Am 14.01.2021 um 10:34 schrieb waldemar_hammel:
lieber karl,
du hast mich bezgl "emergenz" scheinbar immer noch nicht richtig
verstanden ...
(möglicherweise ein beispiel dafür, wie eingeschränkt und damit
fehleranfällig doch die kommunikation über email = pures schreiben ist?)
Ja das mag (oder besser) wird auch so sein! Dennoch scheint mir Dein
hier gegebenes Beispiel (das Du ja schon einmal hier gebracht hast)
geeignet, noch einmal meine Auffassung von Emergenz zu verdeutlichen
(i.W. natürlich schon in meinen letzten Beiträgen ausgeführt -
unabhängig selbstverständlich davon, ob diese tatsächlich den Kern der
Sache trifft).
ich erklärs nochmal einfacher:
nimm ein ding A,
nach emergenz-erscheinungen an diesem A hast du A',
und du interpretierst das als
"A mit emergenzen" = A'
Nein, das eben genau nicht! Denn was soll ein "ding A" sein, was
repräsentiert es?
Steht es für ein (Elementar-)Teilchen, also ggf. den Teil eines Ganzen
(gem. Deinem Prozedere des bottom-up from Planck-Length), so kann es im
Sinne des (von mir so verstandenen) Emergenz-Begriffs nicht schon mit
"emergenzen" behaftet sein, also mit Eigenschaften versehen, die
lediglich ein Ganzes zeigt, dessen Summeneigenschaft (aus seinen
Einzelheiten) sich noch nicht (schwache Emergenz) oder eben als
prinzipiell nicht erklärbar angenommen (starke Emergenz) aufscheint.
Steht dieses "ding A" bereits für ein Ganzes, dann trifft für meine
Begriffe exakt Deine Darstellung "A mit emergenzen" = A' zu, wobei A'
für das hier bereits in Beispielen gezeigte (unerwartet, bzw. nicht
erklärbare) Neue oder eben das Andere steht.
Ohne mich nun in die Dimension von Planck-Längen verstricken zu wollen,
glaube ich zu erkennen, dass Dein unten gegebenes "praktische Beispiel"
vom verschobenen Apfel (dieser als eben ein Ganzes!) genau den Prozess
von Emergenz zeigt. Also springe ich mal dort hin ....
ich hingegen argumentiere aus ww-gründen folgendermaßen:
weil dinge in wahrheit nur eigenschaftensummen sind,
führt die veränderung auch einer einzigen eigenschaft in dieser summe,
oder die vernichtung einer eigenschaft in dieser summe,
oder die erzeugung einer neuen eigenschaft in dieser summe,
zur erzeugung einer völlig neuen eigenschaften-gesamtsumme,
sodass aus dem anfänglichen ding A nicht "ein ding A mit
emergenz-erscheinungen daran" entstanden ist,
sondern ein völlig neues ding B,
und den "abstand"zwischen A und B nenne ich "semantischen abstand"
und kann ihn (zb in planckzeiten) sogar quantifizieren
dass A und B einander noch so ähnlich sein können, wie oben A und A',
spielt dabei deshalb keine rolle,
weil selbst nur geringfügig unterschiedliche eigenschaftensummen eben
unterschiedliche dinge sind/ repräsentieren
deshalb ist "emergenz"/ sind emergenzerscheinungen in meinem bild
prinzipiell unmöglich,
bzw "emergenz" ist nur ein verzichtbarer (neumodischer) ausdruck für
"semantischen abstand"
im sonderfall der untereinander ähnlichkeit von dingen
und wie natura von dingen zu neuen dingen gelangt, erkärt obiges
ebenfalls:
indem nämlich per wechselwirkungen auf eigenschaftensummen diese
alterniert/modifiziert werden,
sodass neue eigenschaftensummen aus den alten entstehen, und damit
-sprachlich- neue "dinge" aus alten
---
das einzig verblüffende/ schwer vorstellbare/ daran dürfte sein, dass
ww's im plancktakt "zuschlagen",
in jeweils 10 hoch (-44) sekunden, und dass auf jedem objekt eine
unmenge von ww's gleichzeitig zugreifen,
auf einem meter länge/sec leeren raumes zb ~ 10 hoch 79 ww's = eine
unvorstellbar große zahl,
und dass es unterhalb von 10 hoch (-44) sec keine "existenz" von
irgendwas gibt,
auch dies, an sich oder für den alltag, völlig unvorstellbar, aber so
isses, das ist die realität.
---
praktisches beispiel:
ich verschiebe im gedankenexperiment einen apfel um nur eine
planck-länge (10 hoch (-35) meter) von a nach b,
dann habe ich in b nicht etwa "denselben apfel, nur um eine
plancklänge verschoben",
sondern der apfel in b ist ein völlig neues objekt,
weil in der eigenschaftensumme, die das rein-sprachliche konstrukt
"apfel" ausdrückt,
die eigenraumzeit verändert wurde
(zu beachten dabei: es gibt - im konservativen bild - keine
raum-translationen ohne gleichzeitige zeit-translationen,
das ist sehr wichtig, zb bei erörterung von "nicht-lokalitäts
erscheinungen")
Auch ohne Betrachtung von Lokalität bzw. Nicht-Lokalität ist aus dem
Gedankenexperiment (und eigentlich nur damit) sofort erkennbar, dass der
Apfel nach Verschiebung ein Anderer sein wird, eben qua Ortsveränderung,
die selbst im Minimum denkbarer Distanz eine ebenso minimalste
Eigenschaftsänderung von A mit sich bringt, also A zu A' wird.
Diese pure, auf Mikroebene reduzierte "Logik" dürfte den Wort- bzw.
Begriffsschöpfern von EMERGENZ nicht zugänglich gewesen sein (und Lorenz
mit seiner "Fulguration" schon gar nicht). Warum nicht?
Weil sie (diese Art Logik) für die Alltagswelt schlicht keine Rolle
spielt. Selbst mit dem heutigen Leistungspotential von Superrechnern
(z.B. Computercluster) gestützte Konstruktionen, werden immer noch (wie
wir früher sagten) "Dreckeffekte" im Rauschen untergehen lassen, d.h.
den hintersten "Schwanz" von (wie komplex auch immer gearteten
Differentialgleichungsscharen) einfach abschneiden. Das ist brutale
Ingenieursmathematik (numerisch) aber für praktikable, also handhabbare
Konstruktion sehr dienlich (eben unserer Lebenswelt zuträglich).
Hat man nicht auch (auf prominenter Ebene) eine (immer noch)
unerklärbare Konstante zu Null gesetzt? (s. PS)
---
das obige sind einerseits nur "feinheiten", die im alltag keine rolle
spielen mögen,
dito.
aber andererseits natur-tatsachen, die je nachdem auch
in alltagen zu
beachten sind,
um zu richtigen schlüssen zu gelangen, statt "gespenstereien"
nachzuhängen,
In welchen Alltagen (oder einfach: in welcher Alltagswelt) sollte man
das Lebensumfeld auf Planck-Längen (und selbst Summen davon) reduzieren?
und dadurch in ergebnislos bleibende hypersemiosen auf
solche
gespensterereien zu verfallen,
wie es bei "emergenz" der fall ist: wieso?, wie funktioniert das?,
geheimnisvolles eigenleben der dinge? usw
Also mit Verlaub, Waldemar!
Da würde ich eher die Reduktion des Alltagsgeschehens (natürlich
einschließlich unserer emotionalen Empfindungen - gleich ob sie uns
erheitern oder niederdrücken) auf eine definitiv nicht vorstellbare
Größenordnung des absoluten Minimums als "Gespensterei" ansehen.
Bleiben wir für einen Moment (brutal) lebenspraktisch: Schau Dir eine
Abspülbürste aus Deiner Küche unter dem Mikroskop an - Du wirst Dir
vermutlich niemals eine neue kaufen!
Und ich bleibe gerne bei Goethe (sinngemäß): Schaue dir keinen
Rosenstrauch aus der Nähe an, du wirst von Läusen zerfressene Blätter
wahrnehmen; der erhabene, dich mit Glück erfüllende Blick darauf ist nur
aus angemessener Distanz möglich.
Es ist und bleibt Goethes "gütiger Schleier der Natur", der uns diese
Lebenswelt schön erscheinen und überhaupt erleben lässt (und sei es
tausendfach nur Illusion!).
Warum sollte man (selbst) die Welt in kleinste Teilchen stückeln, damit
ihre da und dort definitiv aufscheinende! Schönheit in unansehnliche
Fetzen reißen?
Reicht nicht schon hinlänglich der von Menschen verursachte Schaden an
Welt und ihrer "Seele" und damit auch an unserer?
Zurecht hat Zeuss den Prometheus (den Bringer der Techne) an den Felsen
schmieden lassen, möchte man sagen. Aber ausgerechnet der (hier
gepriesene) Herakles hat ihn von den Qualen befreit. Was sagt uns dieser
Mythos?
Und: wer wird uns befreien?
Wir selbst können es nicht, wenn wir die großartigen Möglichkeiten (im
Sinne des potentia ad actum), aber auch diesen immer wieder für
Bruchteile aufscheinenden KAIROS außer Acht lassen; zudem auch noch die
Welt zerstückeln sollten anstatt sie aufzubauen und damit zum Erblühen
bringen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: Die kosmologische Konstante wird mittlerweile als zeitlich konstante
Energiedichte des Vakuums angenommen (sofern ich das richtig interpretiere).