Am 04.11.22 um 00:32 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
Ich achte eigentlich gar nicht auf von mir verwendete
Worte, füge sie
einfach nacheinander in Sätze ohne mir besondere Gedanken darüber
anzustellen. Meine Gedanken brauche ich, um überhaupt etwas schreiben
zu können, sollte also vor (und mit) dem Schreiben denken.
Könnte das nicht als Mangel an Sorgfalt angesehen werden? Schon die zwei
Wörter "Worte" und "Wörter" zeigen einen erheblichen Unterschied in
der
Sprache, der nicht von mir erfunden ist. Diesmal Google (also Herkunft
für mich schwer herauszufinden, zur Abwechslung statt Wikipedia:
"Ganz einfach auf den Punkt gebracht: Der Plural „*Wörter*“ wird dann
verwendet, wenn damit die Zusammensetzung aus Buchstaben gemeint ist.
„*Worte*“ sind es dann, wenn von Gedanken gesprochen wird."
Also Worte rücken eher in die Nähe von Begriffen. Und diese kann ich nur
als Vorstufe von Definitionen ansehen. Das Durcheinander, was mit
Begriffen angestellt wird, ist mir ein Horror. Als Transportmittel für
das, was gedacht wird, sind sie jedoch allgemein üblich, und deswegen
unumgänglich, ich muss sie auch nutzen. Die Sprache verursacht in diesem
Kleinfall ungewollt Fehler, weil die Einzahl in beiden Fällen Wort ist.
Und/oder der Fehler wird von denjenigen gemacht, die nicht
differenzieren. Und derjenige, sogar aus gehobenen Kreise, lässt sich
nicht gerne unterstellen, er würde nicht genügend differenzieren, denn
er meint, dass das ja bei ihm nicht allgemein der Fall ist. Der Bereich,
in dem ich dies bedenke, hat einen Fuß in der Linguistik, denn dort sind
die richtigen Wörterjongleure. Ich wäre froh, wenn ich es so gut könnte
wie sie. Ungenau daher gesagt ist mir das Wort "Wortjongleur" oder
"Begriffsjongleur" als Fremdbezeichnung eine Ehre. Weil wie oben gesagt
ich von "Worten", "Begriffen" nicht viel verstehe, im üblichen
Sprachgebrauch, so dass ich eine Übersetzung vornehmen muss, mir ist es
egal ob hier jemand meint, das wäre meine Privatsprache.
Zumindest vorläufig hielt ich mich an Rudolf v. Carnap, der die Qualität
von Begriffen beschrieb, ich nehme an, dass seine Ausführungen hierzu
bekannt sind, in etwa "1. da ist etwas, das einen Namen verdient, ...2.
da ist etwas, das mit anderen Sachen verglichen werden kann, es ist ein
Unterschied vorhanden oder nicht, 3. da kann etwas gemessen werden."
Wenn ich hier das Wort "Begriffe" benutzte, dann weil Carnap eben auch
dieses Wort benutzte. Begriff ist in so einem Fall nur ein Platzhalter
für die drei Sachen oder Sacharten, ich benutze das Wort Begriff dann
eben auch ungenau.
Der Ausdruck
"das kollektive Gedächtnis der Menschheit" ist mir zu
hoch, er stößt bei mir nicht auf einen fruchtbaren Boden.
Ist er Dir wirklich zu hoch?
Ja. Wenn ich mir etwas Genaues dazu denken soll oder wenn ich das
Geschehen bedenke, das zu einem Ausdruck gedacht werden soll. Genau
genommen soll ich Sachen denken, die von den Menschen erzeugt, getan,
gedacht usw., und dann soll ich hier einen Ausdruck dafür verwenden
(wobei auch ein Wort genügen würde), ich müsste also die Lernphase
durchgehen, und dann müsste ich Sätze machen können, mit Bezug auf
diesen Ausdruck oder eben das Wort. Schon in der Lernphase hätte ich
Schwierigkeiten. Gehören dazu etwa auch Kriege, die ausgedachten
Intrigen, nur die gute Moral, das neutrale Wissen, alle Arten des
Gottesglaubens, alle Arten des esoterischen Denkens, die verbreiteten
Unwahrheiten, die Skandalgeschichten? Ist nur an so eine Fiktion (keine
Vaihingerfiktion) zu denken, mit der alles Gedachte so als Geist über
den Sachen schwebend, zu denken ist, oder eine Art Superhirn? Also
wirklich, du als Lehrer könntest sagen, dass ich nicht lernfähig wäre.
Ich würde vielleicht sagen: Du stellst den Sack zur Verfügung, und ich
soll dort hinein fügen, was du oder viele andere hinein quetschen, wobei
ich leider nicht mitmachen könnte. So ist es übrigens allgemein mit
Begriffen. Problem ist jedoch, dass jeder etwas anderes in den Sack
hinein stecken will. Weil ich schon bei der Lernphase scheitere, werde
ich wohl kaum zur Verwendung fähig sein, also brauche ich nichts zu
dieser zweiten Stufe zu schreiben. Mit der Verwendung des Ausdrucks
würde ich auch dummerweise die Universalbibliothek des Jorge Luis Borges
denken, und du müsstest den Unterschied zwischen dem einen und dem
anderen zeigen, wenn du dann nicht einfach antwortest: "Ich füge die
Ausdrücke einfach nacheinander in Sätze." Dem würde ich dann entgegnen:
Das können auch Zufallsgeneratoren. Und zum Schluss könntest du sagen:
"Wir haben und im Kreise gedreht." Oder "Hier stehen nicht vereinbare
Meinungen gegenüber." An beiden Sätzen wäre dann etwas Wahres dran.
.
Naturwissenschaftlich, gleichermaßen wie in der Philosophie ist die
Frage nach wie vor unbeantwortet, ob diese Lebenswelt im Innersten
kausal eindeutig vorherbestimmt oder zufällig strukturiert ist.
Auf diese Frage gibt es wohl kein ja oder nein, sie pauschal zu
stellen kann ein Irrtum sein. Denn wie kann eine Mischform von
verschiedenen Geschehnissen, von denen das eine zufällig ist, das
andere verstanden werden kann, und nur das dritte beschrieben werden
kann.
Was meinst Du mit dieser Formulierung? Denn natürlich kann ich die
Frage quasi pauschal mit Zustimmung zu entweder deterministisch oder
zufällig angelegter Struktur beantworten. Denkst Du dabei an meine
Aussage, die Struktur sei weder nur deterministisch oder nur zufällig,
sondern beide Formen sind konstituierend im Sinne von Zufall und
Notwendigkeit.
Ich habe hier schon oft darüber geschrieben. Gleich ob Hegel oder
JacquesMonod, für mich ist das die einzig zutreffende Konstitution für
diese Lebenswelt.
Die Antwort auf auf "Was meinst du mit ..." habe ich in meinem
vorherigen Schreiben vorgelegt, und dort ist einiges zu beantworten,
bevor die Sache insgesamt diskutiert werden kann, von oben herab gesagt.
Dort steht das Wort "deterministisch" nicht, auch gab ich nicht zu
denken, was mit dem Wort zu denken ist. Bei juristischen Überlegungen zu
einem Unfallgeschehen ist implizit die erste Frage diejenige nach der
Ursache. In dem Fall wäre es ein schönes Argument, dagegen zu reden, das
"das Gericht" sei deterministisch und es müsste auch an den Zufall
gedacht werden, und warum nicht zuerst an die Zufälle? Und hier
erscheint dann dieselbe Frage, die ich im Text stellte: Plus und Minus
wird zu Minus, auch wenn das Minus noch so gering ist. Denke hier an das
Händekleben auf den Asphalt, und wie schwierig es für die Richter ist,
hier eine Antwort zu finden, denn auch in den Gesetzesbüchern ist im
Anschluss an die Ursachefindung nicht viel Strafbares zu finden. Den
Zufällen gesellt sich zusätzlich in diesem Fall noch der zivile
Ungehorsam dazu, mitsamt Recht zur Meinungsäußerung. Auch dieses Thema
wurde hier nur gestreift, und es blieb bei einem Mischmasch aus Moral
verschiedenster Farben, ich habe nicht gemerkt, dass die übliche
Unterscheidung, auf die mit den Ausdrücken "positives Recht vs.
Naturrecht" hingewiesen wird, und differenziert wird, ich denke, dass
meine Bemerkungen mitsamt dieser Differenzierung überlesen wurden, also
für die Wand geschrieben wurden.
JH