Am 6. März 2024 11:00:40 MEZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb"
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 05.03.2024 um 18:36 schrieb Claus Zimmermann
über PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Auf 1 Satz eingedampft: Das fehlende "immer" wird beim Schluss vom Besonderen
aufs Allgemeine (wenn auch nur innerhalb eines begrenzten Geltungs- und
Genauigkeitsbereichs) doch durch das meist unbewusste Vertrauen auf die Konstanz der
Naturzusammenhänge ersetzt.
Moin Claus,
der wohl produktivste und kreativste Physiker Einstein setzte auf Intuition und Deduktion.
Das Allgemeine ist zu erahnen, um daraus auf das Besondere schließen zu können. Es ist die
hinreichend invariante Theorie, die das bewusste Vertrauen auf Konstanzbereiche im Wandel
der Natur befördert. Die Sätze der Thermodynamik kommen bis auf Abgeschlossenheit und
statistischer Unschärfe Allsätzen bloß nahe. Vom „Besonderen aufs Allgemeine“ kann
grundsätzlich nicht geschlossen werden.
Dass man zu einer Theorie nicht nur durch Verallgemeinerung, sondern auch durch Intuition
kommt, kann ja sein. Aber bei den Beobachtungen, die die Ausgangspunkte der Theorien sind
- z.B. das Michelson-Morley-Experiment oder das Doppelspaltexperiment - geht man doch nach
eingehender Prüfung ganz induktiv davon aus, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. So
wie es ja auch der Lebenspraxis entspricht und entsprechen muss.
Der Schluss vom Besonderen aufs Allgemeine und dann vom Rauch aufs Feuer und umgekehrt ist
zwar nicht zwingend (das ist wohl der Punkt, um den es Hume ging), aber unverzichtbar,
wenn man sich im Alltag zurechtfinden will, von der Lösung von Kriminalfällen ganz zu
schweigen. Durch deduktive Schlüsse erfährt man ja nichts über seine eigenen
Voraussetzungen hinaus.
Claus
Anstatt nach Konstanten im Wandel zu fahnden, kann auch der konstante Wandel ausformuliert
werden, wie es bspw. Bohm in "Wholeness and Implicate Order“ mit seinem
„Holomovement“ versucht hat. Da er das für undefinierbar und unermesslich hält, hat er
sich um eine erweiterte Algebra bemüht, die mit undefinierten Symbolen auskommt und nur
die Transformationen zwischen ihnen hinsichtlich der Strukturbildungen verfolgt. Das
erinnert mich natürlich an Whitehead’s "Treatise on Universal Algebra“ von 1898.
Bohm’s Mitstreiter Hiley hat 2012 versucht, den Wandel der Natur aus einer unorthodoxen
Sicht auf die Quantentheorie zu präzisieren: "Process, Distinction, Groupoids and
Clifford Algebras: an Alternative View of the Quantum Formalism.“ Und Stapp hat in MIND,
MATTER AND QUANTUM MECHANICS die Gedanken ins Zahlenuniversum verlegt, um sie auf
Nervenerregungen beziehen zu können: "Let the thoughts be numbered and let thought
number n and its associated pattern of neural excitation be labeled by T(n).“
Da Du Dich mehr für Kunst als Physik interessierst und Du noch nicht das "Holistic
Science Journal“ kennen solltest, hier der Link zur "Dynamic Wholeness":
https://holisticsciencejournal.co.uk/dynamic_wholeness.html
<https://holisticsciencejournal.co.uk/dynamic_wholeness.html>
Es sind jedenfalls die Ahnungen der Menschen, die die Physik beflügeln, aber erst ihre
Mathematisierungen in Theorien lassen das Folgern von Hypothesen zu, die konkret genug
sind, um experimentell umgesetzt werden zu können, wie bspw. beim Higgs-Boson und den
Gravitationswellen. Ob einmal aus dem mathematisierten „Holomovement“ neue interessante
Hypothesen folgen werden, bleibt abzuwarten.
IT