Ein konkreter Raum ohne Grenzen wäre ein Holzeisen, ebenso wie Raum als prinzipiell (also
nicht durch ein Hindernis) begrenzte Bewegungs- und Ausdehnungsmöglichkeit. Ich verstehe,
daß es irgendwo nicht weitergeht, aber wäre zu verstehen, daß man sich das nicht mal
vorstellen kann? Ich glaube, wir reden hier von Kants Raum, der einer der bzw. unserer
Möglichkeiten und Vorstellungen ist.
Wenn das richtig unterschieden sein sollte, könnte man dann nicht zur psychologisch
attraktiven Annahme der räumlichen und zeitlichen Unendlichkeit der Welt sagen: ja und
nein, überleg dir noch mal, wie du es meinst. Beobachtungen scheinen mir in diesem Stadium
nicht weiter zu helfen, auch wenn sie später natürlich nur mit Hilfe konsequenten
Wunschdenkens von der Hand zu weisen sind.
Ich sehe mich hier auf den Spuren von T. Müller, den sie den Raumdeuter nennen.
Hoffentlich wird diese mail nicht wieder doppelt verschickt. Wäre nicht meine Absicht, ich
klicke nur einmal.
Claus
Am 9. Juli 2021, 16:40, um 16:40, Rat Frag via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>
schrieb:
[Philweb]
Hallo,
das Wort "Weltanschauungspsychologie" mag vielleicht unglücklich sein,
aber, wie ich denke, ist es eine präzise und kurze Beschreibung.
Ich wollte den Fokus in Sachen gewisser metaphysischer, philosophischer
oder eben "weltanschaulicher" Fragen weg von den rationalen
Begründungen
für diese, hin zur psychologische Bedeutung für das Individuum trage.
Der
Gedanke ist nicht neu.
Schon Carnap hat geschrieben, dass Metaphysik keine Lehre von
*"überweltlichen"
*Sachverhalten sei, sondern ein Lebensgefühl ausdrücke. Und letzteres
schlechter als ein Künstler oder Dichter es tun könnte. Blei schrieb
irgendwo, dass Metaphysik niemals wahr oder falsch sei, sondern nur
schön
sein könnte.
Der psychoanalytisch orientierte Psychiater Bleuler zog ähnliche
Schlüsse
über Wunschdenken in der Weltanschauung.
Man macht es sich aber meines Erachtens zu einfach, wenn man nur
zwischen
Wunschdenken und klare Erkenntnis unterscheidet. Die Annahme, dass die
Welt
unendlich sei und keinen Anfang in der Zeit habe etwa ist auch
attraktiv,
weil sie Fragen nach einer *ersten Ursache* oder *Ursache der Welt*
befriedend umgeht. Die "Ewige Wiederkehr" wird ja aus ähnliche Gründen
präferiert.
Wobei die moderne Physik da schon einige Tatsachen zu Tage gefördert
hat,
die ein rationaler Denker nicht beiseite wischen kann, etwa die
Rotverschiebung durch die Hubble-Expansion.
Am Do., 8. Juli 2021 um 16:28 Uhr schrieb Claus Zimmermann <
mail(a)clauszimmermann.de>gt;:
Information und Recherche sind natürlich
unverzichtbar, wenn es um
Sachfragen geht, helfen aber nicht weiter, wenn es darum geht, die
Gedanken
zu ordnen. Z.B. bei der Verwechslung von
Körpervorgängen und Erleben
und
der Annahme, an letzteres duch immer genauere
Beobachtung des
ersteren
immer näher heranzukommen. "Aber ich kann
doch feststellen, ob jemand
lebt,
indem ich seinen Puls fühle." Das ist
gesichertes Erfahrungswissen,
an dem
wir so lange festhalten, wie wir nichts
abweichendes beobachten.
Es gibt natürlich das weit verbreitete Problem, tatsächliche
Sachverhalte
so zu sehen, wie man sie gern sehen möchte. Aber
auch das der
Denkfaulheit,
wo die Tatsachen gar nicht umstritten sind,
vermutlich teils aus
ähnlichen
Gründen. Das sind wahrscheinlich zwei Fälle von
"Weltanschauungspsychologie".
Claus
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