Am 29.07.2018 um 13:18 schrieb Rat Frag:
  Am 24. Juli 2018 um 03:47 schrieb K. Janssen:
  Unter Moral wird demnach ein Normensystem
verstanden, welches auf
 vernunftbasiertes, „richtiges“ Handeln mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit
 abzielt. Unterschiedliche Normensysteme bedingen verschiedene Moralen, die
 wissenschaftlich in Teildisziplinen der Ethik (deskriptiv, normativ) als
 übergeordnete Ebene, vornehmlich in der Moralphilosophie, wie auch u.a. in
 der Soziologie und Theologie behandelt werden. 
 Ich habe hier "Ethik" als
eine Art "Moral aus Moralphilosophie"
 betrachtet und "Moral" eben als die Sitten der Gesellschaft, wie sie
 mehr oder weniger bestehen.
  Moral nun in Bezug nehmen für eine kategorisch
wertende Typisierung
 „amoralischer vs moralischer Aufklärer“ könnte insofern verfänglich sein, da
 unter „amoralisch“ in unserem Sprachgebrauch zuvorderst ein der Sittlichkeit
 widersprechendes Verhalten angenommen wird. 
 Ich habe ja bewusst noch zwei andere
Ausdrücke dafür erfunden:
 "Deskriptive Analytiker" vs. "Ethiker" 
Oh, diesen Zusammenhang habe ich bedauerlicherweise nicht herausgelesen! 
Zudem habe ich - dem Thema des Betrags „zwei Seiten der Aufklärung“ 
geschuldet - auch eher einen Bezug auf Aufklärung und weniger auf Moral 
(um die es offenbar RF vornehmlich, im Ggs. zu mir gelegen ist) 
angenommen. Wie auch immer. Aufklärung, als solche eng mit Moral in 
Verbindung stehend, wie eben letztere sind bedeutende Themen, deren 
Behandlung hier lohnend ist.
Das Thema „Die zwei Seiten der Aufklärung“ lässt (zumindest mich) 
unverzüglich an „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer-Adorno denken. 
Als ich das Buch vor Jahrzehnten erstmals las, hat es mich ähnlich in 
den Bann gezogen wie beispielsweise die Romane von Hesse. Insoweit auch 
Dialektik angesichts dieser beiden sich (scheinbar) entgegenstehenden 
Ausrichtungen von Weltsicht:
Einerseits die Kritikander Aufklärung des 17. und 18. Jahrhunderts;an 
jener Art vonAufklärung, die ein gewisses Scheitern von Beginn anim 
Diktum der „instrumentellen Vernunft“ in sich angelegt hatte,demzufolge 
sich ein dem purenNutzen verschriebenes Verhältnis vonKultur zur Natur 
entwickelte. Im Spannungsfeld zwischen zunehmender Naturbeherrschung 
(„/Natur als ein bloßes Werkzeug des Menschen“ und „Objekt totaler 
Ausbeutung“//)/und damit einhergehenderMenschenbeherrschung entwickeln 
sichbis heute dieFesselnder aufgeklärten Moderne: „/eine satanische 
Synthese von Vernunft und Natur [...] das genaue Gegenteil jener 
Versöhnung der beiden Pole, von der Philosophie stets geträumt hat“/.
Ein bedeutsamer Grundstein zur Erneuerung der deutschen 
PhilosophieEinstellung, wurde von dem RechtsphilosophenChristian 
Thomasius gelegt, der als ein richtungsweisenderGestalter der frühen 
deutschen Aufklärung zu sehenist.Sein Wirken stehtbeispielhaft für die 
Dialektik einer Aufklärung, die mit seinem Kampf für dieFreiheit des 
Denkens, Abkehr vom starren Korsett der Scholastik, mit seinem 
Hinwendung zupraktischemNutzen als Erkenntnis- und Gelehrsamkeitsideal 
aber auch den Anstoß zur Einflussnahmedesbritischen (wie auch 
französischen)Empirismus und Psychologismus gab, wie er nachfolgend u.a. 
von J.N. Tetens aufgegriffen wurde:„/Das Licht der Vernunft“/sollte die 
Welt erhellen unter Absage an jede Art von Metaphysik und unter 
Preisgabeplatonisch-aristotelischerIdeale eines „mundus intelligibilis“. 
Steuerung bzw. Eindämmung menschlichen Trieb- und Affektlebens, sowie 
eine zwanghafte Nutzbarmachung von Gesellschaft und Natur im Sinne von 
Sensualismus und Utilitarismus (Hobbes, Locke, Hume u.a.). Der Zauber 
der Welt, mythenhaft zuBeginn der Entwicklungsgeschichte noch im Denken 
der Menschenverankert, musste– abseits von Decartes‘s cogito - dem 
instrumentellen Vernunftsdiktat der Aufklärung weichen. Hatte der 
Animismus die Dingebeseelt, versachlichtedie Zweckrationalität des 
einsetzenden Materialismusdie Seelen (und tötetsie bis 
heute).VerdinglichunglebendigerNatur wird (als getöteteNatur, wie diese 
allen Ortes zu sehen ist )zum Paradigma instrumentell rationalisierter 
Realität.
Thomasius‘ großartige Beiträge zur Aufklärungsepoche der Neuzeit sind 
jedoch seinerfolgreicherEinsatzfür dieEinführung der deutschenSprache 
und fürmehr lebenspraktischesDenken andenUniversitäten, um letztlich 
damit Bildung auch weiterenSchichten der Bevölkerung zugänglich zu 
machen, sowieseine rechtsphilosophischen Arbeiten zur klaren 
Unterscheidung von Recht und Moral, wo er (als Philosoph)seine 
„Vernunftlehre“ und (als Jurist) seinRechtsverständnis trennte von 
scholastischerPedanterie, von kirchlicher Dogmatik und kruden 
Moralvorstellungen, vor allem aber seineAgitationgegen Exorzismus, 
Hexenverfolgung und Folter, was schließlichzur Abschaffung 
vonHexenprozessenund Folter führte.
Mit seinem Postulat der Prinzipien des Naturrechts (Fundamentum iuris 
naturae et gentium)legte er die Basisheutigen Strafrechtsdenkens und hat 
sich mit seiner (dritten) Regel für das Gerechte, das Iustum: /"Was du 
dir nicht wilt gethan wissen / das thue du andern auch nicht." /im 
gesellschaftlichen (Moral-) Bewusstsein „verewigt“.
Beeindruckend sein Mut, machte er sich doch zum Todfeind der damals 
Herrschenden, vornehmlich derklerikalen Clique, mit seinem 
kompromisslosen Kampf gegen die „/Heuchel-Moral der Rechtgläubigen“/. 
Sein Eintreten für die Freiheit, sein Auflehnengegen den fürstlichen 
Polizeistaat und die verstaubte Scholastik des Universitätsbetriebs. 
Leider ist seine historische Relevanz, sein bedeutender Beitrag für die 
Aufklärung in den Schatten der großen Werke (Lehrsysteme) von Kant, 
Leibniz u.a. geraten und wird bis heute in der wissenschaftlichen 
Betrachtung dieser Epoche zu wenig gewürdigt. Thomasiuswar pragmatischer 
Denker und Wegbereiterfür einen Paradigmenwechsel in der 
Rechtsphilosophieseiner Zeit.Übrigens gilt er mit seinerHerausgabe der 
"Monats-Gespräche" als Begründerdes Journalismus in Deutschland. Er war 
definitiv ein verkörperter Glücksfallder Aufklärung!
Aufbauend auf dieErrungenschaft der ebenso von Wolff und Edelmann 
nachhaltig beförderten frühenPhase der Aufklärungwurde diese zunächst 
von Haman, Herder und vor allem Jacobi („/Wendepunkt der geistigen 
Bildung der Zeit“,/wie es Hegelanerkennend nannte) weiter voran 
gebracht.Aufklärung, die sich wieder demErbe der 
platonisch-aristotelischen Ethik verpflichtet sah, wurde vor allem mit 
Kant sowie den Denkern des deutschen Idealismus fortgeführt. Europa hat 
sich schließlich von seinen absolutistischen Herrschern, dem vorgeblich 
gottgegebenen Herrschaftsanspruch von Klerus und Fürstentum emanzipiert.
Die progressive Idee der Aufklärung,traditionelle Herrschaft von 
Personen in eine Herrschaft der Gesetze zu wandeln, verfehltejedoch ihre 
hehreAbsicht, insoweitsie neueFesseln anlegte, nämlich Gesetze der 
bürgerlichen Gesellschaft mit Herrschaftsanspruch.
Diesesmalum der Aufklärung ist tief in die Gesellschaftsschichten 
eingedrungen und zeigt sichbis in unsere Zeitin der 
verhängnisvollenzweckrationalen Perfektionierung der Natur- und 
Menschenbeherrschung mitfatalen Auswirkungen /(/„/Der Mensch teilt im 
Prozeß//seiner Emanzipation das Schicksal seiner übrigen Welt“)/: 
Versklavung des Menschen durch weltweit (teils subtil angewandte) 
inhumane Herrschafts- und Unterdrückungsmethoden.
Wo der Geltungsanspruch der Aufklärung sich selbstzerstörerisch in sein 
Gegenteil verkehrt hat, also selber zum Macht-System der Herrschaft von 
Menschen über Menschen sowie der Naturbeherrschungwurde, hat sich diese 
Umkehr beispielhaftim Mythos vonFaschismus und Bolschewismus wie 
aktuellauch imenthemmtenKapitalismus auf tragischeWeise verwirklicht.
Insoweit Aufklärung als Urheber für die Systemkonformität der heutigen 
Industriegesellschaft mittels zweckrationaler Menschen-und 
Naturbeherrschung gesehen werden muss, ist sie für deren Auswüchse 
verantwortlich zu machen: Irrational extensive Techniknutzung, 
Massenproduktion und damit gnadenlose Ausbeutung von Ressourcen, 
Kulturindustrie (Eventhype), Medienherrschaftdurch oktroyierte 
Meinungsbildung, gestützt auf die Scheinmoral einer unsäglichen 
Gesinnungsethik und so fort. Emanzipation scheitert dortan der 
DialektikdesFortschritts unsereraufgeklärten Moderne, wo die daran 
geknüpfte Repression ihres ethischen Anspruchs das Verhältnis von 
instrumentalisierter Gesellschaft und individueller Freiheit bestimmt.
Das gesellschaftliche System der Aufklärung in Ausprägung seiner 
instrumentellen Rationalität hat sich bis in den privatesten Bereich 
eingefressen. Der Mensch wird dem System angepasst, wie gleichermaßen er 
sich selbst anpasst und verleugnet, sich seinem innewohnenden Wesen 
entfremdet. Unter dem Diktat extensiv wirtschaftlichen Wachstums, 
basierend auf Manipulation einer Konsum-, Medien- und 
Unterhaltungsgesellschaft, wo nur noch kalte Zweckrationalität ohne 
Rücksicht auf Humanität vorherrscht und man dabei das Credo des 
Wohlstands (vormals „keine Experimente“ - heute „Weiter-So“) predigt, 
wird der Mensch seiner Identität, seiner kreativen Individualität 
beraubt. Die fatalen Folgen sind Anonymisierung und Vereinsamung des 
Einzelnen in der Gesellschaft („einsam in der Masse“). Kein einzelnes 
Leben in diesem System kann noch richtig sein: „/Es gibt kein richtiges 
Leben im falschen“ (Adorno)./
Nicht verwunderlich, dass die (studentische) Jugend der Sechziger Jahre, 
insbesondere angeregt von Horkheimer-Adorno, Lukács (als Vaterfiguren 
für die sog. „Vaterlose Generation“), die Defizite dieses 
Herrschaftssystems erkannte und begann, sich gegen diese abwegige 
Gesellschaftsentwicklung aufzulehnen, die es (um jeden Preis) zu ändern 
galt, um /"aus der Kritik der alten Welt die neue [zu] finden"/, wie 
Marx es formulierte.
Doch diese Auflehnung richtete sich zunächst überwiegend gegen 
spezifisch familiäre Sozialisationsbedingungen der Nachkriegszeit, insb. 
auch gegen den Funktionalismus der Kirchen (u.a. strikte protestantische 
Ethik) und deren Forderung von Triebverzicht und Affektkontrolle; 
zunehmend dann im (teils gewaltsamen) Protest gegen neue 
Hochschulgesetze, gegen den Vietnamkrieg, die Notstandsgesetze und gegen 
diverse Diktaturen, so auch das Schah-Regime.
„Dialektik der Aufklärung“ ist also nicht irgendein Werk (als solches 
auch nicht von seinen Autoren, insb. Horkheimer intendiert, sondern als 
phil. Fragmente angelegt; wenngleich eher den Sozialwissenschaften 
zuzuordnen). Diese Schrift hat die Epoche der Nachkriegszeit 
intellektuell geprägt. Rhetorisch gekonnt, in meist kurzen 
schlagwortartigen Sätzen (ganz im Gegensatz etwa zu Kants ellenlangen 
Schachtelsätzen) inszenierten Horkheimer/Adorno drastisch, nahezu 
theatralisch die aus der Aufklärung resultierende Verkehrung in eine, 
eben durch diese überwunden geglaubten Fesseln der Natur und des 
Feudalismus, erneute Gefangennahme der oben beschriebenen Art. In ihrer 
Auseinandersetzung mit der Frage, warum Aufklärung per se auch ein 
totalitäres Element in sich birgt, also die Beherrschung und 
Systematisierung von Natur und Gesellschaft betreibt, gewissermaßen das 
mit sich bringt, wogegen sie ursprünglich angetreten ist, geben sie die 
bekannt drastische Antwort:
„/Seit je hat Aufklärung im umfassendste//n//Sinn fortschreitenden 
Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie 
als Herren einzusetzen. Aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im 
Zeichen triumphalen Unheils.“/
Darauf auch Bezug nehmend organisierte sich eben jene Bewegung, die sich 
ihrerseits als Mythos der 68er-Generation bis heute im 
Gesellschaftsbewusstsein verankert hat. Inwieweit die Torheit 
maoistischer K-Gruppen die kollektive Übersprungsfunktion war für eine 
irrationale Fundamentalopposition /(„schafft alles ab!) /oder gar den 
mörderischen Irrsinn der terroristischen Rote Armee Fraktion befördert 
hat, wird in unzähligem Schriftgut kontrovers behandelt. Die lebhafte 
Erinnerung an diese historische Epoche naiv utopischer Träume von 
Weltveränderung und Lebensglück bleibt jenen erhalten, die diese Zeit 
als verstörend oder aufregend erlebt haben, gleich ob als Befürworter 
oder Gegner, gleich ob als Student oder im Beruf Stehender.
Das agitatorische Diktum in Horkheimer-Adornos Wortwahl, wie auch 
seinerzeit Dutschkes aufpeitschende Sprache mag heute befremden, doch 
sie diskriminierte klar und entschieden im Gegensatz zu jenen 
intellektuellen Schichten, die sich, im Geist oder als Erben jener 
Epoche verstehend, zu einer neuen veritablen Kulturrevolution (queer und 
quer durch die westliche Welt ziehend) verpflichtet fühlen. Es ist die 
Saat, dieheute wieder aufkeimtals Ideologie, mit einerdarauf 
basierendenGesinnungsethik, die sich bisweilen als Gesinnungsterror im 
Kontext übertriebener „political-correctness“ ausnimmt. Dabei 
widersprechen sie sogar demDogma ihrerVorkämpfer gegen bürgerliche 
Zwänge, dem Glaubenssatz vom„herrschaftsfreien Dialog“.
Kritikastisch missgestimmt, verbreitendieseProtagonist*innen von 
„political-correctness“dasDiktat vomKorrekten im Namen einer höheren 
Moral und Empfindsamkeit und bedienen sich einer politisch korrekten 
Jammer- und Diskriminierungsrhetorik. Siefordern „dasKorrekte“ 
(Umweltschutz, Gender, das Anti-Sexismus, Anti-Rassismus usf. ) in 
Gesetze zu gießen, derweilen sie ihre verqueren Ansichtenkompromisslos 
mit Mitteln des sozialen Drucks („shitstorm“ etc.) und öffentlich 
gemachter Beschämung durchsetzen. Das bringt Thomasius' oben 
beschriebene Bloßstellung und Auflehnung gegen die „/Heuchel-Moral der 
Rechtgläubigen“/zur Frage, ob heutige „Rechtgläubige“ nicht die neuen 
janusköpfigen Pfaffen sind. Der Aufstand gegen diese wird aber 
bedauerlicherweise nicht mehr durch weise, scharfsinnige Intellektuelle 
wie u.a. Thomasius geführt, sondern (welch unbeugsames Prinzip der 
Dialektik!)durch dumpfe Geister solcher Gesinnung, die Ängste und 
Indiosynkrasien in der Bevölkerung zu wecken und zu instrumentalisieren 
verstehen. Ängste und Bedenken, diesich zu allen Zeiten als Folge von 
jeweils drastischen Umbrüchenin der gesellschaftlichen 
Menschheitsentwicklung (aktuell besonders durch weltpolitisch bedingte 
und infolge ökonomischer Globalisierung massiv einsetzende 
Migrationsbewegungen)eingestellt haben. Das gleisnerische 
Herunterblicken auf eben diese Menschen von den „neuen Kanzeln“ des 
irrealgenderisierten, politisch korrekten Universitätsbetriebs, das 
gleichermaßen hetzerische Agitieren aus den Redaktionsstuben und 
Fernsehstudios gegen das Pack und den Pöbel führt geradewegs zur 
(ungewollten) Gegenreaktion der sog. schweigenden Mehrheit: In meist 
kleinem Kreis und am Biertisch hört man dasverdruckste "Das wird man 
doch wohl noch sagen dürfen" und am Wahltag könnte man sie (mit 
Röntgenaugen) sehen, wo sieverstohlenen ein Kreuz an der Position 
zeichnen, die man auf den Wahlzetteln bislangvergeblich suchte. Viel 
dramatischer aber führt diese den (sog. einfachen) Bürger 
herabwürdigende Art(natürlich neben anderen Ursachen) auf fatale Weise 
zuraugenblicklichen Gesellschaftskrise, nämlich zugesellschaftlicher 
Polarisierung und Beförderung politischerExtreme. Ich bleibe dabei: Man 
kann sich (solchermaßen gut situiert, dameist staatlich alimentiert oder 
dem Elysium der Künstlerszene zugehörig),leicht ein buntes Tüchlein, 
Kettchen um den Hals hängen und das Lied der Verlorenen dieser Welt 
singen; die Moral dahinter wirkt auf michfadenscheinig, Scheinmoral eben.
Alter Wein in neuen Schläuchen. Horkheimer-Adorno zitieren de Sade: 
„/Was kümmert den Reichen die Vorstellung eines Zügels, den er niemals 
an sich selbst verspürt […] /„/Ihr werdet keinen in jener Klasse finden, 
der nicht erlaubte, daß man den dichtesten Schatten der Tyrannei auf ihn 
lege, solange sie in Wirklichkeit auf den anderen liegt.«/
„Ausgerechnet de Sade, dieser Lüstling!“, ist man versucht zu sagen. 
Doch stehen er, wie ebenso von H./A. oft zitierter Nietzsche, für 
dasschonungslose, alle Normen brechende Offenlegungder seinerzeit (wie 
eigentlich zu allen Zeiten)vorherrschenden Doppelmoral und Scheinheiligkeit.
Beide Genannten auf ihre sehr unterschiedliche Art und Weise,doch beide 
mit kritischem, scharfen Verstand, mit außerordentlichemSprachvermögen 
und Mut; Eigenschaften, die man in oben besagten Kreisen scheinheilig 
und dümmlich lamentierender Zeitgenossen nicht vorfindet .
Die Dialektik des Fortschritts liegt immer in der Überschreitung von 
Grenzen und dem Bewahren-Wollen des Erreichten. Das unausweichliche 
Wechselspiel fortlaufenderDifferenzierung und Integration ist nur in 
deren hinreichender Ausgewogenheit erträglich. Eine endlos 
ausdifferenzierte und sich ausdifferenzierende Welt, mit hemmungsloser 
Massenproduktion kultureller Symbole und deren Verbreitung über 
Massenmedien beraubt die Gesellschaft jeglicher Gewissheiten. Und so 
führen auch die Differenzierungsorgien obengenannter, 
ideologisierterIntellektuellen-Cliquen (als die Statthalter einer 
postmodernenDominanzhierarchie) zu nichts anderem als Dissoziation und 
innerem Protest einerGesellschaft, die ihre Gewissheiten, ihre 
Vertrautheiten und damit ihren Halt verloren hat.
Soweitzum Thema Moral, weitab vom blutleeren Disput postmoderner 
Sophisten, welcher Kategorie denn Doppelmoral zugehörig sei.
Die Kenntnis einfachster Naturgesetzlichkeit reicht aus, um zu wissen, 
dass jeglicheKraft eine Gegenkraft verursacht, philosophisch eben der 
Inbegriff von Dialektik.
In unserer Zeitgehtes nicht mehr explizit um die Herrschaft der Gesetze 
sondern um die Herrschaft von Menschen über Menschen mit den Mitteln 
moderner Kommunikations-/Informationstechnik und den damit betriebenen 
Medien. Es bestehtalso wiederum Herrschaft über Menschen, gleichsam als 
eine vierte Macht der Gewaltenteilung. Als ein Instrument der 
Medienmachtwird gnadenlos im Sekundentakt das Unheil inaller Welt 
gesucht und dem Menschen„vor die Füße geworfen“ und dieses Unglückmal 
als als stereotypesKlischee drohenderWeltuntergangs-Szenarien, mal im 
Sinne eines„Weltrettungsethos“ erklärt.
Auf manipulative Weise, im geschickt boulevardesken Narrativ 
(Storytelling)oder gewissenloser Desinformation werden neben Emotionen 
auch niedere Instinkte wie Missgunst, Zynismus, Hass und Rassismus 
geweckt, werdendamit auf beiden Seiten der politischen Extreme 
Ressentiments geschürt und Feindbilder geschaffen. Wer (grundsätzlich) 
informiert sein will (und sei esnur bis zu gewissem Grade), kommt mit 
Nutzung moderner Medieninstrumentekaum nochumhin, diesem „News“- und 
Gesinnungsterror zu begegnen, sei esdurch herkömmliche Medien 
oderintermediäre Werkzeugedes Internets (Facebook, YouTube, Twitter etc.).
Medienmacht (und mit ihr die Macht über Menschen) stehtzunehmendfür die 
subtile, bisweilen perfide Art, die im Menschen naturgemäß angelegte 
Wissbegier und Neugier durch instrumentelle Aktualisierung von 
Ereignissen zu bedienen. Gezielt werden solcheVorfälleaufgegriffen, mit 
denen ein zu beförderndes Thema (meist politisch-ideologisierter 
Provenienz) auf die Tagesordnunggesetzt werden kann, hingegen andere 
(den Lebensalltag betreffend, durchaus bedeutsamere) Themenausgesondert 
und bestenfalls zweitrangigauf sie eingegangen wird.Diese Form von 
Machtausübung (dessen sich die Politik, sich desmachtpolitisch 
instrumentellen Charaktersder Medien bewusst, bedenkenlos bedient) 
verletzt das normative Ziel einer objektiven und unparteiischen 
Information der Bevölkerung.
Moderne IT-Medien sind also zur Instanz gesellschaftspolitischer 
Meinungsmanipulation und zum Vehikel ungehemmter Verbreitung solcher 
Meinungsmache geworden. In dieser Weisealso ausgeübte(Gewalt-)Herrschaft 
als Informationstyranneiund Gesinnungsdiktat einer 
politisch-ideologisierten Demagogie, gleich welcher Couleur.Die soziale 
Macht (in Summe der Einzelnen)bricht die des Einzelnen, er wird hilflos 
treibendesOpfer im Strudel von Propaganda und eines jeweils kollektiven 
Meinungsdiktats.
Würde man die psychologischen, soziologischen wie philosophischen 
Zusammenhänge nicht kennen, wollte man sich emotionsgeladen kurzerhand 
jeglichem Protest dagegen anschließen.
Hinsichtlich dieserScheltegilt aber auch:
„/Man verachtet gern und vornehm Propaganda und übersieht, wovon sie 
lebt: von einer Unterernährung an Wissen um die Vorgänge, zu denen man 
ja oder nein sagen muß“/[...] /Gegen die Faulheit des kritiklosen 
Für-wahr-Haltens schützt nur der beste Satz der Aufklärung, der Diderots 
letzter gewesen sein soll: 'Der erste Schritt zur Wahrheit ist der 
Zweifel.'“ (Marcuse)/
So trifft auchzu,wie esNathalie Sarraute (franz. Dichterin) ausdrückt: 
„/So widersinnig es auch klingen mag, der eigentlich Verantwortliche für 
die Wirkung einer Information ist nicht der, welcher informiert, sondern 
derjenige, der informiert wird.“/
Unvermeidbarpendelt das Selbstverständnis des Menschen und die sich 
jeweils daraus entwickelnde Gesellschaftsform zwischen den Polen von 
Subjekt und Objekt wie gleichermaßenvon Mythos und Aufklärung. Der 
Mensch treibt in jeglicher Gesellschaftsverfassung sein Wesen und 
Unwesen zugleich; Dialektik des Lebens könnte man es nennen. Aus dieser 
Dialektik heraus wirddas Drama derWelt befördert: Kalter, 
unbarmherzigerZweckrationalismusheute, der hergebrachte Denkmuster und 
Gesellschaftsformen einebnet, gleichermaßen aufklärerisch zertrümmert, 
wie es seinerzeit (allerdings unter gänzlich anderem Aspekt) dem 
„Alleszermalmer“ Kant zugeschriebenen wurde. Doch auch er appelliert an 
den Einzelnen:
/"Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist 
also der Wahlspruch der Aufklärung./
/Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der 
Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei 
gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig 
bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern 
aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. […]/
/Wenn denn nun gefragt wird: Leben wir jetzt in einem aufgeklärten 
Zeitalter? so ist die Antwort: Nein, aber wohl in einem Zeitalter der 
Aufklärung .“ //(Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung)./
Dialektik der Aufklärung als zwei Seiten einer Münze. Diese Sicht lässt 
an das begriffslogische Verhältnis von kritischem und aufklärendenDenken 
in Hegels dialektischer Grundstruktur des „übergreifenden Allgemeinen“ 
denken. DieIdentität jeweilsexistierenderGesellschaftsform ist umgrenzt 
vomAnderen, wobei das Andere als Mangel erkanntwird (/"Es muss anders 
werden!")/. Doch die Frage ist: Kann es anders werden? Kant gibt eine 
Antwort:
„/Durch eine Revolution wird vielleicht wohl ein Abfall von persönlichem 
Despotismus und gewinnsüchtiger oder herrschsüchtiger Bedrückung, aber 
niemals wahre Reform der Denkungsart zustande kommen; sondern //neue 
Vorurteile werden, ebensowohl als die alten, zum Leitbande des 
gedankenlosen großen Haufens dienen.“ (Kant)/
Dieses Zitat verdeutlicht, wie wenig sich die Wesenheit des Menschen im 
Allgemeinen ändert (wenn überhaupt) und führt zum unabwendbaren Schluss, 
dass es für die Menschheit kein (endgültig) aufgeklärtes Zeitalter geben 
kann. Was bleibt also von der Idee der Aufklärung als Erkenntnis zur 
Bewältigung heutiger Lebens- und Weltkrisen?
Trotz ihrem bedrängenden Lamento vom „schlechten Bestehenden“ 
hieltenHorkheimer/Adorno ein „anders werden“ unter derBedingung für 
möglich, durch Reflektionauf das Verdrängte („/Nachdenken über 
Aufklärung“)/und Versöhnung mit der inneren und äußeren Natur die 
Aufklärung schließlich zu vollenden. Das entsprichtehereiner 
psychoanalytisch-soziologischen Auslegungihresrationalistisch verkürzten 
Aufklärungsbegriffs. Das historische Phänomen einer weitestgehend 
gelungenen Aufklärung mit ihren bedeutsamenphilosophischen Elementen und 
gesellschaftlichen Veränderungenwirdvon den Autoren nicht 
erschöpfenderfasst, was jedoch der spezifischen Gültigkeit und Bedeutung 
von „Dialektik der Aufklärung“in Art einer radikalen Gesellschaftskritik 
keinen Abbruch tut.
Sobleibtdie Einsicht um die Notwendigkeit beständigenRingens 
einesjedenEinzelnen um die Lebenskunst des „amor fati“, bei der uns die 
Philosophie doch auch Handreichung geben kann für „richtiges“ Handeln: 
*/"Facere docet philosophia, non dicere."/*
Die Vernunft der Moderne (ihren Ausgang nehmend imLogos der griechischen 
Philosophie) führtezurÜberwindung von Angst und Ohnmacht vor den 
Mächteneiner unbändigenNatur und damitzur Abkehr vom Mythos, als 
seinerseits erste Form und Instrument (Mimesis)im Umgang mit diesen. Die 
mit der Aufklärung einher gegangene Entwicklung des sich selbst bewusst 
werdenden, rationalen Individuums bewirkte jedoch die Verdrängung bzw. 
Verleugnung der intrinsisch im Menschen angelegten Naturverhaftung und 
birgtdamit das latenteRisiko zur gewaltsamen (letztlich 
unausweichlichen) Wiederkehr des Verdrängten.BeständigerWechsel an 
derGrenze zum jeweils Anderen. Im Zyklus dieserewigen Wiederkehr 
offenbart sich der„/metaphysische Durst“ des Menschen „nach dem 
‚Ontischen‘ und dem Statischen“ (Eliade), /denn in Wirklichkeit ist das 
den Menschen prägende Vergangene immer schon da: in allen Formen 
gemeinschaftlichenLebens, von der Wiege bis zum Grab; wo wir immer auf‘s 
Neue beginnen, ist niemals der Anfang. Ohne Herkunft - das Alte - , ist 
Zukunft - als das Neue - gar nicht erkennbar, geschweige denn zu 
meistern. Zuletzt bleibt aber dochdie hoffnungsvolle Frage, ob und 
inwiefern dieser Kreislauf im Sinne der Menschheitsentwicklung 
durchbrochen werden könnte.
Gibt Simmel die entscheidende Antwort? „/Die endlose Wiederholung 
unseres Verhaltens werde zum Kriterium, an dem uns dessen Wert oder 
Unwert zu Bewusstsein kommen solle“/
Oder Nietzsche?: /"Wir aber wollen Die werden, die wir sind, - die 
Neuen, die Einmaligen, die Unvergleichbaren, die 
Sich-selber-Gesetzgebenden, die Sich-selber-Schaffenden! Und dazu müssen 
wir die besten Lerner und Entdecker alles Gesetzlichen und Nothwendigen 
in der Welt werden: wir müssen Physiker sein, um, in jenem Sinne, 
Schöpfer sein zu können, - während bis her alle Werthschätzungen und 
Ideale auf Unkenntniss der Physik oder im Widerspruch mit ihr aufgebaut 
waren. Und darum: Hoch die Physik!"/
Oder findet sich eine Antwort in Hesses Romanen. Pflichtlektüre jener 
subkulturell-bohemehaften Hippiebewegung, erstanden hierzulande im 
Gefolge der 68er politischen Fundamentalopposition und 
gesellschaftlichen Verweigerungshaltung derNachkriegsjahrzehnte, mit der 
Forderung nach Spontaneität und Selbstentfaltung, den Song „Summer of 
Love“ in den Herzen.
Ich habe Hesse auch mit Hingabe gelesen, die Hintergründe dieser 
Literatur mehr ahnend, als verstehend. Selbstentfalten musste ich mich 
derzeit als Technikstudent auf andere (sehr real nüchterne) Weise. Doch 
Hesses dialektische Gegenüberstellung von geistigem und profanen Leben, 
von Sinnlichkeit und Ratio zog mich in seinen Bann.
Nichts abgewinnen konnte ich der brutalen Seite einer Auflehnung (in Art 
militant agitatorischgeführter Sprache und Repression vs Andersdenkender 
seitens SDS u.a.) gegen Herrschaftsformen dieser Zeit; zudem der 
Auffassung, (Gesellschafts-)Politik zurGlaubenssache erklären zu müssen, 
was meine Abneigung gegen die bis heutein diesen Kreisen vorherrschende 
Gesinnungsethik erklärt.Das lässt sich natürlich mit der 
Depersonalisierung eben der Herrschaft der Gesetze erklären, die ein 
erhebliches Potential zur Verschiebung von Verantwortung in sich trägt, 
wie es das politische System jener Ära perfektioniert hat und bis heute 
betreibt.
Dieser Aspekt führt nun wieder zu den Fragen von Ethik-Theorien, etwa 
dem Gegensatz von Gesinnungs- und Verantwortungsethik (Max Weber), die 
es sicherlich hier zu diskutieren lohnt.
Bester Gruß in die Runde!
Karl
PS: Meine Einlassung zum Thema: wiederum viel zu länglich! Zur Kürze 
fehlte die Zeit resp. die Befähigung dazu (Das Hirn vertrocknet - bei 
dieser Hitze). Wer es lesen will, sollte das gelegentlich in Muße tun, 
ggf. darauf antworten - ansonsten schlichtweg löschen