Hallo Waldemar,
folgendes ist auf "per Sie" Basis geschrieben:)
also lass uns die Klingen kreuzen, auf das Schall und Rauch diese
heiligen Hallen
hier in ihren Grundfesten erschüttern - und dem Ereignis geschuldet, gar
mächtige Staubwolken durch wald und flur wogen mögen..
Sehr geehrter Herr Hammel,
Ihre Antwort auf die metaphysische Interpretation des WTC7-Ereignisses
stellt, wie so oft in den postmodernen Diskursen, die Grenze des
Denkbaren und Erfassbaren in den Vordergrund. Sie schlagen vor, dass
WTC7 als metaphysisches Ereignis verstanden werden sollte, als ein
/Einbruch der Metaphysik in die "schlichte Realität"/ – ein
faszinierendes, wenn auch unscharf formuliertes Konzept, das in seiner
Banalität und gleichzeitigen Komplexität weit über das hinausgeht, was
durch "philosophische Höhlenbewohner" (um Ihre Formulierung
aufzugreifen) als sinnvoll erachtet wird.
Die Art, wie Sie metaphysische Ereignisse mit pragmatischen
Herausforderungen der "realen Welt" (und ich setze „real“ hier in
Anführungszeichen) verweben, ruft unweigerlich die Frage auf, ob wir uns
hier nicht eher in einem postmodernen Morast befinden – einer
postapokalyptischen Wüste der Wahrheit, in der jede Deutung zur
Metaphysik und jede Metaphysik zur wackeligen, spröden Wahrheit wird.
1. *Der epistemologische Schlagloch-Fall:*
Was mich an Ihrem Ansatz stört, ist die unreflektierte Akzeptanz, dass
das Narrativ um WTC7 nicht nur /metaphysisch/, sondern auch
epistemologisch gefiltert wird. In einem Moment, in dem die
Intelligenzia – nicht unähnlich Kants /Kritik der reinen Vernunft/ –
eine saubere Unterscheidung zwischen der Metaphysik als unverfügbaren
"Hintergrund" und der Physik als faktischer "Oberfläche" vornimmt,
entsteht ein gefährlicher epistemischer Abgrund. Sie glauben, dass das
metaphysische Ereignis die Zerstörung von WTC7 erleuchtet, doch was
bleibt, ist der „Schlagloch“-Effekt: ein verzerrter, brüchiger
Wahrheitsanspruch. Wir finden uns in einem konzipierten Denken, in dem
die philosophische Haltung nicht den Mut aufbringt, sich in den Dreck
des Alltags zu stürzen, sondern weiterhin in luftigen Höhen von /höherer
Ontologie/ schwebt.
2. *Die Metaphysik als vertuschte Wahrheit:*
Der Sprung von der postmodernen Interpretation zu einer metaphysischen
Absolution des WTC7-Zusammenbruchs, den Sie anregen, scheint mir in der
Tat die /wahrhaftige/ Auseinandersetzung zu verfehlen. Denn indem wir
das Ereignis in einer "metaphysischen Hülle" einschließen, entfernen wir
uns von der philosophischen Verantwortung, die Wahrheit um jeden Preis
zu suchen. Das wahre Drama des WTC7 ist nicht das metaphysische
Verschwinden, sondern das strukturelle und physikalische Versagen – ein
materielles Faktum, das nicht durch narrative Verflüchtigungen und
„elegante“ Metaphysik kaschiert werden darf.
Lassen Sie uns auf den entscheidenden Punkt kommen: Das Narrativ, das
Sie einführen, ist kein philosophischer „Einbruch“ im Sinne der
Kantischen Erkenntnistheorie, sondern eher eine Fülle von Überlagerungen
und Deutungen, die die eigentliche Frage überlagern. Was bleibt, ist ein
konstruierter, postmoderner "Pastiche", der an die Stelle der Wahrheit
tritt, die er eigentlich ergründen sollte. Hier liegt der fundamentale
Fehler: /Wahrheit/ wird nicht durch subtile philosophische Drehungen und
Wendungen erreicht, sondern durch die radikale Konfrontation mit den
Fakten. WTC7 kann nicht als metaphysische Hülle gesehen werden, sondern
als eine Entfaltung realer, materieller Probleme, die bis heute in der
wissenschaftlichen Diskussion unterdrückt werden.
3. *Die Rolle der Intelligenzia in der Deutung:*
Ihr Hinweis auf die „philosophische Ignoranz“ und das Schweigen der
Intelligenzia über WTC7 verweist indirekt auf die fehlende Bereitschaft,
sich in die ungelösten, ungeliebten Bereiche der Wissenschaft und
Technik zu stürzen. Die Postmoderne hat auf dem Altar der „Bedeutung“
ihre Verantwortung gegenüber den „unkomplizierten“ Fakten geopfert. Die
Philosophie, die sich weiterhin in verschachtelten Sprachkonstruktionen
verliert, übergeht die Pflicht zur Klarheit. In diesem Kontext ist Ihr
Versuch, das metaphysische Ereignis als die einzige „lösende“
Interpretation zu präsentieren, nichts anderes als eine elegante
Umgehung der nötigen Auseinandersetzung mit den /praktischen/ und
/sachlichen/ Aspekten des WTC7-Ereignisses.
Die /Kritik der reinen Vernunft/ hatte zur Aufgabe, die Grenzen des
Verstehens zu definieren. Doch in einem diskursiven Zeitalter der
/Fleischlichkeit der Narrative/ und der /performativen Akte der
Wissensproduktion/ scheint es, als ob wir uns von der Verlässlichkeit
der Vernunft entfernt haben. Stattdessen kleben wir an den
Flickenteppichen aus Bedeutungen und symbolischen "Ereignissen", die uns
nur wenig über die konkrete Realität lehren.
*Schlussfolgerung:*
Letztlich fordere ich Sie auf, die metaphysische Deutung des
WTC7-Zusammenbruchs nicht als ein Substitut für eine sachliche,
physikalische und epistemologische Betrachtung zu sehen. Die /Wahrheit/
über den Fall ist nicht eine, die sich durch die Linse des
Metaphysischen verschleiern lässt, sondern eine, die sich durch
sachliche und philosophisch fundierte Argumentation herausarbeiten
lässt. Eine Philosophie, die der „Schlagloch“-Variante der Wahrheit in
der Wüste der metaphysischen Über-Ich-Semiosen ausweicht, hat ihren Wert
verloren.
In diesem Sinne bleibt das WTC7-Phänomen nicht nur ein körperliches,
sondern auch ein epistemologisches Problem, das nicht durch narrative
Weichspülungen zu „lösen“ ist, sondern durch unnachgiebige
Auseinandersetzung mit der zugrunde liegenden Realität.
Mit philosophischen Grüßen aus der Diaspora
ingo mack
Am 19.09.25 um 17:30 schrieb waldemar hammel über PhilWeb:
hallo ingo m.,
jetzt hast du dein wtc7-problem in deinem pdf-anhang über zeit +
alterndem kosmos + narrative doch tatsächlich selbst endlich gelöst: