Am 19.04.2023 um 16:56 schrieb K. Janssen
<janssen.kja(a)online.de>de>:
Um nochmal zur Konvergenz zu kommen, in diesem Fall auf Teilhards Punkt Omega (als
Zentrum kosmischer Konvergenz), möchte ich für jene hier im Forum, die sich nicht an
Religion stören, seine Kernaussage zitieren:
„Wenn der Punkt Omega nicht von Natur erhaben wäre über Zeit und Raum, die er in sich
sammelt, so wäre er nicht Omega. Eigengesetzlichkeit, allgegenwärtiges Wirken,
Irreversibilität und schließlich Transzendenz: das sind die vier Attribute von Omega. […]
Omega, das ewig Eine ... Der „Punkt Omega“ ist Ziel, Richtung und Motor der Evolution.
(Teilhard de Chardin: „Der Mensch im Kosmos“)
Moin Karl,
ich habe schon Probleme mit der Metaphysik. Was soll mir Teilhards Hyperphysik noch sagen?
Ohne Formalismen mit Experimentalbezug bleibt die Konvergenz im Punkt Omega doch nur
Phantasterei. Was ist Teilhards Geschreibe etwa im Vergleich mit Penrosens Scharfsinn?
Angefangen mit Erde, Sonne, Mond und Sternen und endend mit den Wirkungsquanten in den
Photonen, erscheint mir eine Konvergenz ins Licht allemal plausibler. Die hat ja bspw.
Annila mit Evolutionsgleichungen in „Back to Reality" begonnen. Demgegenüber gibt es
bei Teilhard nur „Materie, die Geist wird“, der zumindest metaphorisch mit Licht
identifizierbar wäre.
Und ebenso nochmal zu den Jesuiten: Auch heute noch
führen Jesuiten Bildungseinrichtungen, aus denen Absolventen kommen, die auf ihre
interdisziplinäre Ausbildung aufbauen können und damit nach wie vor eine Stütze der
Gesellschaft sind.
Du unterschlägst, dass besonders die Enzyklopädisten unter den Aufklärern im 18.
Jahrhundert mit den Jesuiten ihre liebe Müh’ hatten und wiederholt vor ihnen fliehen
mussten. Freiwillig reformierten sich die Jesuiten jedenfalls nicht.
PS: Grundsätzlich ist nachfolgender Aussage nichts
entgegen zu setzen.
Doch warum sollte das Prinzip von systemisch synergistischer Emergenz durch das der
Stochastik ersetzt sein, wo alles (kosmische) Leben zwar aus einem Zufall, nämlich einer
winzigen Symmetriebrechung erwächst, sich aber dann als prozessuale Kausalrelata von
Ereignissen durchaus zielgerichtet weiterentwickelt?
> Ich hatte die Mathematik bereits als Geist des Universums überhöht und so könnte sie
auch für die Noosphäre herhalten, allerdings so wenig teleologisch wie emergent
synergistisch, vielmehr stochastisch und synergetisch synergistisch. In der Mathematik
haben wir immerhin eine Gemeinsamkeit, an der sich sogar Aliens beteiligen könnten. In
mechanistischen Formalismen sind gemäß Prinzip der kleinsten Wirkung Ziel- und
Wirkursachen als äquivalent nachweisbar. Aber wie weit gilt das (mathematisch und nicht
nur metaphorisch) darüber hinaus? Und warum sollte es darüber hinaus gelten? Damit das
bloß menschliche Handlungsschema mehr als nur metaphorisch der Noosphäre übergestülpt
werden kann?
Mit „durchaus zielgerichtet“ beantwortest Du einmal mehr meine Frage im Handlungsschema.
Interpretieren kannst Du die Kosmologie natürlich wie es Dir beliebt, aber warum sich
wenigstens in der Philosophie nicht mehr im Mittelpunkt der Welt wähnen und einer
neutraleren Schreibweise bedienen? Denn welch eine selbstherrliche Überheblichkeit steckt
in Teilhards Kurzformel: „Evolution = Spiritualisation = Personalisation“?
Zu Deiner Frage, warum Stochastik anstatt „systemisch synergistischer Emergenz"? Weil
Emergenz bloß eine Worthülse ist, weshalb ich ja von stochastisch und synergetisch
synergistisch schrieb. Die Synergetiker bemühen sich wenigstens darum, die jeweiligen
Emergenzen durch Formalismen und Experimente zu präzisieren. Und die den „prozessualen
Kausalrelata von Ereignissen“ vorangehende Stochastik setzt noch keine Zeitordnung voraus
und schließt wahrscheinlichkeitstheortisch die Grenzfälle zwischen Zufall und
Determinismus mit ein.
IT