Am 19.06.2023 um 12:41 schrieb K. Janssen
<janssen.kja(a)online.de>de>:
PS: Du bemerkst sicher, dass ich meine Weltsicht nicht vordergründig an den unumstritten
primordialen Regeln der Mathematik, sondern eher philosophisch ausrichte.
Moin Karl,
warum nicht Mathematik, Physik und Philosophie im Alltag zusammendenken? Dazu erwarte ich
vom Philosophieren vor allem die Einsicht in die eigenen Beschränkungen. Obwohl schon
vielfach wiederholt, gilt die Umgangssprache nur für den Bereich des menschlichen Umgangs,
aus dem sie hervorgegangen ist. Meinen erneuten Hinweis auf das Bedenken des
Anwendungsbereiches der jeweiligen Worte hattest Du wieder einmal ignoriert. Wie sollen
wir da einander näher kommen? Für Claus gilt das ebenfalls, wenn er meint für den Umgang
mit Geldscheinen die gleichen Worte wie für den Umgang mit Gehirnen verwenden zu können.
Wenn ich umgangssprachlich Identität bedenken will, wende ich mich über meinen eigenen
Alltagshorizont hinaus der Literatur zu, lese bspw. Romane von Max Frisch. Philosophisch
lässt sich an Leibniz anknüpfen: Identisch ist das, was in allen Eigenschaften
übereinstimmt. In der Mathematik lässt sich ein Identitätsoperator definieren und die
Physik geriet nicht erst mit Planck, sondern schon mit Gibbs in statistische
Ungereimtheiten. Das Verständnis der Hohlraumstrahlung erforderte die Annahme der
Ununterscheidbarkeit in der Abzählmethode Boltzmanns und die Mischungsentropie einen
Korrekturfaktor hinsichtlich der auszuschließenden Permutationen.
Im Anschluss an Gibbsen Korrekturfaktor und Einsteins Photonenhypothese leitete Bose dann
1924 die Strahlungsformel rein statistisch für ein Photonengas ab. Mathematisch wesentlich
war die Annahme der Permutationsinvarianz, die in der Quantenmechanik hinsichtlich der
Positivität der Wahrscheinlichkeit genau zwei Teilchensorten zur Folge hat: Bosonen und
Fermionen. Erstere sind ununterscheidbar, letztere unterscheidbar. In der Physik sind es
die mathematischen Strukturen und das Experimentieren, die für Klarheit sorgen. Sollte
sich das Philosophieren nicht daran orientieren und womöglich sogar Alltagsempfehlungen
zur weiteren Disziplinierung der Umgangssprache formulieren? Z.B.: Bedenke den
Anwendungsbereich deiner Worte!
IT