Am 28.04.2021 um 01:32 schrieb Joseph Hipp via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Davon verstehe ich nicht viel. Wenn Rechnen mit Zahlen ein Spielen wäre, dann wären viele
Computer dabei, zu spielen. Also gibt es zusätzlich zum "Spielen mit" etwas
anderes. Spielen hat zu viele Bedeutungen, in der Begriffssprache gesagt, so dass es
schwer ist, die Sätze und Fragen mitzumachen. Ich habe das Wort "verstehen" hier
nicht benutzt. Mitmachen ist weder Konkurrenz noch Kooperation. "in einem
Kontext" kann ich leider auch nicht so recht gebrauchen, mit "sind stets ... zu
sehen" denke ich ein Sollen, das ich in Frage stellen darf. Schubladen (in einem
Kontext) können erlaubt sein, die Einordnung in sie kann geprüft werden. Und Spiele folgen
Regeln, wenn sie festgelegt wurden, vorher noch nicht. Also passe ich.
Hi JH,
Menschen können auch mit Computern spielen oder sie spielen lassen. Mich hatte das
genannte Buch von Eigen/Winkler in den 1970er Jahren begeistert, da es ein
Interpretationsschema nicht nur für den Alltag, sondern auch für Kunst und Wissenschaft
abgibt. Alle in dem Buch beschriebenen Kugelspiele hatte ich damals programmiert und
lernte so spielerisch Mathe und Physik, Informatik und Biologie. Und als Brettspiel mit
Würfeln können schon Kinder bspw. den Entropiesatz spielerisch verstehen. Und die Numerik
zur Lösung partieller Differentialgleichungen lässt sich ebenfalls auf ein Spielbrett
übertragen, denn Cellularautomaten sind ja bekanntlich zur Turingmaschine äquivalent. Auf
das Herumgerede darüber kommt es nicht an, sondern auf das Tun mit Brett, Kugeln und
Würfeln, auf das Formalisieren der Regeln, das Programmieren der Algorithmen und das
Implementieren und Simiulieren auf dem Computer. Mit statistischen Kugelspielen können
sich bereits Kinder weitreichend Thermodynamik und statistische Physik erschließen.
Für mich wäre es hilfreich, wenn du das was die von
dir Zitierten zwei (Havemann, Eigen) zu "Spiel" schrieben, diskutieren,
koordinieren, kritisieren würdest. Eventuell könntest du zusätzliches dazu bringen und
anderes wegnehmen. Hiermit deute ich eine Art Konstruktionsspiel an, ist das in deinem
Sinn? Ich bin hier immer wieder beim Problem, das Sokrates mit Phaidros hatte, und die
Rede des Lysias diskutieren "musste". Lysias sagte nicht zu Sokrates: Geh mal
den Lysias lesen, such ihn, kauf dir seine Bücher, gib den Verwertungsgesellschaften dein
Geld, geh zurück in die Schule, in Bibliotheken, spiel dann Aschenputtel in seinem
legendären Text, komme alsdann zurück, wenn du gefunden hast, was ich meine. So war es
nicht: Phaidros hatte die Rede mitgebracht, und sie wurde Stück für Stück durchgegangen,
durchgespielt. Darauf hin wies Sokrates auf das Problem des Geschriebenen hin, und es wird
immer noch gesagt, er hätte etwas gegen Geschriebenes gehabt, weil er selbst nichts
schrieb. War das beides wirklich so? Wenn Lysias den Text nicht mitgebracht hätte, was
dann? Hätte Sokrates nicht von Anfang an sagen können: Sag alles selber, oder er hätte
sagen können: Schmeiß die Rede des Lysias weg, und dann reden wir.
Wie gesagt, Spiele sind zu spielen, darüber bloß zu reden langweilt (nicht nur) mich. Auf
das Tun kommt es an. Dass Sokrates Dich beeindruckt, wundert mich nicht, denn der Mann hat
auch nur rumgeredet und dabei sogar sein Leben verloren. Was für ein Schwachsinn!? Dass er
nichts weiß, hätte er vor dem ganzen Gerede wissen können. Viel mehr als Sokrates
beeindruckt mich Thales; denn dem ging es nicht um Gerede, sondern um Erkenntnis und
deshalb wusste er auch so einiges über Mathematik, Astronomie und Ökonomie.
So wie Sokrates es schon machte, kann man jedes Gespräch ad absurdum führen und deshalb
habe ich die Umgangssprache über den Lebensalltag hinaus nie ernst genommen. Geradezu
lächerlich fand ich es bspw. bei Hegel folgende Denkfigur zu lesen: „Das Jetzt ist der
Tag. Das Jetzt ist die Nacht. Nun kann aber das Jetzt nicht zugleich Tag und Nacht sein.
Also gibt es kein Jetzt.“ Hegels "Phänomenologie des Geistes“ ist voll davon. Dieser
Wörterfetischisms ist eher eine Wahnform denn Philosophie. Verdinglichend dialektisches
Gerede kann man häufig einfach als Widerspruchsbeweisverfahren formulieren, aber wozu dann
das aufgeblasene Gerede darüber?
Wieso Thomas sich noch auf Hegel bezieht, Waldemar uns unverbesserlich mit zumeist bloßem
Gerede zutextet und Du Dich im Spielen mit Wörtern ergehst, deren Ersetzungen,
Kombinationen und Permutationen besser den Computern überlassen werden könnten, ist mir
unverständlich. "Das schönste Erlebnis ist die Begegnung mit dem Geheimnisvollen“,
merkte Einstein einmal an - und so ist es auch für mich. Geheimnisvollem begegnet man aber
nicht in der Umgangssprache, sondern in Mathematik und Natur.
IT