Am 20.12.2020 um 23:40 schrieb Joseph Hipp via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Um diesen Gesichtspunkt interessant zu machen, hier der Satz: "Die Kladistik
widerspricht einem so genannten „Fortschrittsvorurteil“, das eine Entwicklung „von den
Wirbellosen zu den Menschen“ festzustellen meint." Ich wage es nicht, diesen Satz auf
die (intellektuelle) Ontogenese einer Person zu übertragen, oder auf einen kompliziert
gewordenen Wissensbereich.
Hi Joseph,
mir fehlt der Kontext für Dein taxonomisches Interesse. Wenn Dich das so umtreibt, warum
schaust Du nicht einfach in ein Lehrbuch zur Evolutionsbiologie? In dem Lese-Lehrbuch
Evolution von J. Zrzavy D. Storch S. Mihulka heißt es einleitend unter "Taxonomische
Methoden: Zurzeit existieren im Wesentlichen drei Schulen der Systematik: die
evolutionssystematische, die kladistische und die phänetische Schule.“ Und auch in dem
Standardwerk zur Evolutionsbiologie von Volker Storch, Ulrich Welsch, Michael Wink gibt es
ein Kapitel zur Kladistik.
„Fortschrittsvorurteile“ sind in Lehrbüchern allerdings nicht zu finden, denn eine
irgendwie ausgezeichnete Entwicklungsrichtung gibt es in der natürlichen Evolution nicht,
wohl aber in der Technologie, deren Entwicklungsstand geradezu als Stand der Kultur
angesehen werden kann. Ziele und Zwecke setzen Menschen und interpretieren sie natürlich
gerne überall hinein, wie beispielsweise Christen und Kreationisten in die Natur. Aber das
ist Ideologie und keine Naturwissenschaft. Wie gesagt, ich denke mit meinem Idol Manfred
Eigen in Informationsräumen, bin also eher Genozentriker als Taxonom.
Und wenn Du Evolutionsprinzipien von der Natur auf die Kulturen zu übertragen gedenkst,
gibt es ebenfalls Lehrbücher, die den Wissensstand umreißen, wie beispielsweise: Gerhard
Schurz, "Evolution in Natur und Kultur. Eine Einführung in die verallgemeinerte
Evolutionstheorie". Ein Kapitel darin behandelt auch die intellektuelle Entwicklung:
"Wie vernünftig ist der Mensch? Zur Evolution von Kognition und Weltanschauung.“ Und
Matthias Glaubrecht sieht in seinem Buch bereits "Das Ende der Evolution. Der Mensch
und die Vernichtung der Arten.“ Mary Shelley hatte ja bereits 1826 einen Roman über den
letzten Mann geschrieben.
Es grüßt,
Ingo