Am Mo., 13. Mai 2019 um 01:22 Uhr schrieb K. Janssen <janssen.kja(a)online.de>de>:
Von meiner Seite zu diesem Anlass vielen Dank dafür an
alle
List-TeilnehmerInnen!
Ich hoffe, dass ich hier keine unrühmliche Ausnahme bilde.
Das ist durchaus richtig, soweit man die dominant
oberflächliche
Kulturszene erlebt (insbes. auch das in Medien verbreitete Bild von
Philosophie, wo selbsternannte und eben von diesen Einrichtungen als
modern gepriesene Philosophen sich als plappernde Zeitgenossen in
diversen Talkshows erweisen, wo sie sich letztlich nur in
Gesellschaftskritik anstatt in wirklich philosophischer Betrachtung ergehen.
Gesellschaftskritik ist eben "relevant". Eine Analyse z. B. der
Voraussetzungen des menschlichen Erkenntnisapparates dagegen ist es
nicht. Es sei denn natürlich, eine neue Kunstinstallation befasst sich
damit. Ein Essayband zum Thema ist dagegen nix.
Teilen Sie eigentlich meinen Eindruck, dass die analytische
Philosophie es dabei besonders schwer hat, gehört zu werden?
Prominente Vertreter "der Philosophie" sind fast immer Anhänger
anderer Auffassungen.
Hier würde ich spontan Einspruch erheben wollen:
Erstens - alle
geschätzten Hochschullehrer hier mögen mir vergeben - kann es geradewegs
von Vorteil sein, Philosophie nicht im Rahmen und im Zwang eines
Lehramtes betreiben zu müssen.
Das meinte ich damit eigentlich auch. Die Philosophie hat sich zum
Teil bewusst im Kampf gegen die etablierte Universitätsphilosophie
behaupten müssen.
Ich könnte ja auch umgekehrt bedeutende Philosophieprofessoren
aufzählen, die nicht wollten, als Philosoph bezeichnet zu werden: E.
Mach oder Feyerabend, die sich mehr als "intellektuelle Wanderer"
sahen oder Arendt.
Nietzsche hatte eine Professur in Basel und diese
tatsächlich als
Philologe; trotzdem ist er für mich einer der größten Philosophen
bisher. Man wird das erst erkennen, wenn man (wie er) die wirklichen
Dramen dieser Welt entweder selbst erlebt hat oder diese zumindest
zutiefst nachvollziehen kann. Das er "nebenbei" einen vorzüglichen und
verständlichen Schreibstil pflegte, zeichnet ihn zusätzlich aus.
Manche Aphorismen von Nietzsche sind auch eher dunkel und das bewusst.
Nietzsches Einfluss war spürbar Schopenhauer und die antiken Autoren,
das waren die Hauptquellen.
Pascal hat mich mehr mit seiner Mathematik begleitet
und beeindruckt als
mit seiner Philosophie. [...]
Pascal ist einer der letzten großen christlichen Apologeten. Deshalb
erwähnenswert. Meine Aufzählung von Philosophen diente ja einem
anderen Zweck, nämlich zu unterstreichen, dass der Lehrbetrieb an den
Universitäten nicht gleich Philosophie sein muss.
Man muss vielleicht verschiedene "Denkschritte" differenzieren. Wenn
man an eine göttliche Gerechtigkeit glaubt, fällt es einem vielleicht
auch leichter zu ertragen, wie viel unrecht auf der Welt geschieht,
ohne dass es bestraft wird. Man hat dann eben die Hoffnung, dass es
jenseits der Welt eine Strafe und eine Belohnung gibt.
Der Mechanismus ist wohl vergleichbar mit der Deontischen Ethik.