Am 29.11.21 um 13:03 schrieb K. Janssen:
Deine Passion scheint die Suche nach Fehlern, vornehmlich im Bereich
der aktuellen Sprach- und Schriftgestaltung zu sein. Es scheint mir
eine sehr kritische Schreibgebrauchsbeobachtung zu sein, aus der sich
ein Anspruch an Sprachverwendung ergibt, dem ich definitiv nicht
gerecht zu werden vermag.
Naja, ich mache auch Fehler, und werde mir auch nicht gerecht. Du als
Idealist, so beschriebst du dich, dann darf ich das Wort wohl auf dich
beziehen, weißt, was ein Ideal bedeutet. Und auf der anderen Seite des
Ideals liegt der Fehler. Praktisch ist das so: Wenn du vor einer
kaputten Maschine stehst, denkst du das Ideal (hier ist sogar ein
Fehler, den ich bewusst mache, ein Verstoß gegen die Sprachregel, nach
der man schreiben muss: "an das Ideal"), und vergleichst denkend den
Unterschied, auf diese Weise findest du dann den Fehler. Fehlfunktion,
Fehgehend usw. sind nur zwei der umgebenden Wörter. Dir gemäß können
sogar Personen fehlfunktionieren. Man muss aber nicht vom Ideal
ausgehen, sondern ein Fehlerfanatiker, vielleicht denkst du so über mich.
Unter dem von Dir gegebenen Link auf Wikipedia findet
sich zum Begriff
„Weltanschauung“:
„/Unter einer Weltanschauung versteht man heute vornehmlich die auf
Wissen, Überlieferung, Erfahrung und Empfinden basierende Gesamtheit
persönlicher Wertungen“ (Wikip)
/
Ziemlich genau dieser Begriffserklärung entsprechend verwende ich
üblicherweise die Begrifflichkeit von Weltanschauung und somit eben
auch in meinem letzten Beitrag; allerdings ohne mich vorher dieser
lexikalischen Definition vergewissert zu haben.
Findest du diese Erklärung nicht sehr umfassend? Die Wendung
"Sonntagsrede der Politiker" hast du ja noch in der Erinnerung, oder nicht?
In diesem Zusammenhang ist mir allerdings
unerklärlich, warum ich mit
der Verwendung des Begriffs zu dessen Lemmatisierung beigetragen haben
soll.
Das habe ich niemals gedacht.
Wollte ich mich hingegen an der massiv um sich greifenden
Wortschatzverkürzung auf einige „Hit Words“ zur Beschreibung von
Lebensgefühl, von Sicht auf Mensch und Lebenswelt beteiligen, würde
ich mit der Verwendung von mega, geil, cool usf. megakrass zur
Erweiterung des Korpus des zeitgemäßen Wortschatzes bemühen. Das liegt
nicht in meiner Absicht, wenngleich ich bei Verwendung üblicher
elektronischer Kommunikationsmittel unweigerlich auch zur
Erweiterung/Pflege digitaler Korpora beitrage.
Entschuldigung, weil ich hier von oben herab schreibe: du bist hier wie
eine Person, der man sagt: Du betest ziemlich viel - und die Antwort
ist: "Soll ich mich denn dem Teufel zuwenden?" Ich nehme an, dass du so
eine Person nicht bist. Aber kürzlich begegnete ich einer solchen, sie
musste zwischendurch ans Telefon, um mit der Freundin zur regelmäßigen
Zeit zu beten. Und sie betet jederzeit mal zwischendurch. Du siehst,
dass es mir um allein um die rhetorische Figur ging, die ich bemerkte.
ich dann all das dachte, was mir das Wort
"Weltanschauung" zu denken
gab, wurde ich bestätigt. Mit dem Wort könnte ich nicht viele
sinnvolle Sätze sagen. Doch einiges wurde mir klar: Diejenigen, die
das Wort benutzen, haben meist einen Grund dafür. Sie können ihre
Weltansichten miteinander vergleichen, ich kann das nicht, weil ich
keine habe. Haben sie das bessere Mikroskop oder Teleskop als
derjenige, der das Wort nicht benutzt? Sehen sie die Welt, sich
selbst inklusive? Das kann ich nicht, mir fehlt ein Spiegel, in dem
ich mich selbst sehe, und gleichzeitig alles um mich herum. Oder ein
Mikroskop, das gleichzeitig Teleskop wäre. Also habe ich mich hier im
Kreise gedreht. Bin ich jetzt mit in der Blockade?
Warum glaubst Du, keine Weltanschauung zu haben?!
Das habe ich vor deiner Frage doch geschrieben. Wenn ein Schuldner mir
sagt, ich solle ihm einen Kredit geben, brauche das Wort Weltanschauung
nicht. Und auch nicht hier und auch nicht dort. Sicher denkst du korrekt
so, dass ich hier ausweiche, wie du vorhin. Ich suche ja und denke, dass
deine Frage dennoch sinnvoll ist. Du würdest wahrscheinlich den Bereich
angeben, in dem dir das Wort hilft, und ich? Vielleicht könnte ich dort
keine Antwort finden, und auch keine sagen, nicht einmal dass dort ein
Rätsel ist. Ich würde vielleicht nicht einmal sagen: "Da hilft nichts."
oder "Da gibt es keine Antwort."
Du hast doch Wissen, beziehst Dich unweigerlich auf Dir überlieferte
Vorstellungen von Mensch und Lebenswelt, hast selbstredend
(Lebens-)Erfahrung und definitiv auch Empfindungen; all diese
Eigenheiten stellen die Gesamtheit Deines Persönlichkeitsprofils und
damit auch die Grundlage für persönliche Wertungen (wie eben die hier
zuletzt vorgebrachten) dar.
Du weißt aus der Mathematik, dass ein einziger Gegenfall ein ganzes
Theoriegebäude im Grund erschüttern kann. In der Umgangssprache gibt es
die Wendung: "Wenn dem denn so wäre, dann wäre dies und jenes Unsinn."
oder so ähnlich. Ich gebe dir hier den Gegenfall.
Angenommen ich würde mich, wenn ich mich mal von außen betrachte, als
Medium zwischen allem, was in mir erzeugt wurde, ....
Entschuldige, ich gehe in die Sprache Betrachter und Person über.
Angenommen ein Betrachter sieht eine Person und denkt sie. Wenn die
Person sich äußert, sagt der Betrachter: Die Ursache der Äußerung liegt
in der Person, jetzt und nicht in der Vergangenheit. Sie hat eine
Grundlage, aus der das hervorgeht, was sie jetzt sagt. Welcher Art diese
Grundlage ist, das ist mir nicht bekannt. Diese ist so wie die Hardware
in einem Computer, und doch hat sie sich in der Zeit durch Zutun von
innerem und äußerem Geschehen in ihr hergestellt. Hier denkt der
Betrachter extrem, und er gibt das zu. Für ihn hat die Person keine
Vergangenheit vor sich, keine Welt, nicht einmal eine Umwelt im Sinne
von Üexküll. Die Sätze kommen aus ihr hervor, so als wäre sie ein Medium
zwischen Vergangenheit und jetzt. Aber das wäre schon wieder falsch,
denn sie hat nichts mehr mit der Vergangenheit zu tun, sondern das was
in der Vergangenheit in ihr hergestellt wurde, ist jetzt da, mehr nicht.
Wenn ich nun auf die gleiche Ebene mit der Person gehe, das kann ich
vermute ich auch, trotz dieses extremen Denkens, dann bin ich so wie
Zarathustra vor dem sterbenden Seiltänzer, oder wie ein Epiktet vor dem
Klagenden. Und als Klagender freue ich mich darüber, wenn der andere
auch meinen Klagen zuhört. Oder gar meinen Weltanschauungen. Aber
trotzdem, in dem Fall wiederhole ich: Ich habe keine. Habe ich mich im
Kreis gedreht?
Zurück zu deinem Satz:
Du hast doch Wissen, beziehst Dich unweigerlich auf
Dir überlieferte
Vorstellungen von Mensch und Lebenswelt, hast selbstredend
(Lebens-)Erfahrung und definitiv auch Empfindungen; all diese
Eigenheiten stellen die Gesamtheit Deines Persönlichkeitsprofils und
damit auch die Grundlage für persönliche Wertungen (wie eben die hier
zuletzt vorgebrachten) dar.
Das Wort Grundlage ist erst einmal zwischen uns zwei gemeinsam, ich
denke, dass du das gemerkt hast. Du versuchst alsdann mit dem Satz
sozusagen eine abkürzende Beschreibung meiner Vergangenheit
herzustellen, für die ich dir dankbar bin. Wenn du einen Film drehen
oder ein Buch über meine Vergangenheit schreiben würdest, wäre ich dir
noch dankbarer. Haha. Waldemar würde sich auch vermutlich über so was
freuen, dann bräuchte er es nicht immer wieder selbst zu tun. Du
vielleicht auch. Deiner Abkürzung muss ich entgegen halten: Damit färbst
du mich doch allzu schön. Es ist so, als hätte ich Persönlichkeit, das
weise ich ganz fern von mir. Ein Profil, naja, das wäre schon wieder
eine Reduktion, dann würde ich mich in einer Schublade fühlen.
Empfindungen, ja, wiederum schön. Sicher kannst du mir sagen, dass ich
gar nichts von dem verstanden habe, was du schriebst. Dann sind wir im
Zirkel oder in der Blockade. Das Wort "Wertungen" habe ich als Kapitel
bewusst ausgelassen, und sage wie der alte Mann: "Das ist mir alles zu
viel."
Gruß und vielen Dank
Joseph