Am 08.03.22 um 18:52 schrieb Claus Zimmermann via Philweb:
Es geht ja nicht darum, wer die reinere Weste hat,
sondern um
Institutionen, die vor Machtmissbrauch schützen. Diese Wirkung werden
sie vermutlich nicht von selbst haben, sondern nur, wenn sie mit Leben
erfüllt werden. Es kommt schon auf die Akteure an. "Krumme Hölzer"
(Kant), meist weder komplett verdorben, noch das Gegenteil, können sie
vielleicht ein bisschen begradigen, so wie vorgezeichnete Wege gegen
Verkehrschaos helfen können.
Voll richtig so gedacht, und interessant auch die Sprache eines Immanuel
Kant.
Kant finde ich übrigens doch nicht ganz so leicht zu
lesen wie Joseph
Hipp meinte.
Ich gehe eben anders vor, und will nicht einmal lesen, wenn ich von
Anfang an stutzig bin. Aber weil ich anders lese komme ich anders voran,
auch wenn ich nicht schnell ans Ende des Lesens oder Textes komme. Es
liegt mir immer die Situation des Dialoges des Phaidros vor Augen.
Dabei begegnet er uns hier als überraschend
lebendiger, kein bisschen
verknöcherter Stilist.
Das wusste auch schon Nietzsche zu kommentieren, als er so ungefähr
schrieb, dass Kant besser seine Tischgespräche aufgeschrieben hätte als
sein trockenes Werk.
Die Schwierigkeit liegt wohl in den über zwei
Jahrhunderten
Sprachentwicklung, wie auch RF meint, mit leichten Veränderungen der
Wortbedeutungen und der grammatischen Formen in Verbindung mit langen,
wenn auch übersichtlich gebauten Sätzen.
Beim ersten Satz z.B. hat sich die damalige Form "die Menschen", "die
Staatsoberhäupter" etc. zu "den Menschen" etc. verschoben. Dann wird
es lustig. Kant erinnert die Zensurbehörde daran, dass er doch nur ein
lebensfremder Theoretiker und also nicht wie jemand zu behandeln ist,
der sich in praktische Angelegenheiten, die ihn schliesslich nichts
angehen, einmischt.
Gut gesagt. Doch würde ich gerne langsam voran gehen im Text, wenn ich
denn Zeit hätte. Ganz am Anfang "kritisierte" ich die Verwendung des
Wortes Staat. Ich bin nicht unnachgiebig und bin einverstanden damit,
das Wort Staat auch anzuwenden, und ceteris paribus so zu tun, als wäre
das die Grundvoraussetzung für Gruppen. Das bezweifelte ich in meinen
letzten Schreiben. Dann aber sehe ich dies Schrift wie alle anderen, die
nicht nur Theorie schreiben, sondern glauben, sie würden in einem Staat
leben. Und ich tue gemäß Schopenhauer als er meinte, seine Uhr ginge
richtig, aber er müsse sich an die Zeit der Gruppe halten. Es gibt
schließlich viele, die mit diesem Gedankenexperiment den Staat
voraussetzen und nicht die Gruppen mit ihren Obrigkeiten und die
Obrigkeitengruppen. Die Möglichkeit, zu differenzieren, wird mit
Einführung des Wortes Staat vernichtet. In einem gewissen Sinn hat Claus
auf dieses Problem ganz oben hingewiesen: Wenn der
Differenzierungversuch sich dann doch durchsetzt, müssen
ad-hoc-Erklärungen entstehen.
Vielleicht gehe ich weiter im Lesen des Gedankenexperiments des Immanuel
Kant, mache mit, und werde mich dann auf weiteren Steinen stoßen.
Joseph