Am 29.09.22 um 14:41 schrieb waldemar_hammel über PhilWeb einiges. Weil
Karl der Beantwortung seiner Fragen auswich, versuche ich den Anfang zu
machen, obwohl ich nicht verspreche, tiefgehend auf die Fragen zu
antworten. Denn hierzu bedarf es vieler Mühen.
lieber karl,
großen dank für dein unten deshalb
nochmals mitgeschicktes traktat zum
wahrheits-begriff,
das eine deinerseits erstaunliche (philosophische) expertise aufweist,
gut geschrieben.bei mir gerade deshalb aber genau mehr neue fragen
evoziert als beantwortet
nicht nur dir!
1) zb der schon besprochene "platonismus"
des "wahrheits"begriffes
(und folglich die "leere" solcher
begriffe, die mit hypersemiosen als
platzhaltern gefüllt wird),
Obwohl die Beendigung der Ursachen mit den platonischen Ideen zu
erreichen sei, hat das direkt nichts mit Wahrheit zu tun, seine
Wahrheitssuche hat damit zu tun. Bedenke, dass auch Anführungszeichen
nicht unbedingt eine Distanz zum Inhalt zwischen den Anführungszeichen
herstellen. Genauso können auch "hypersemione" und Platzhalter z.B. von
mir in Anführungszeichen gesetzt werden. Damit hätte ich sicher nicht
gedient, weder dir noch mir.
und dass auch "wahrheiten" stets
"spektral" sind = "unscharf"
ebenso. Du bringst mit diesen Wörtern neue Fragwürdigkeiten hinzu.
Sicher weißt du genau was du meinst, aber nicht jeder kommt bis an
dieses Denken heran.
2) die frage, wie und ob sprachliche/gedankliche
"aussagen" überhaupt
mit fakten/realitäten korrespondieren können/sollen
= was ist der
"junktor", der adapter dabei
aussage x' <=> junktor <=> faktum x,
oder ist die tatsache der setzung, dass aussage x' sich auf fakt x
beziehen soll, selbst der junktor?
aussage x' <=> junktor = "soll sich beziehen auf" <=> faktum x
was dann aber ebenfalls wieder einen wust von fragen aufwirft
Diese Frage ist sehr gut, sie verdient eine genaue Zuwendung. Das hast
du ganz gut gefragt. Das was du Junktor nennst, kann auch anders genannt
werden, das spielt keine Rolle. Er fehlt. Nur ist er schon mit der
Sprache ausgeschlossen, denn die Person sieht sich über der Welt wie ein
Geist, und spricht dann "Wahres" über die Welt. Wie kommt der Geist an
die Sache oder an die Sache heran? Ohne von ihr angestoßen zu werden?
Ohne Kausalität? Wenn du von Geist und Sache ausgehst, fehlt der
Junktor. Wenn du aber von Ursache und Wirkung ausgehst, bedarf es keines
Junktors. Ich verstehe nicht einmal, wie du nach einem Junktor fragen
kannst, denn du glaubst ja nicht an Geister. Merkst du, dass du in eine
Falle geraten bist? Hiermit gebe ich nur einen kleinen Anstoß. Entweder
man geht von Kausalität aus, oder man schließt sie zwischen Erkennenden
und Sachen aus.
3) schwerwiegend: fehlt der tatsächlich geführte beweis/nachweis, dass
es überhaupt (objektive) fakten gibt, auf die sich aussagen beziehen
könnten, denn alles, was wir haben,
sind nur "hirngemachte fakten", die wir mit einer diesem hirngemachten
zugrunde liegenden und hirngemachtes auslösenden nur vermuteten
wirklichen wirklichkeit im optimalen fall
1:1 analogisieren (wir sind "meister" darin auf teufelkommraus zu
analogisieren, analogien zu bilden, auch wenn sie ("in der sache")
noch so falsch sein mögen)
ich <=> meine hirngemachten fakten <=> vermutete objektive fakten als
auslöser der hirnerzeugten fakten,
für diese "objektiven fakten" fehlt aber, und liegt natürlich in der
natur der sache, jeder nachweis ==>
(ich nenne das den "titanic-denkfehler", denn über wasser
hirngemachter kleiner eisberg, als auslöser dieses hirnerzeugten aber
unter wasser ein riesenteil, oder, in anderen fällen,
eben kaum was, oder sogar garnichts greifbares, wie zb bei früheren
sog "seeungeheuern")
Das alles ist denkbar so, nur es bleibt Fiktion, wie auch Claus in der
Mail zu erkennen gab. Auch hier hantierst du mit Kausalität, obwohl du
sie von außen nach innen zur Person ausschließen willst. Und zwar schon
mit dem Wort "auslösenden", denn was ist "auslösen" anders als eine
Form
von Kausalität. Du sprichst damit von einer Kausalität, die innen
vorliegt. Wenn schon innen, warum sollten die externen Sachen nicht nach
innen wirken? Etwa über die Augen. Dieser Solipsismus ist korrekt
denkbar, aber ohne Wörter und Sätze, welche Kausalität implizit
voraussetzen, kann Solipsismus niemandem verständlich gemacht werden,
und schon gar nicht erklärt werden. Es sei denn er wird beim Erklärenden
schon als Mystizismus angenommen, und dann ist er nur mit Sprachkunst,
Poesie oder mit Beeinflussung und Rhetorik vermittelbar, wie so viele
Systeme mit Wörtern, Sätzen, Texten. Solipsismus ist vielleicht mit
einem ähnlichen Problem behaftet, das diejenigen haben müssten, die
gerne einen Schöpfer der Erde denken, aber keine Antwort auf die Frage
geben können, wer denn den Schöpfer geschöpft hat. Denn auch ein
Schöpfer der Erde ist denkbar. Egal ob als Mann oder Frau mit einem
Werkzeug, oder als Geist. Noch eine Analogie: Es gibt viele Arten
Solipsismen, die allesamt denkbar sind. Solipsismus wäre in etwa das,
was die Person denken kann, soll oder muss, wenn sie ein bestimmtes
System von Wörtern, Sätzen, Texten vorgelegt bekommt. Diese Systeme
kommen jedoch nicht mit der Minimalbedingung Umgangssprache aus. Auch
jede Art Mystik braucht diese Minimalbedingung, anderenfalls ist sie
nicht vermittelbar.
Genug geschwafelt sage mir selbst mal hier, sonst erscheint der
hypostasierte Gelangweilte.
Trotzdem zurück kommend auf:
schwerwiegend: fehlt der tatsächlich geführte
beweis/nachweis, dass es
überhaupt (objektive) fakten gibt,
Wenn dieser Nachweis verlangt wird, dann nur über den unendlichen
Regress: Wer weist denn denjenigen nach, der spricht, dass es
(objektive) fakten gibt usw.
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letztlich ist es doch so:
wie belegen unser eigenes hirn-erleben mit sprache, und analogisieren
anschließend, das gesprochene bezöge sich auf "wirkliche wirklichkeit"
außerhalb unseres kopfes,
für die uns in der sache jeder nachweis sachbedingt fehlen muss - auch
dass die hirnerzeugte wirklichkeit mit einer "wirklichen wirklichkeit"
aus überlebenstechnischen gründen
"irgendwie" korrespondiert, ist kein beweis fürs gegenteil, wie zb
unser farberleben des lichtes im "anschauungshirnteil", bei
farblosigkeit elekromagnetischer strahlung im anderen
hirnteil (sagen wir "dem physikalischen") ausweist = em-strahlung ist
farbig, ist farblos, ist noch viele andere farbe-betreffende
sachverhalte (zb falschfarbenfotographie) =
die "wahrheit" über em-strahlung ist genauso "spektral" als wahrheit,
wie em-strahlung selbst als strahlung spektral ist, und ich kann mir,
je nach absicht oder gelegenheit beliebiges
aus dem spekrum der wahrheiten über em-strahlung heraussuchen = was
bedeutet, auch "die wahrheit" steht irgendwo im "dunstkreis"
hypersemiose.
Das mag bei dir ein völlig klares, korrektes und wahres Denken sein, nur
wer spricht diese Sprache mit dir? Viel Wahres mag auch für mich
Externem manchmal darin erkennbar sein, aber ein Teil bleibt für mich
Mystik. Und um Gottes willen, ich will deinen Kopf oder deine Hirnteile
wirklich nicht zerlegen, weder spektral, noch psychoanalytisch, noch mit
elektromagnetischer Strahlung. Dies so daher gesagt wie der bekannte
Witz: "Ich glaube nicht an Gott, Gott sei dank."
Zum Thema Wahrheit kann ich nur zurück verweisen auf das, was ich in
anderen Mails geschrieben habe, auf das nicht eingegangen wurde.
Zumindest bin ich hier auf deine Mail eingegangen.
JH