Am 12.01.2021 um 16:43 schrieb Karl Janssen:
Um es kurz zu halten, Waldemar: irgendwie werde ich
den Eindruck nicht
los, dass Du ziemlich gegen alles ein Argument bereithältst, was diese
Welt (als Ganzes) ausmacht, was sie eben an (Lebens-)Fülle bietet und
generell mit ihrer Potentialität für uns Menschen Voraussetzung ist zu
kreativem Schaffen und Erleben.
lieber karl,
es gibt halt allzu vieles, das aus der sicht eines fast "radikalen
konstruktivisten" wie mir an konventionellen vorstellungen und gedanken
zu kritisieren ist = vom kopf auf die füße zu stellen ist, zb die
unendlich zahlreichen platonischen ideen und vorstellungen, die sich
seit fast 2000 jahren in unser denken eingeschlichen haben, sich mit dem
denken förmlich legiert haben, und unbemerkt nicht nur immer weiter
transportiert werden, sondern sogar zu ganzen feuerwerken von immer
wieder neuen irrtümern führen, wie eben "das ding an sich + emergenzen
darauf", oder die nicht ausrottbare idee, es gäbe "dinge an sich", und
eigenschaften der dinge, die letztlich geheimnisvoll auf sie aufgeklebt
oder ihnen eingepägt seien.
wobei mir bewusst ist, dass ich gegen windmühlen kämpfe, aber wenn ich
nur den einen oder anderen zum neu-nachdenken, zum überdenken dieser
geschichten bringe, habe ich schon etwas gewonnen ...
Irgendwie glaube ich, Du weisst gar nicht, was
Emergenz bedeutet (denn vor einiger Zeit hatten wir hier schon mal das Thema und ich war
erstaunt über Deine diesbezügliche Definition).
Was ich ebenso kaum verstehen will, sind Deine sprunghaften (wenngleich seltenen)
Perspektivwechsel. Hier wetterst Du gegen den Quatsch von Emergenz etc. und im vorherigen
Beitrag schreibst Du über „ die schönheit dieser fantastischen welt in all ihren
gestaltungen, die ich nur kurz bewusst mitzuerleben den luxus habe,...“
Was anderes als ein emergentes Geschehen ist denn Schönheit, Wohlempfinden usf.?
für mich sind das simple hirnfunktionen-komplexe aus der basis
evolutionärer vorprägungen = auch ich bin NUR ein tier !
Wiederum zeigt sich hier, dass man ein einem Begriff
festklebt (um Dein Klebebeispiel zu bemühen:-)), hier also Emergenz, der in vielen
wissenschaftlichen Disziplinen zunächst immer für eine Art von Fulguration steht, im
Detail jedoch dementsprechend differenziert
verwendet wird.
ja, "fulguration" finde ich noch besser als "emergenz", weils noch
unergründlicher klingt, und damit komplizierter-geheimnisvoller ...
für mich bleibt die erkenntnis, dass man sich auch im denken auf die
nase legen kann, wie ein spaziergänger auf glatteis,
denn für mich fällt das alles zusammen auf den simplen begriff
"semantischer abstand", den ich als pendant zum "syntaktischen
abstand"
verwende, wobei beides zusammen nicht wirklich schlüssig zusammenpassen
will, weil es in der scholastik die diskussion um nominalismus versus
universalismus gab, und man sich zwar am ende auf nominalismus "als
richtige weltauffassung" geeinigt hat, uns das aber seit modern ca 150
jahren zunehmend mehr ein äußerst unbekömmliches erbe wird ...
zb wirken ww nur auf eigenschaften = semantiken, demnach müsste ich mich
eigentlich der unversalismus-fraktion zuwenden, aber ohne in die
unsäglichen fehler der alten zurückzufallen,
und ohne in die inversionsfalle zwischen magischem und rationalem
welterleben zu gehen, die daraus besteht, dass im magischen welterleben
auch syntaxen als semantiken betrachtet wurden und werden (zb zauberei),
meine bis-jetzige lösung zum letzteren: syntaxen sind semantikensummen,
zb "dinge" = summen{eigenschaften}, und ww wirken auf diese
eigenschaftensummen alternierend oder komplett vernichtend oder sie
erzeugend, wobei mir in welt nur modifikationen/alternierungen der
eigenschaftensummen bekannt sind, und nicht ad-hoc neuerschaffungen oder
komplettvernichtungen, deshalb ist zb auch alles "vergänglich", weil
schon eine einzige ww auf ein "ding" eine neues "ding" anstelle des
vorhergehenden schafft, und ww finden im planckzeit-takt statt, und
dazwischen, also unterhalb von 10 hoch minus (-44) sec, ist nichts,
tatsächlich nichts, sodass aus jedem "ding" in dieser welt im
planckzeit-takt neue nachfolge"dinge" generiert werden,
sodass diese welt und ihre inhalte mit der methode "beschreibung =
nacherzählung" tatsächlich nicht gültig zu packen ist = wir denken und
reden immer nur in form illusionärer verkennungen von vergangenem, wie
sternegucker, deren objekte des interesses schon jahrmillionen und
jahrmilliarden vergangen sind, ehe ihr licht überhaupt ins fernrohr fällt.
wir sind unglaublich armselige würstchen vor einer welt, die zu jedem
zeitpunkt nur immer aus feuerwerken von neuentstandenem besteht, das im
augenblick seines entstehens schon wieder untergeht um durch völlig
neues ersetzt zu werden ...
ich steige nie zweimal in denselben fluß? nein, es ist viel "schlimmer":
ich bin teil des flusses, lebenslang, und vor dem leben, und danach
immer noch (in form meiner zukünftigen und ehemaligen bestandteile), und
im leben ist mir das bewusst nur aufgrund meiner letztlich
immunologischen selbstreferenzen = weniger als ein fliegenschiss in der
unendlichkeit ...
Insofern der Emergenzbegriff für Dich Quatsch ist (Du
also gar nicht mehr darüber reden willst), wäre es für mich interessant von Dir zu hören,
ob Du überhaupt jemals ein Gespür für eine Art von Bindung zweier oder mehrerer Elemente
(durchaus auch zwischen Menschen mit sehr unterschiedlichem Charakter) entwickelt hast,
aus der sich
selbstorganisiertes Entstehen einer „Gemeinsamkeit“ (als Interaktionsmuster - z.B.
Goffman: „wir alle spielen Theater“ ; Ritual, Lobhudelei, Schleimerei oder aber auch eine
konstruktive freundschaftliche Beziehung) entwickelt.
Als Beispiel von Menschen, die sich aus unterschiedlichsten Positionen heraus zu einem
gemeinschaftlichen, interaktiven Handeln zusammenfinden, bieten wir beide das beste
Beispiel hier. Definitiv mit (bisweilen diametral) entgegengesetztem Weltbild
diskutierend, bilden wir für Außenstehende (hier also Mitlesende) dennoch eine
„Gesamtheit“, die man hinsichtlich des zwischen uns spezifisch entwickelten
Interaktionsmusters so wahrnimmt (leger ausgedrückt): „ach schon wieder Karl und Waldemar
- Immer der gleiche Disput- die gleiche Leier - kennt man doch zur Genüge“ (darum müssen
wir uns über fehlende Resonanz aus dem philweb nicht wundern - so nebenbei).
Das ist mein Beispiel für Emergenz aus dem Bereich von Psychologie/Soziologie.
das "menschliche" und intermenschliche ist für mich nicht von interesse,
oder nur insofern, als mensch auch zur natur als ein tier unter vielen
gehört.
mich interessiert im grunde nur wie die natur funktioniert, denn darin,
in diesem großen buch, ist alles eingebettet und aufgeschrieben, und da
gehört gerade menschliches eher zu den dysfunktionalen teilen, als
beispiel nämlich dafür, wie sich eine ehemals neue lebewesenart durch
betrug und selbstbetrug wieder aus der weiteren evolution hinaus-kickt =
selbst entfernt,
zumal ich weiß, dass wir nur noch ca 400 millionen jahre zeit haben, ehe
die sonne selbst "nein" sagen wird zu allem, was auf erden so abgeht,
nur noch 1/10 der gesamtzeit also ...,
und die menschheit wird in diesem noch-zeitfenster nur durch
riesenglückszufälle die nächsten jahr -zehntausende oder gar
-hunderttausende überleben, vom heutigen zustand auf die zukunft
interpolierend, selbst das fast unmöglich
Als quasi naturwissenschaftliches Beispiel hatte ich
Tegmark zitiert: das Wissen, in der Badewanne von unzähligen H2O-Molekülen umgeben zu
sein, wird Dir nicht das angenehme Empfinden des emergenten Phänomens wohltuender Nässe
vermitteln.
So will ich einfach nicht verstehen, warum Du gegen Emergenz wetterst!
Und es wäre hier weiterführend zu erfahren, ob Du überhaupt eine Vorstellung davon hast.
(1)
bin ich in der badewanne garnicht von H2O molekülen umgeben, sondern als
eingetauchter fremdkörper von elektronischen ladungswolken (an die
atomkerne komme ich garnicht heran), auf die meine hautoberfläche und
mein körper samt hirnen reagiert und sich in ebenfalls elektronische
balancen setzt, und dann ist eine vielzahl von gerade H2O molekülen
zusammen eher eine verblüffend zähe suppe (die dinger kleben zusammen
wie sau), als eine einfache vielzahl (wasserstoff-brücken bindungen usw),
in einer badewanne mit wasser sitze ich also in einer reichlich
sirupösen pampe, deshalb dusche ich lieber, weil dabei auch das
elektronische feuerwerk zerstäubenden wassers sehr fasziniert = ein zwar
kleines, aber echtes gewitter über meinem kopf,
auch zb hier:
https://www.mpg.de/8257697/wasser_ladung_mineralien_oberflaeche
auch interessant
https://www.spektrum.de/news/reibung-des-wassers-erzeugt-strom-aus-meereswe…
oder dieses
https://www.junge-wissenschaft.ptb.de/fileadmin/paper/bis_2017/pdf/juwi-102…
(ja, wasser ist die vielleicht bekannteste weitgehend unbekannteste
substanz, auch und gerade bei der informbringung anderer moleküle,
etwa eiweisse - hirn- denken können usw, man kann das halbe eiweisshirn
verlieren, und noch leben und funktionieren,
verlieren wir aber nur ein paar prozent wasser dauerhaft, sind wir tot ...,
aus einen esslöffel simplen wassers könnte man einen computer bauen, der
mehr kapazität hätte, als alle weltweit heutigen computer zusammen,
und es ist durchaus eine berechtigte frage, ob die hirneiweisse durch
wasser, das sie in funktioneller form hält, zum denken usw befähigt werden,
oder ob umgekehrt die hirneiweisse nur dazu dienen, das sie umgebende
wasser so zu formieren, dass es denken usw kann,
dann wären alle unsere machungen emanationen, die an sich simplem wasser
entsteigen = natürlich dann super-"emergenz", hihi)
(2)
verwenden du + tegmark den begriff "emergenz" fast typischweise (wie
heute fast allenthalben) in sehr erweiterter, oder genauer gesagt:
ungültiger, form, denn lt. def ist "emergenz" natürlich auf bestimmte
phänomene-gruppen eingeschränkt, sonst könnte man alles, insbesondere
unverstandenes, als "emergent" bezeichnen, zb das leben der quanten
nicht mehr erforschen müssen, sondern mit "es ist halt emergent" ad acta
legen ..., auch den bigbang uns seine folgen könnte man vergessen und
den zustand des kosmos heute einfach als "emergent" nennen => anderer
ausdruck dann für "ist halt alles so, wie es ist und basta"
"emergent" wird immer gerne hervorgeholt wenn
- wir etwas im prinzip wissbares noch nicht wissen
- als überflüssiger ausdruck für semantischen abstand
- von leuten, denen es an wissen mangelt, zur erklärung des ganzen welt,
alles möglichen
(3)
die von dir geschilderte vorstellung/ das gefühl/ von "wohltuender
nässe" erschließt sich mir nicht, da ich nässe immer als im grunde "bah,
pfui deibel" und "ich will hier weg/raus" erlebe,
und daher selbst duschen auf die mindestdauer beschränke (schnell rein,
und noch schneller wieder raus) => wasser dorthin, wo es hingehört, zb
in meinen kaffeepott unmengen ...
ich grüße jedenfalls Dich und die runde,
wh. (kontemplativer schöngeist mit aussetzern halt)
--
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