Am 04.02.25 um 10:21 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb:
Am 04.02.25 um 08:49 nutzte "Dr. Dr. Thomas
Fröhlich" über PhilWeb
das Wort "Interaktion", in seinem Text insgesamt 15 Mal. Nun entsteht bei mir
die Frage, ob mit diesem genau dasselbe und nichts anderes zu denken ist als das was mit
dem Wort "Wechselwirkung" bei Waldemar Hammel zu denken ist. Ein Ersetzen des
Wortes "Interaktion" verändert den Text nicht, irre ich dabei? Könnten beide
sich auf ein einziges Wort einigen, möglicherweise auf ein anderes, im Extremfall sogar
etwa auf ein Wort, bei dem das Geistige, gar das Kosmische oder die Mathematik einbezogen
werden könnte, je nach Geschmacksrichtung?
Hi JH,
ich teile Deine Vorbehalte hinsichtlich der inflationären Verwendung des Wortes
"Interaktion". Für mich haben Worte ja nur Sinn im Kontext einer Theorie,
ansonsten werden sie nahezu beliebig oder situtationsbezogen verwendet. Mir geht es also
nicht um Geschmacks-, sondern um Theoriefragen. Mit Bezug auf den Thread ist in
"Chemical Science“ eine interessante quantenmechanische Untersuchung erschienen unter
dem Titel: "Reassessing the role and lifetime of Qx in the energy transfer dynamics
of chlorophyll a”
In der Pressemitteilung dazu heißt es: "Photosynthetische Organismen wie etwa
Grünpflanzen bedienen sich beim Einfangen von Sonnenlicht quantenmechanischer Vorgänge,
wie Prof. Jürgen Hauer erläutert: 'Wenn Licht zum Beispiel in einem Blatt absorbiert
wird, ist die elektronische Anregung über mehrere Zustände verteilt; man spricht von einer
sogenannten Superposition. Das ist die erste Stufe eines verlustfreien Energietransfers
innerhalb der Moleküle und eines effizienten Weitertransports der Sonnenenergie. Die
Quantenmechanik ist hier also zentral, um die ersten Schritte des Energie- und
Ladungstransfers zu verstehen‘.“ Hier geht es nicht um "Interaktion", sondern um
Superposition, die wiederum auf elektromagnetischer Wechselwirkung beruht, der das
Nullpunktsfeld unterliegt, das EINE, dem vielerlei Anregungen eigen sind. D.h. aus
anfänglicher Selbstbezüglichkeit gehen Wechselwirkungen hervor, die sich in
Superpositionen äußern können. Soweit aus der Physik.
Der Ingenieur Stefan Lenz schreibt 2003 unter dem Titel "Nichtlineare Interaktion
zwischen Fahrzeug und Untergrund unter Zuhilfenahme von Integraltransformationen" in
seiner Diss. zusammenfassend: "Zur Berechnung der dynamischen Interaktion zwischen
einem nichtlinear modellierten Fahrzeug und seiner Fahrbahn wird ein Simulationsmodell
entwickelt. Die Fahrbahn und der darunter liegende dreidimensionale geschichtete Halbraum
weisen lineares Verhalten auf. Mit Hilfe der Fourier- und Wavelettransformation werden
eindimensionale Impulsreaktionsfunktionen für das gekoppelte System Fahrbahn/Boden
berechnet. Sie ersetzen in der anschließenden nichtlinearen Zeitschrittintegration das
Verhalten des Systems Fahrbahn/Boden. Mit den ermittelten Interaktionskräften wird
anschließend unter Verwendung der Fourier- und Wavelettransformation die Wellenausbreitung
im Boden berechnet." Hier sind mit Interaktionen also Kräfte gemeint.
Und für die Humanities ist bei Jan Steffens 2019 zu lesen in "Rhythmus, Reziprozität
und Resonanz. Zeitprozesse und energetische Koppelungen als Kern intersubjektiver
Beziehungen: In den letzten Jahren lässt sich in unterschiedlichen wissenschaftlichen
Disziplinen eine deutliche Zunahme von Buchpublikationen vermerken, die sich mit dem
Phänomen der Resonanz zwischen Menschen beschäftigen. In bekanntester Form vielleicht
durch Hartmut Rosa mit seinem Buch 'Resonanz'. Eine Soziologie der
'Weltbeziehungen' oder in populärwissenschaftlicher Büchern aufgearbeitet für
den Bereich der Psychologie durch Joachim Bauer. Aber nicht nur dort, auch in
interdisziplinär aufgestellten Sammelwerken zu dem Thema wird versucht, sich in
unterschiedlicher Form Begriffen wie Rhythmus, Resonanz und Synchronisierung zu nähern
und diese für einen wissenschaftlichen Diskurs greifbarer zu machen. Auch für den
Bereich Schule und Unterricht wird der Begriff der Resonanz verwendet.“ Es wird der Bogen
gespannt zwischen "energetischen Koppelungen" in "Zeitprozessen" und
"intersubjektiven Beziehungen" im Handeln. Ergänzend dazu hat Thomas uns ja im
Rahmen seiner phänomenolgisch-sematischen Systemtheorie eine "Kohärenz"
nahezubringen versucht. Wer vermag all das in einer umfassenden Theorie nachvollziehbar
und nicht nur metaphorisch zu integrieren?
IT