Am 17.06.2021 um 21:34 schrieb waldemar_hammel:
Am 17.06.2021 um 17:14 schrieb Karl Janssen:
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Am 17.06.2021 um 15:01 schrieb waldemar_hammel <wwr.hammel(a)gmail.com
<mailto:wwr.hammel@gmail.com>>:
lieber karl,
ich habe mich für nietzsches aufschreibarbeiten nie interessiert,
zumal er eher eine ansammlung von "aphorismen" produzierte,
weil n. für mich in der schublade der im versuch von selbsttherapien
"schreibenden geisteskranken" liegt, (wie eben auch fr weil),
Man merkt in der Tat sogleich, dass Du demnach nichts von Nietzsche
(in die Tiefe gehend) gelesen hast! Wie kommst Du dann dazu, in
dieser Art über ihn zu urteilen!?
ich habe einen grundsatz aus reinem selbstschutz, indem ich seit
meinem ausscheiden aus der psychiatrie/forensik ganz konsequent nicht
mehr mit diesen krankheiten
und betroffenen befasst sein möchte = ist für mich psychohygiene, denn
ich habe die höllen im menschen miterlebt und fast täglich
mitdurchlebt - und deshalb muss ich auch
nietzsche u.a. meiden =
ich will mit solchen personen nichts mehr zu tun haben = allergie !
Das ist für die von Dir hier beschriebenen, extremen Ausprägungen von
Psychopathie ja nun durchaus verständlich, doch mit diesen (für
medizinische Laien geradezu ungeheuerlich anmutenden) Krankheitsbildern
kann man Nietzsche und Simone Weil keineswegs in Verbindung bringen.
Insoweit und wie ich aus vielen Deiner Beiträge bzw. Einlassungen hier
(insbes. dieser jüngste) schließe, verfügst Du über eine hinreichend
ausgeprägte psychische Stabilität, um bei derartigen Erörterungen
zwischen den sehr unterschiedlichen Ausformungen psychischer Störungen
resp. Krankheiten zu differenzieren.
Daher gehe ich nochmal auf Nietzsche ein, da Du ihn schlichtweg
unsachgemäß und nahezu diskriminierend abqualifiziert hast
(„Geschreibsel“ eines in Selbsttheraphie schreibenden Geisteskranken usf.).
Zudem stellst Du Dich damit gegen eine weltweit etablierte Sicht auf
diesen im wahrsten Wortsinne außergewöhnlichen Menschen, die sehr wohl
dessen ebenso außerordentlich herausragendes Werk zu würdigen weiß!
Sein Denken und Schaffen kann man nicht eindeutig einer Rubrik zuweisen
und das mag die Zuordnung seines zumeist unstrukturiert in Aphorismen
verfassten Schriftguts erschweren; hinter diesem oftmals auch
pastoral-biblisch erscheinenden Schreibstil (vornehmlich im Zarathustra
zu erkennen) verbirgt sich die herausragende Brillanz seiner
spezifischen Ausdrucksweise, gleichermaßen literarisch kunstvoll wie
psychologisch und doch insgesamt philosophisch angelegt.
Nietzsche repräsentierte nicht die klassische Philosophie (wenngleich er
der griechischen Mythologie näher stand als westlichen Denkschulen),
vielmehr war er - weit darüber hinausgehend - eben nicht nur Philosoph,
sondern vornehmlich literarischer Autor mit ausgeprägt aphoristischem
Denkstil und einem ihn unverkennbar charakterisierenden Duktus:
gleichermaßen poetisch wie eben auch scharf (polemisch, bisweilen
bösartig) und zumeist kritisch auf ein betrachtetes Thema zugespitzt.
Damit wurde sein „Schriftgut“ vorzugsweise auch zur „Quelle“ von
zahllosen Zitaten in der weltweiten „Populärkultur“, wobei diese zumeist
(aus ihrem Kontext genommen) falsch verstanden und dementsprechend
interpretiert wurden und werden.
Ich brauche und sollte nun nicht weiter auf Nietzsches Vita, oder sein
Persönlichkeitsprofil eingehen, da hierzu unzählige Literatur verfügbar
ist.
Lediglich möchte ich einige Hintergründe darlegen, die m.E. den sehr
spezifischen Entwicklungsprozess dieses außergewöhnlichen Denkers
verständlich machen und damit gegen eine beschränkt undifferenzierte, in
„Bausch und Bogen“ erfolgte Herabwürdigung Stellung nehmen:
Dass Nietzsche unbezweifelbar von Kindheit an ein „Besonderer“, also ein
Sonderling, zunehmend mit deutlichen Anzeichen von Soziopathie, dem
Wahnsinn nahe und diesem zuletzt verfallen war, rechtfertigt dennoch
nicht, ihn samt und sonders in der von Dir, Waldemar, betriebenen
Weise zu deklassieren.
In gewisser Hinsicht sehe ich Parallelen zu Deiner Entwicklung und
dementsprechendem Ausdruck, natürlich nicht auf Nietzsches Verfall in
den Wahnsinn bezogen, sondern auf seine radikal ausgeprägte Ablehnung
gegen systemisch angelegte Strukturen, vornehmlich der des Christentums
wie aber auch seine schonungslose Sicht auf den Menschen, nicht zuletzt
aber auch auf Nietzsches eklatante Widersprüchlichkeit, die meines
Erachtens (wie auch bezüglich Simone Weil) der mentalen Zerrissenheit,
eben einer immer wieder aufscheinenden Unentschiedenheit zwischen Ideal
und Wirklichkeit der Lebenswelt geschuldet ist. Nebenbei: diesen
Lebenskampf führen vornehmlich die Idealisten und nicht die Realisten
dieser unserer Menschengattung.
Nietzsches Ressentiment gegenüber einem individuell wie gesellschaftlich
praktizierten Gottesglauben wird verständlich, wie er das im Verlauf
seines persönlichen Entwicklungsprozesses in Art von Widersprüchen,
Ungereimtheiten sowie Doppelmoral und Scheinheiligkeit im familiären,
schulischen und gesellschaftlichen Umfeld wahrzunehmen begann und
entsprechend zu beurteilen wusste.
Das gilt vornehmlich für die sich einstellende Enttäuschung, wenn ein
zunächst idealisiert und zudem meist auch autoritär vermitteltes Bild
von „Gott und Welt“ zu glauben ist, bzw. geglaubt wird und dieses dann,
angesichts dumpf-naiver Auslegung und Ausübung von Religion, in sich
zusammenbricht.
So wird denn Nietzsches Ablösungsprozess von einer fundamental
protestantisch-christlichen Sozialisierung verständlich: Sein Vater ein
Pastor, der dieses Amt in der Familientradition seit Generationen
fortführte und doch für den jungen Friedrich (als der „kleine
Pastor“,wie man den frommen Jungen nannte) allzu früh verstarb. Nunmehr
in der Einseitigkeit eines „Weiberhaushalts“ (wie Nietzsche das nannte)
mit Mutter, Großmutter und Geschwister weiter erzogen und aufwachsend
wurde ihm einmal mehr die Bigotterie dieser Lebensführung und die daraus
resultierende mentale Zerrissenheit vor Augen geführt. Zu Teilen wird
damit auch der Grundstein für Nietzsches charakteristische
Widersprüchlichkeit gelegt oder zumindest eine entsprechende Anlage dazu
bestärkt worden sein: Nietzsches Persönlichkeitsprofil als der
personifizierte Inbegriff von Widersprüchen!
Entscheidend aber für seine fundamentale Abkehr vom Christentum wird die
tiefe Enttäuschung sein, die sich mit seiner Emanzipation von diesem ihm
zunächst eingeprägten Gottesbild ergeben hat; denn zuinnerst war
Nietzsche von der Existenz einer göttlichen Wesenheit überzeugt,
keinesfalls jedoch von der Art von Religionsverständnis und -ausübung,
wie er diese (so geschildert) in jungen Jahren erfahren hat.
Dieses Missverhältnis zwischen Religion an sich und deren
gesellschaftliche Geltendmachung zu erkennen und bewerten, sowie daraus
eine Konsequenz zu ziehen, erfordert zuvorderst Intelligenz, die
ihrerseits mit Wachheit und Aufmerksamkeit einhergeht, zudem der
Fähigkeit, die Menschen der Umgebung unter dem Gesichtspunkt ihrer
psychologischen Konditionierung wahrzunehmen und deren daraus folgende
Verhaltensweisen zu analysieren.
Nicht zuletzt bedarf es Mut zur eigenen Abkehr von dieser
Fehlentwicklung einer christlich-protestantischen Lehrmeinung, die
einzig auf Erlösung des per se als sündig angenommenen Menschen und
durch zu erwirkende göttliche Gnade aufsetzt.
Es kann nicht verwundern, dass Nietzsche als ausgewiesener Kenner und
Bewunderer antiker Kultur, dem der Sinnlichkeit verschriebenen Weltbild
der Griechen zuneigte und sich dann selbst dem kulturellen Leben,
Literatur und Musik sowie seinem ureigenen Schaffen zuwandte, aus dem
für meine Begriffe sein „Zarathustra“ herausragt.
Darauf und damit auch auf die von Nietzsche (wie auch von Christus)
gesagten „Ungeheuerlichkeiten“ möchte ich demnächst hier eingehen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: schon erstaunlich, mit welchem Hochmut Du Heideggers Schriftgut als
"fast-echolalie-formes geschwafel" abwertest!
Hast Du "Sein und Zeit" gelesen?
Diese Frage erübrigt sich: Du kannst das Buch nicht gelesen oder (falls
doch), dieses schlichtweg nicht verstanden haben!
Vermutlich berufsbedingt sind Dir die psychosomatischen Kriterien und
insbes. damit Bezüge auf derartige Krankheitsbilder vorgängig.
ja, so isses !
Manchmal frage ich mich, wie mögen Mitlesende
dieser Runde, die
tatsächlich ein Philosophiestudium absolviert haben (sich also
Semester um Semester mit Persönlichkeitsprofilen und Biografien
klassischer wie moderner Philosophen und sonstiger „Geistesgrößen“ zu
befassen hatten) über unsere hier ausgetauschten Beiträge denken!
Nietzsche in die „Schublade schreibender Geisteskranker“ zu verorten,
ist schon ein „starkes Stück“!
Verwunderlich dies umso mehr, als Nietzsche erklärter Gegner von
Christentum, Metaphysik (überdies auch Gegner von Platons
Philosophie!) und dementsprechenden Moralvorstellungen etc. war. So
müsste er eigentlich, wenngleich posthum, ein Dir hoch willkommener
Gleichgesinnter sein!
mir hat mal ein kinder-serien-killer vorgehalten, auf der welt würden
soviele kinder sterben, dagegen wären seine taten doch bestenfalls
echt-handwerklicher kleinkram, kinder würden ja
außerdem nachwachsen wie gras - hätte ich den mann etwa auch als
gleichgesinnten qualifizieren sollen?, denn rein objektiv musste ich
ihm ja recht geben ...
(der mensch killte kinder, verscharrte sie dann "in guter erde" bis
die leichen angefault waren, und aß dann davon, als er bei uns
forensik das nicht mehr konnte,
zog er sich finger- und fußnägel uns anlächelnd mit zangen aus, und aß
teile seiner eigenen haut samt anhängen, usw, nur einmal war er helle,
als er nach norddeutschland verlegt war,
meldete er sich freiwillig bei uns zurück mit der begründung, er hätte
schon wieder hunger auf angefaulte kinder gehabt, und das sei ihm
selbst unheimlich geworden ! - damals wurde
unser psychologe gefeuert, weil er diesen vollirren nach
norddeutschland auf einen bauerhof als freilaufenden
landwirtschaftsgehilfen verlegt hatte)
In seinem Denken war er keinesfalls (etwa durch
Geisteskrankheit)
beschränkt, vielmehr scheint mir deineSicht auf die Philosophie und
deren Protagonisten, sowie nicht minder auch auf die alltägliche
Lebenswelt stark eingeschränkt zu sein.
Nietzsche, zweifelsohne einganz Großer der Zeitgeschichte, ist
definitiv zu groß, um in die von Dir für ihn vorgesehene Schublade
Geisteskranker zu passen!
Du merkst schon, Waldemar - hier wurde ich zum Verteidiger für ein
Genie, dessen Gedankengänge nur von wenigen Menschen in Ihrer
wirklichen Tiefe erfasst und verstanden werden und wurden.
was mir auffällt ist,
wieviele (armselige) geisteskranke und anderswie seelisch abnorme
menschen früherer tage und zeiten man als genies, heilige,
lehrmeister, koryphäen, usw hoch-etikettiert hat,
und mitunter bis heute so betrachtet - ich gönne diesen menschen ihren
platz in der geschichte und ihr posthumes ansehen durchaus,
aber ICH für meinen teil muss da real bleiben, und für mich liegen
wahnsinn+genie nicht eng benachbart, sondern sind antipoden, die sich
gegenseitig ausschließen,
weil ich geisteskrankheiten und betroffene aus eigener anschauung
kennengelernt habe,
dazu kommt, das gerade philosophische arbeiten, sofern sie nicht
hauptsächlich philosophiegeschichte enthalten ( der immerselbe alte
keu in immer wieder neuaufgüssen),
sondern genuin persönlich sind, natürlich sehr persönlichkeits-nahe
sind = die persönlichkeit schlägt sich also in gedanken und
schriftwerk entsprechend stark mit nieder
(zb heideggers fast-echolalie-formes geschwafel), folglich werden sich
auch geistige erkrankungen entsprechend stark im denken und
schriftwerk eines betroffenen abbilden,
trotz dass man geisteskranke in alten zeiten als "seher",
"schamenen",
"propheten" und sonstwas gebrauchte und in dieser weise MISSbrauchte,
ist nur ein gesundes hirn zu rundum-höchstleistungen (auch richtung
genie) in der lage (ist mit anderen organen, zb herz, genau dasselbe),
natürlich kann ich aber auch behaupten, ein zb kaputtes auto habe
"geniale fahreigenschaften", ist letztlich ja nur eine frage der
sprachakrobatik
wh,