Am 21.12.20 um 12:37 schrieb Ingo Tessmann:
mir fehlt der Kontext für Dein taxonomisches
Interesse.
Ich muss mich selbst befragen, wie dieses Interesse kam, das ungenau
"taxonomisches..." genannt werden kann. Unbearbeitet und unbeendet ist
beim mir immer noch die Reduktion von Begriff auf Definition, wenn sie
mir denn gelingt. Vom Wort her ist Definition schon Begrenzung, und von
dort kam ich zum Thema Klassifizierung, die Aristoteles praktizierte.
Ich fand dann heraus, dass das Thema Taxonomie erst mit dem Wort
Kladistik vervollständigt wurde, zumindest schon in der Biologie. Ich
denke hiermit habe ich mein persönliches Interesse ontologisch und in
der Zeit gezeigt, und damit den Kontext.
Wenn Dich das so umtreibt, warum schaust Du nicht
einfach in ein Lehrbuch zur Evolutionsbiologie?
Ganz einfach, es geht mir nicht um diese Themen, um die Anwendung und
die Systematiken, mir geht es nicht um Gespräche, wenn sie das Thema nur
transzendieren, du weißt ich nutze dieses Wort, wenn "über" eine Sache
gesprochen wird.
In dem Lese-Lehrbuch Evolution von J. Zrzavy D. Storch
S. Mihulka heißt es einleitend unter "Taxonomische Methoden: Zurzeit existieren im
Wesentlichen drei Schulen der Systematik: die evolutionssystematische, die kladistische
und die phänetische Schule.“ Und auch in dem Standardwerk zur Evolutionsbiologie von
Volker Storch, Ulrich Welsch, Michael Wink gibt es ein Kapitel zur Kladistik.
Ich danke immer für Literaturangaben. Nur geht es mir nicht darum, die
besten Klassifizierungsmethoden herauszufinden, noch darüber zu lesen
oder zu denken. Einerseits lese ich unter
https://de.wikipedia.org/wiki/Systematik_(Biologie), dass es für
Biologie vier (entschuldige wenn dies deiner Zahl drei widerspricht)
Taxonomie-Konzepte gibt. Dass Kladistik ein sehr gutes Konzept ist, ist
in der biologischen Systematik wohl bestätigt:
"Die kladistische Methodik, auf der Basis von Apomorphien
<https://de.wikipedia.org/wiki/Apomorphie> Kladogramme als Basis der
biologischen Systematik zu konstruieren, ist heute allgemein
akzeptierter Standard in der Biologie; alternative Konzepte wie die
Phänetik <https://de.wikipedia.org/wiki/Ph%C3%A4netik> sind nur noch von
historischem Interesse."
Das widerspricht nicht der "Numerischen Taxonomie oder Phänetik" unter
die
https://de.wikipedia.org/wiki/Numerische_Taxonomie , die sicher ein
höchst interessantes und fruchtbares Forschungsfeld bietet. Ebenso alles
was mit Genen zu tun hat.
„Fortschrittsvorurteile“ sind in Lehrbüchern
allerdings nicht zu finden, denn eine irgendwie ausgezeichnete Entwicklungsrichtung gibt
es in der natürlichen Evolution nicht, wohl aber in der Technologie, deren
Entwicklungsstand geradezu als Stand der Kultur angesehen werden kann. Ziele und Zwecke
setzen Menschen und interpretieren sie natürlich gerne überall hinein, wie beispielsweise
Christen und Kreationisten in die Natur. Aber das ist Ideologie und keine
Naturwissenschaft. Wie gesagt, ich denke mit meinem Idol Manfred Eigen in
Informationsräumen, bin also eher Genozentriker als Taxonom.
Diesen Absatz übergehe ich mal bewusst, weil ich zu vieles danach
denken. Trotzdem: Und ich denke immer an Änderung, neutral, auch wenn
ich Evolution höre. Das akkumulierende Wissen kann von der Definition
her sich erweitern, sogar aufbauschen, ist das beides Evolution? Wenn es
sich an die Realität anpasst, vermutlich ja, wenn nicht, was dann? Wenn
es also über das Ziel hinaus schießt? So denkend kann ich niemandem
Vorurteile zu unterschieben.
Und wenn Du Evolutionsprinzipien von der Natur auf die
Kulturen zu übertragen gedenkst
Ja, das ist ein Versuch wert, vermute ich, irgendwo könnte dies korrekte
Ansatzpunkte finden. Ich denke nicht an Oswald Spengler und andere
Vorschläge dieser Art.
Wenn ich z.B. das Wissen einer bestimmten Person sehe, und diese Person
ontogenetisch sehe, dann entsteht mit den sich der Person gegebenen
Fähigkeiten immer mehr Wissen (Änderungen durch Übung, Lehrer usw.). Du
würdest sagen: Sie evoluiert. Wenn sie aber alt wird, gehen die
Fähigkeiten verloren, und das Wissen auch, also es geschieht das
Gegenteil von Evolution (Devolution klingt nicht so korrekt, Regression
passt auch nicht.). Dann entsteht die Frage: Welches Wissen
entsteht/vergeht mit welchen Fähigkeiten. Und das ist der grobe Versuch
einer Antwort auf deine Frage. Noch einmal: Und ich denke immer an
Änderung, neutral, auch wenn ich Evolution höre.
Ein anderer Bereich, bei der Änderungsprinzipien wirken, ist z.B.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ehernes_Gesetz_der_Oligarchie.
Und ich vermute, dass es die Änderungsprinzipien auch bei den
fragwürdigen Wissensbereichen gibt. Entschuldige, ich habe mal unbedacht
dein Wort "Prinzipien" benutzt.
, gibt es ebenfalls Lehrbücher, die den Wissensstand
umreißen, wie beispielsweise: Gerhard Schurz, "Evolution in Natur und Kultur. Eine
Einführung in die verallgemeinerte Evolutionstheorie". Ein Kapitel darin behandelt
auch die intellektuelle Entwicklung: "Wie vernünftig ist der Mensch? Zur Evolution
von Kognition und Weltanschauung.“ Und Matthias Glaubrecht sieht in seinem Buch bereits
"Das Ende der Evolution.
Wie oben.
Der Mensch und die Vernichtung der Arten.“ Mary
Shelley hatte ja bereits 1826 einen Roman über den letzten Mann geschrieben.
Mary Shelley ist auch auf der Liste der besondersten Lebensläufe und
Literatur, im Zusammenhang mit Byron und Tochter Ada Lovelace, dir
sicher bekannt. Nietzsches letzter Mensch kam zu spät, um ihnen
Gesellschaft zu leisten, leider.
Der zweite Versuch der Anwendung auf das Wissen selbst, das dir gemäß
nur evoluiert, ist wohl schwieriger. Nur läßt es sich separat vom
Menschen nur auf Datenträgern speichern, nicht jedoch in Geisterwelten,
von dort kam es schließlich auch nicht, ob es mit äußeren Geistesblitzen
entstand, ist zudem fragwürdig. Ob es nun von Personen nur evoluierend
angesehen werden kann, ist eine andere Frage, und ob das überhaupt
möglich ist. Denn das Gesamtwissen beinhaltet auch das fragwürdige
Wissen. Es muss nicht jetzt so weit gegangen werden und an "die
Universalbibliothek" gedacht werden. Übrigens hat mir hier niemand meine
Frage beantwortet, wie er denn Wissen von Ideologie trennt. Ich habe
Grenzfälle angegeben, vergessen hatte ich hierbei "die Psychoanalyse".
Nochmals danke und viele Grüße
Joseph Hipp