Gruppen eine exakt gleich große Kraft auf
das Seil ausgeübt wird, kommt es zum Bewegungsstillstand dieses Kräftesystems: F_links =
F_rechts => Kräftegleichgewicht und die resultierenden! Kräfte sind Null, das bedeutet
aber nicht, dass keine Kräfte mehr vorhanden sind, sondern diese sich in Summe zu Null
resultierend entgegen stehen.
>>
>> Der Bewegungszustand des Seiles ändert sich also nicht deshalb, weil keine Kraft
wirken würden, sondern weil diese sich in ihrer Wirkung aufheben.
>>
>> Mein Beispiel bezieht sich somit also (gemäß actio=reactio) auf ein Kräftesystem
im Gleichgewicht F1=F2 resp. (ma)1=(ma)2.
>>
>> Nimmt man hingegen Dein Beispiel einer einzelnen Kraft, die auf ein Objekt
bewegend wirkt, gilt natürlich F=ma. Wirkt keine Beschleunigung auf (1/m), ist nichts mehr
mit Kraft F.
>>
>> Wem erzähle ich das? Hier sind wir doch einig, wie selten! Oder bleibt mir
tatsächlich nur noch ein Auffrischungskurs in Physik an der Volkshochschule.
>>
>> Apropos diese: Gelegentlich hatte ich als Gastdozent an TU/FH aber auch an
Volkshochschulen Vorträge (nicht zu Physik als solche) gehalten. Und tatsächlich: bei
letzteren fand ich bisweilen mehr lebhaftes Interesse für das jeweilige Thema, als bei den
Studis.
>>
>> Also stimmt‘s: Volkshochschule kann nicht schaden! Vermutlich auch deshalb, weil
Kursteilnehmende aus ihrer Lebenserfahrung wissen, dass Lernen um des Wissens willen im
deutlichen Unterschied zum Lernen um des Begreifens willen steht, dieses setzt aber
Lebenserfahrung voraus. Etwas wissen bedeutet längst nicht, etwas damit auch begriffen zu
haben.
>>
>> Dennoch wäre es interessant von Waldemar zu erfahren, welche Bewegung an
„Hammelkörnchen“ dann noch bei a=0 im oben benannten Gleichgewichtssystem stattfinden
könnte und schon sind wir beim Sprung von NM zur QM.
>>