Am 26.02.2024 um 18:27 schrieb Ingo Tessmann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Hi IM,
Du hattest die Polemik immerhin als „ein treffend formuliertes Gedicht“ eingeführt. Und
dass auch die „DeCarbonisierung ihre Schattenseiten“ hat, ist nicht das Problem, sind doch
ihre Schattenseiten im Vergleich mit der beginnenden Katastrophe vertretbar.
Ich hatte die Millionen PKWs bemängelt und Du bemängelst die Windräder. Vergleich doch
mal die Umweltfolgen der Windräder mit denen des Autowahns (Flächenverbrauch, Luft-,
Boden-, Wasserverschmutzung, Todesfälle und Verletzungen, Folgekosten …). Dabei geht es
nicht darum Verbrenner- durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen, sondern den Autowahn
grundsätzlich zu beenden.
Wie ich schon mal hier meine Vermutung vorgebracht habe, lebst Du, Ingo, in der Stadt und
somit kannst Du all Deine Besorgungen, Deine kulturellen Interessen etc. ohne eigenes
Kraftfahrzeug zu Wege bringen. Daher ist es ein Leichtes, jedoch reichlich egoistisches
Unterfangen, Deinen Zeitgenossen Autowahn zu unterstellen, vornehmlich jenen, die eben
nicht die diesbezüglichen Vorteile einer Stadtwohnung haben.
Für mein Teil wollte ich nicht mehr in München wohnen, so wie viele nicht, die zu einer
Zeit diese Großstadt verlassen haben. Und das hat natürlich mit Autos zu tun. Straßen, in
denen ich als Bub mit dem Radl oder zu Fuß die Stadt durchquerte, sind heute diesbezüglich
unpassierbar geworden (es sei denn, man ist lebensmüde).
Vor zwanzig Jahren schon hatte ich eine „Autophobie“ und wenn ich heute – sehr selten –
doch mal in die (oder durch die) Stadt mit dem Auto fahren muss, überkommt mich diese
Phobie erneut. So kann ich Deine vehemente Abneigung durchaus verstehen. Zum Trost sei Dir
doch auch bewusst, dass Stadtplaner mittlerweile einiges tun, um vornehmlich den
Stadtinnenraum autofrei zu gestalten und zu bekommen.
In München allerdings, ist man jüngst dabei etwas zu weit gegangen, was zu heftigen
Bürgerprotesten geführt hat; Das waren aber keine Auswärtigen, sondern die Anwohner
selbst.
Über alles gesehen, bleibt derzeit nichts anderes über, als urbane Bereiche Stück um
Stück, Schritt um Schritt vom Kfz-gestützten Individualverkehr zu befreien und damit auch
die Ein- bzw. Anwohner der Städte von dieser Plage, sprich Lärm, Abgase, Feinstaub etc. zu
befreien. Eine sofortige Wende vom „Autowahn“ zum „Ökowahn“ wird nur jenen möglich sein,
die – wie offenbar Du – kein Auto benötigen. Für alle anderen (i.w. die in Außenbezirken
wohnenden) Stadtbewohner erhebt sich die ggf. bange Frage, ob man ihnen per Diktat die
Autos verbieten kann (wie schon mit alten Dieselfahrzeugen geschehen). Die Grün-Partei
wird ohne Rücksicht auf Verluste dafür kämpfen und würde es mit parlamentarischer Mehrheit
auch durchsetzen, sowie selbstredend die Anreiner von Stadtstraßen dies zutiefst begrüßen
würden, da sie sich tagtäglich den Folgen des „Autowahns“ ausgesetzt sehen. Dabei wäre es
- wie so oft - zwiespältig, wenn privilegierte Anwohner ihr eigenes Auto in der Tiefgarage
„versteckt“ haben, um es bei Bedarf dann doch nutzen, den Mitbewohnern zur Last.
Dein Anliegen, Ingo, ist also mehr als berechtigt vorgebracht, nur ist dessen
augenblickliche Umsetzung schlichtweg realitätsfern. Fern sollte es nicht mehr sein,
urbane Bereiche noch viel besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu versorgen, als das
heute der Fall ist. Da ist vor allem Technik (sic!) gefragt: Keiner will sich gerne in
überfüllten Straßen-/U-Bahnen und Bussen durch die Stadt schaukeln lassen. Da braucht es
intelligente Zugfolgeplanung (demnächst mit KI ausgeführt), höhere Taktraten, gesichterte
Wartezonen insbes. für Frauen und Mädchen, man braucht Bahnhöfe, wo nicht in jeder Ecke
Obdachlose ihr Nachtlager aufgeschlagen haben, (ein soziales Brennpunktthema schlechthin,
zumindest haben diese Ärmsten, Abgehängten der Gesellschaft - selbstverschuldet oder nicht
– keine Chance, dem Autowahn verfallen zu sein) oder ein Drogendealer penetrant Cannabis
feilbietet. Welche Großtat die Legalisierung dieser Einstiegsdroge - durch die
Grün-Partei gefordert und forciert - doch war!
Ich kenne viele (insbes. Frauen), die alleine schon wegen dieser Umstände lieber mit dem
Auto in die Stadt fahren, selbst wenn sie zigmal um „den Pudding“ fahren müssen, um
endlich eine Parklücke zu finden.
Also: Alles leicht gesagt und gefordert – die Realität des alltäglichen „Autowahns“ ist
allgegenwärtig und diesen sogleich abstellen zu wollen, bzw. dieses einzufordern,
entspricht somit beträchtlicher Realitätsferne oder eben einem irrealen Ökowahn. Damit
sei keinesfalls gesagt, dass es nicht längst und dringlich an der Zeit ist, diese Realität
mit einer anderen zu tauschen, nämlich die Voraussetzungen für bewohnbare! Städte und
Ortschaften und damit den entsprechenden Umbruch zur Schaffung menschen- und
umweltfreundlicher urbaner Räume.
Bester Gruß! - Karl
PS: Vielleicht noch hierzu.
ich persönlich
fand Windkraft, Solarenergie, Erdwärme,
Wasserkraftwerke (Gezeitenkraftwerke z.B.) schon immer
faszinierend, allerdings wird derzeit diese gesamte
Neuorientierung unter mE falschen Voraussetzungen (Zeitplan,
Ressourcen Forschungsstand und Machbarkeit/Wirtschaftlichkeit durchgepeitscht.
Weil es längst zu spät ist und als Akt der Verzweiflung anzusehen ist. Als 1972 die
„Grenzen des Wachstums“ erschien mit den Aussichten für das Ende dieses Jahrhunderts hätte
das Desaster noch aufgehalten werden können.
Es ist nie zu spät, Irrtümer zu erkennen und abzustellen. Nur wenn letzteres dauerhaft
nicht geschieht, wird dieses Verhalten (in benanntem Fall) zur Umweltsünde. Schließlich
geht es nicht nur um derzeit Erwachsene, sondern insbesondere um unsere Kinder, ggf.
Enkel. Der Mensch hat letztlich den Willen und die Kraft, sich aus nahezu allen Unbilden
zu befreien. Selbst Straßenklebern ist mittlerweile bewusst (gemacht) worden, dass ein
Aufzeigen von Dilemmata alleine nicht hinreicht, sondern nur die aktive Tat hin zur
Veränderung, hin zum Besseren. Damit ist es Aufgabe und Pflicht jedes einzelnen Menschen,
wobei das Problem der allgemeinen Ignoranz bislang und auch künftig solchem Unterfangen
entgegen wirkt.
ändern kann ich daran sowiso nichts, was ich tun
kann, ist
lediglich mir eine eigene Meinung aus sehr vielen verschiedenen
Quellen zu bilden.
das wird den Lauf der Dinge naturgemäß selbstredend nicht
verändern. ist mir aber mittlerweile auch eher "diewerdensnie
lernen" mäßig egal.
Es kommt nicht auf die Verschiedenheit von Quellen an, sondern darauf, ob sie stimmen.
Mit Polemiken wird zumeist nur Unsinn verbreitet.
Wo Du, Ingo T., Dich gelegentlich der Polemik bedienst, kann ich also künftig Unsinn
vermuten und vice versa ? Das vereinfacht unseren Dialog um einiges :-)))