Wenn ich mich hier kurz einklinken darf....
Am 15.05.2019 um 17:15 schrieb Claus Zimmermann via Philweb:
[Philweb]
Fast alles müsste man aber schon begründen, z.B. auch die "Richtlinien
des Zusammenlebens im öffentlichen Raum", als die man die Verfassung
betrachten könnte. Die Begründung könnte etwa in der Entscheidung für
bestimmte Werte und Ziele bestehen. Nur wenn man nach einer Begründung
für diese Begründung fragt etc. etc. gerät man in den unendlichen
Regress.
Die Frage "bist du sicher, daß du das wirklich willst?" richtet sich
natürlich an den Einzelnen, wie im Leben so an der Wahlurne.
Der "kollektive Wille" - wobei mir der Ausdruck nicht gefällt, sag
z.B. "Volkswille" und du weißt, worauf es hinausläuft - wird durch
Wahlen und Abstimmungen festgestellt und sollte zumindest nach meiner
Wertentscheidung unbedingt Minderheitenrechte respektieren. Wie das
technisch durchgeführt wird, ob durch Verhältnis- oder
Mehrheitswahlrecht, über welche Fragen abgestimmt wird etc. - darüber
kann man sicher verschiedener Meinung sein, ohne sich damit (in meinen
Augen) zu disqualifizieren.
„Volkswille“ in Zeiten überzogener pc ist eine mutig vorgetragene
Alternative :-)
Aus gewissen Kreisen würde man uns „BürgerInnenwille“ vorschreiben.
Dieser pc wirklich überdrüssig, würde ich dennoch selbst auch
„Bürgerwillen“ (also schlicht jeden hier lebenden Menschen - gleich
welchen Geschlechts - als Bürger gesehen ) bevorzugen, wenn es darum
geht, „kollektiven Willen“ in eine allgemein gültige Begrifflichkeit zu
setzen.
Beziehst Du Dich Claus, mit „Minderheitenrechte“ auf die von rf
genannten Minderheiten (Strafgefangene oder seinerzeit von US-Wahlen
ausgeschlossene Frauen, sklaven etc.) oder unsere heutigen hiesige
Verhältnisse (autochthone ethnische Gruppen, Menschen mit
„Migrationshintergrund“)?
Sofern es letztere sind, würde ich für diese Bevölkerungsgruppen
überhaupt nicht von Minderheiten, Randgruppen, nicht von
„Migrationshintergrund“, generell eigentlich nicht von Minderheiten so
auch nicht von Sinti, Lesben etc. sprechen wollen. Sie sind alle
Mitglieder unserer Staatsgemeinschaft und insoweit schlichtweg Bürger;
in allererster Linie Menschen. Menschen, die sich allerdings sämtlich
ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung bewusst sein sollen. Und obgleich
sie sich nicht notwendigerweise als (phylogenetisch) Deutsche fühlen
können, ist es unumgänglich, sich in unseren Kulturkreis einzuordnen.
Einordnen (und niemals unterordnen) in unseren Kulturkreis ist natürlich
(ähnlich wie in die sog. „Wertegemeinschaft“) dann kritisch, wenn man
von den genannten Bevölkerungsgruppen verlangen wollte, sich unsere
„Kulturrituale“ zu eigen zu machen. Vielmehr denke ich, ist es dann für
„länger hier Lebende“ (welch abscheulicher Ausdruck! so auch
Migrationshintergrund) - also für uns angestammte Deutsche tatsächlich
eine Bereicherung, Brauchtum aus anderen Kulturen hier vor Ort
kennenzulernen und ggf. auch aufzunehmen (mit dem US-verkitschten
Halloween hat‘s doch auch funktioniert).
Keine Bereicherung ist es hingegen, überkommene patriarchalische,
religiöse und sonstig menschheitsgeschichtlich rückständige
Gesellschaftsstrukturen und -regeln aufnehmen zu sollen bzw. hinnehmen
zu müssen. Hier ist entschiedene Gegenwehr des Bürgertums gefordert.
Wie diese Gegenwehr per "Bürgerwille" umzusetzen ist, also z.B. über
demokratische Wahlen, Volksentscheide etc., darüber würde es lohnen,
sich hier auszutauschen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
Grüße, Claus
Am 15.05.19 um 16:22 schrieb Rat Frag:
Am So., 5. Mai 2019 um 16:41 Uhr schrieb Claus
Zimmermann
Wenn man alles begründen müsste, könnte man gar
nichts begründen,
sondern würde in einen unendlichen Regress einsteigen.
Meines Erachtens erlaubt diese Überlegung allerdings einige relevante
und gehaltvolle Schlussfolgerungen. So sind alle Argumente, die eine
Art "Volksabstimmung" für eine Verfassung fordern, ungültig. Das
könnte in Bezug auf die europäische Union sogar echte Relevanz
entfalten.
Vielleicht sollte man statt nach Gründen manchmal
lieber fragen:
bist du sicher, daß
du das wirklich willst?
Das Problem in diesem Zusammenhang ist eine Art "kollektiven Willen"
zu finden.
Es spielt ja keine Rolle, ob ich will oder nicht. Wenn es um den
persönlichen Willen gehen würde, würde jeder ein Königreich für sich
gründen... Vielmehr hält sich hier alles gegenseitig in Schach.
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