In einem Zeitungsartikel wird die oft gehörte Behauptung angezweifelt, daß Musik (gründliches Erlernen eines Instruments) schlau mache. Zur Begründung dieser Behauptung reiche es nämlich nicht aus, einen Zusammenhang zwischen musikalischer Aktivität und Intelligenz nachzuweisen. Dabei könne es sich auch um eine blosse Korrelation handeln und nicht um einen Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Es könne schliesslich auch sein, daß nicht das eine auf das andere zurückzuführen wäre, sondern beides auf ein Drittes, etwa allgemeine Leistungsbereitschaft.
Aber niemand sagt ja, daß jede Korrelation eine Kausalbeziehung ist. Hume kam zum Ergebnis, daß es sich bei Kausalbeziehungen zwar nur um Korrelationen handele, die aber die Besonderheit aufwiesen, daß die Erfahrung sie ausnahmslos bestätigt habe, so daß man sie am Ende für selbstverständlich hielte.
Daß das Vorliegen einer Kausalbeziehung als widerlegt gilt, sobald die Korrelation nicht beobachtet wird, ist wohl allgemeiner begrifflich/sprachlicher Standard. Wenn wir also feststellen würden, daß gute Musiker tendenziell eher dumm sind, kämen uns zumindest Zweifel, aber wir könnten annehmen, daß sie sonst noch dümmer wären. Um es genauer zu wissen, würden wir die Entwicklung von Menschen vergleichen, bei denen alle wichtigen Parameter so ähnlich wie möglich sind und die einen ein Instrument lernen lassen, die anderen nicht. Dann könnten wir Aussagen über eine Korrelationstendenz machen. Da wir es hier mit Lebewesen und nicht mit Mechanismen zu tun haben, verwenden wir wohl einen abgewandelten Kausalitätsbegriff, der sich mit deutlichen Tendenzen begnügt und verlangen keine Ausnahmslosigkeit der Korrelation.
Aber die Aussage des Artikels ist wohl, daß eine Kausalbeziehung mehr als eine durch Erfahrung bestätigte Korrelation ist. Da müsste man dann zurückfragen, was denn hinzukommen muss. Als Antwort würde nicht ausreichen, das "weil" mit besonderer Betonung zu wiederholen. Es müsste wie jedes Zeichen erklärt werden, durch eine Gebrauchsanweisung, Beispiele, eine Demonstration oder Ähnliches.
Das war ja die Annahme und das Lebensgefühl der Renaissanceforscher, daß man endlich die Natur nicht mehr nur an der Oberfläche studiere, sondern ihr unter die Haube sähe und da die Kausalitäten am Werk beobachten könne. Und dazu war Humes ernüchternder Einwand: unter der Haube seht ihr auch nur Korrelationen.
Claus
Hallo Liste,
ich ergreife wieder das Wort, um das Thema noch einmal von einer
anderen Seite aus zu behandeln.
Um bei diesem Thema voranzukommen, so glaube ich, ist es hilfreich,
wenn man noch mal die beiden "Eckpunkte" getrennt anschneidet.
1. Warum "Bewusstseinsspaltung"?
Ich schrieb ja zu beginn der "Dichterische Bewusstseinsspaltungen" folgendes:
"//Ein junger Mann sitzt [..] vielleicht in seinem Zimmer, bis spät in
die Nacht und stellt sich selbst solche Fragen wie "soll ich studieren
oder ein Handwerk lernen?", "Soll ich wirklich 'Philosoph' werden oder
wäre es nicht vielfach klüger, etwas anderes zu werden?" oder "Ist die
Art und Weise, in der sich unsere Gesellschaft entwickelt gut? Was
bedeutet die Antwort auf die Frage für mich, werde ich nicht sowieso
mitmachen?"
In dem Moment macht auch Determinismus keinen Sinn//"
Ich meine, dieser Teil des Satzes bringt nach wie vor eine Wahrheit
zum Ausdruck. Wenn jemand hineinkommen würde und diesen jungen
Menschen z. B. Statistiken darüber vorlegen würde, wie andere junge
Menschen in seiner Situation, mit seinem Hintergrund usw.usf.
entschieden haben, würde es den jungen Mann keinen Schritt
weiterhelfen. Eine dritte Person könnte vielleicht die Aussage machen
"wenn 99% der Menschen mit den Eigenschaften des jungen Mannes die
Entscheidung treffen, irgendwas zu studieren, dann ist die
Wahrscheinlichkeit auch sehr hoch, dass dieser individuelle junge Mann
tatsächlich studiert", aber das hilft den jungen Mann wenig weiter.
Mal ehrlich, wer von uns würde sich durch so eine Begründung schon
motiviert fühlen? Das ist vielleicht eine rationale Vorhersage des
Verhaltens, aber keine rationale Rechtfertigung.
Ich denke hier berechtigt zu sein eine Linie zu ziehen bis vor Gericht.
Vor Gericht steht ein Verbrecher. Man kann jetzt lückenlos nachweisen,
dass Menschen z. B. aufgrund schlechter Erziehung, schlechter
Wohngegend, neurologisch-psychologischen Eigenschaften oder andere
Kriterien häufiger Deliquent werden. Man kann dann sagen, "er kann
nichts dafür, er ist Opfer der Umstände oder der Gesellschaft, die das
zugelassen hat", aber negiert das seine individuelle Schuld, ein
Verbrechen begangen zu haben?
Der Punkt ist, dass wir mildernde Umstände geltend machen würden, wenn
z. B. irgendwelche hormonellen Störungen vorliegen. Dann kann es sein,
dass die Person wirklich nicht mehr als Person handeln konnte wie sie
wollte und wir hier quasi nur die Aktion seines Körpers haben.
Jetzt könnte ein Determinist kommen und betonen, dass jedes Verhalten
immer eine neurologische Ursache haben muss, da der menschliche Geist
eine Funktion des Gehirns (und vielleicht anderer Teile des
Nervensystems, eventuell des Immunsystems) ist. Wer diese Annahme in
Frage stellt, der müsse spirituelle Substanzen, Geister oder
dergleichen annehmen. Das sei aber doch noch schwerer zu rechtfertigen
als die Existenz von Materie und Energie.
Das scheint die Herausforderung zu sein, die ich durch die
"dichterische Bewusstseinsspaltung" lösen wollte. Der "Dichter" kann
sich nicht selbst als eine Art Automat betrachten, er muss
zwangsläufig als handelndes Subjekt auftreten.
Und das "Dichterbewusstsein" ist deshalb gespalten, weil es einerseits
anerkennt, dass es ein "natürlicher", biochemisch/bioleketrischer
Prozess ist, aber andererseits an Schuld und Verantwortung festhält.
Die Spaltung würde augenblicklich aufhören - zumindest in Dichtung,
nicht unbedingt in Wahrheit - , sobald entweder die Perspektive als
handelndes, erkennendes Subjekt aufgegeben wird oder wenn der
Materialismus-Determinismus negiert wird. Abstrakt, "from a logical
point of view" stehen beide Optionen natürlich zur Verfügung, doch
nicht für den "Dichter", weil er ja Subjekt bleibt und die Welt ihn
eben als materielle Welt erscheint.
Das mit dem gespaltenen Bewusstsein erstreckt sich aber auch auf
Richter, Mathematiker oder Piloten. Auch hier haben wir es mit
Menschen zu tun, die eine Entscheidung treffen und gleichzeitig mit
Leuten, deren Entscheidung man zumindest prinzipiell voraussagen
könnte. Bei den Richtern ist das inzwischen schon Realität geworden
und es stellt sich die Frage, wie die Gesellschaft damit umgeht.
2. Die zweite Frage ist mein Vorschlag zur Auflösung dieser Spaltung:
Die teilweise Aufgabe des Satzes vom Widerspruch.
Dieser Teil hat wohl am Meisten Widerspruch angeregt.
Ich muss an dieser Stelle noch einmal voraus schicken, die Aussage "Es
gibt Sätze, die gleichzeitig beides sind, wahr und falsch" impliziert
nicht, dass alle Sätze zugleich wahr und falsch sind. Das ist ein
Fehlschluss, eine Unterstellung. In Wahrheit wird auch jemand, der
diesen Satz zustimmt, in 90% der Fälle ein "Entweder Oder" akzeptieren
können. Genauso wie der Intuitionist in viele Fällen
Widerspruchsbeweise akzeptiert.
Widerspricht die These damit den Gesunden Menschenverstand? Ist sie
pauschal unsinnig? Ich glaube nicht.
Das Problem ist, soweit meine Einschätzung, dass wir Regeln brauchen,
wann ein Widerspruch okay und zu akzeptieren und wann er tatsächlich
ein Problem ist. Die Logiken, die diese Regeln aufstellen und
enthalten, scheinen mir aber allgemein bei weitem weniger einfach
einsichtig und handhabbar zu sein als die klassische Logik.
Es besteht also doch eine hohe Motivation, eine klassische Lösung zu suchen.
Ich bitte die Diskussionsteilnehmer nur, sich die bloße Möglichkeit
durch den Kopf gehen zu lassen.
P.S. Die Überschriften "Dichterische Bewusstseinsspaltungen" und
"Plaudereien am Rande des gespaltenen Dichterbewusstseins" spiegeln in
erster Linie die Vorliebe des Autors "Ratfrag" wider. Ursprünglich
bezog der Dichter auf den von Ingo zitierten Gerhard Tersteegen.
Bewusstsein und dessen Spaltung ist thematisch gewählt und Dichter
passt dazu sehr gut, auch wenn Tersteegens Gedicht nach meinen
Dafürhalten weder eine Spaltung ausdrückt, noch ein direkter Bezug
besteht. Philosophische Bewusstseinsspaltung und dergleichen hätte
meines Erachtens falsche Assoziationen geweckt. Andere Begriffe einen
noch unerwünschteren Beigeschmack.
Am 29.12.2019 um 19:22 schrieb waldemar_hammel:
>
> hi ingo,
>
> aus einer ww-theorie folgt im bezogenen fall zb die theorie der
> ko-evolution alles lebendigen
> (alles lebendige clustert),
> wir menschen zb bestehen aus 10x mehr bakterien, viren, und pilzen als
> aus eigenen körperzellen,
> plus den "erregern", die bereits in unseren eigenen genetischen code
> eingelesen sind (zb den dna-viren wie herpes),
> und alle die reden mit, wenn ich "ich" sage,
> ("ich denke, also bin ich" => perdue)
> das ist koevolution statt feindschaft bakterie/virus/pilz contra mensch
> (weshalb ich statt antibiosen usw "elektronische kriegführung" auf
> mikroniveau als tauglicheres mittel vorschlage)
>
> aus der ww-theorie folgt allgemein u.a. die gleichberechtigung all
> dessen, was wechselwirkt,
> und das ist ein sehr wichtiger aspekt (auch bzgl. quantenwelt)
>
> es grüsst,
> wh.
>
>
> Am 29.12.2019 um 18:09 schrieb Ingo Tessmann:
>>
>>
>>> Am 28.12.2019 um 21:05 schrieb waldemar_hammel via Philweb
>>> <philweb(a)lists.philo.at <mailto:philweb@lists.philo.at>>:
>>>
>>> [Philweb]
>>>
>>> *Von: *waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com
>>> <mailto:waha3103x@googlemail.com>>
>>> *Betreff: **Aw: [Philweb] nochmal Kausalität und Korrelation*
>>> *Datum: *28. Dezember 2019 um 21:15:59 MEZ
>>> *An: *Philweb(a)lists.philo.at <mailto:Philweb@lists.philo.at>, Claus
>>> Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de <mailto:mail@clauszimmermann.de>>
>>>
>>>
>>> ein kleiner hinweis dazu:
>>> bei wechselwirkung fallen ursache+wirkung zusammen = sie sind
>>> ununterscheidbar
>>> ---
>>> im alltag ist unsere zeit-vorstellung, die vorstellung einer linear
>>> ablaufenden zeit,
>>> ein riesenhindernis um von ursache+wirkung abstrahieren zu können,
>>> ein hindernis, das auch bei raumzeit-kalkülen auftritt …
>>
>>
>> Hi wh.
>>
>> Semmelweisens Korrelationen beflügelten die Keimtheorie. Welche
>> bessere Theorie folgt denn welchem WW-Ansatz?
>>
>> Es grüßt,
>>
>> Ingo
>>
>>
>>
>> <https://www.avast.com/sig-email?utm_medium=email&utm_source=link&utm_campai…>
>> Virenfrei. www.avast.com
>> <https://www.avast.com/sig-email?utm_medium=email&utm_source=link&utm_campai…>
>>
>>
>> <#DAB4FAD8-2DD7-40BB-A1B8-4E2AA1F9FDF2>
>
> Am 28.12.2019 um 20:35 schrieb Claus Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de>:
>
> Die Forschungen zum Kindbettfieber und zur Hygiene bei Geburten wären der "Blick unter die Motorhaube", bei dem man zwar mehr sieht als bei äusserlicher Betrachtung, aber im Prinzip nichts anderes. Man kann den Bakterien ja nicht ansehen, welche Wirkung (wie wir das ausdrücken) sie haben. Man muss es testen und was sieht man dann anderes als eine wenn-dann-Korrelation, die man natürlich auch mit "weil" umschreiben kann, was aber in diesem Fall nur ein anderer Ausdruck für das empirische "wenn-dann" ist. Mit einem gewissen Verwirrungspotential, weil (!) dieser Ausdruck auch zur Begründung dient oder auf ein psychologisches Motiv hinweisen kann.
> Natürlich ermöglicht dieses detaillertere Korrelationswissen punktgenauere Behandlungsmethoden.
Hi Claus,
Du ergehst Dich gerne in Sprachspielen und wenn ich Dich recht verstehe, sind es wenn-dann-Sätze, auf die Du Korrelationen zu reduzieren gedenkst: Wenn Desinfektion, dann keine Keime; wenn keine Keime, dann kein Kindbettfieber? Über die Keime müsste ich zunächst nichts weiter wissen als dass sie existieren und infizieren. Bis heute ist die Keimtheorie zu einer umfangreichen biologischen Wissenschaft mit vielerlei medizinischen Anwendungen geworden. Auch wenn Wissenschaft im Kern bloßes Korrelationswissen sein sollte, handelt es sich nicht um beliebige Schein- oder Formalkorrelationen, sondern um methodisch prüfbare Korrelationen zwischen physischen Vorgängen. Warum sollte man diese Korrelationen nicht kausal nennen? Dabei ist die Keimtheorie in der Medizin mit dem Atomismus in der Physik vergleichbar. Die „Atome“ der Menschen sind Zellen und Einzeller, die der Physik Feldquanten und Elementarteilchen.
> Bei höherer Mathematik oder Quantenmechanik bitte ich um Gnade. In beiden Fällen fehlen mir die Grundlagen. Ich kann mir nicht recht vorstellen, daß ich daraus etwas über die Probleme lernen könnte, die in der Mehrdeutigkeit des Zeichens "weil" potentiell angelegt sind. Da werde ich mit einem Teilchenbeschleuniger sowenig weiterkommen wie bei einer nur durch Versuche zu beantwortenden Frage mit begrifflicher Entwirrung.
Mit der Quantenmechanik ist das Kausalitätsprinzip in der Physik erneut problematisiert worden und so ist es interessant herauszuarbeiten, inwieweit auch dort kausale von Scheinkorrelationen unterschieden werden können. Auf molekularer Ebene lässt die Quantenmechanik (im Prinzip) die Berechnung der Bindungswahrscheinlichkeiten zwischen den Biomolekülen in und auf den Zellen und Einzellern zu.
Es grüßt,
Ingo
> Am 28.12.2019 um 21:05 schrieb waldemar_hammel via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>:
>
> [Philweb]
>
> Von: waldemar_hammel <waha3103x(a)googlemail.com>
> Betreff: Aw: [Philweb] nochmal Kausalität und Korrelation
> Datum: 28. Dezember 2019 um 21:15:59 MEZ
> An: Philweb(a)lists.philo.at, Claus Zimmermann <mail(a)clauszimmermann.de>
>
>
> ein kleiner hinweis dazu:
> bei wechselwirkung fallen ursache+wirkung zusammen = sie sind ununterscheidbar
> ---
> im alltag ist unsere zeit-vorstellung, die vorstellung einer linear ablaufenden zeit,
> ein riesenhindernis um von ursache+wirkung abstrahieren zu können,
> ein hindernis, das auch bei raumzeit-kalkülen auftritt …
Hi wh.
Semmelweisens Korrelationen beflügelten die Keimtheorie. Welche bessere Theorie folgt denn welchem WW-Ansatz?
Es grüßt,
Ingo
Wir hatten hier zum Thema Unendlichkeit über Max Planck geschrieben; ja,
er war überzeugter Christ und dennoch (oder womöglich deswegen) hat er
sich unsterblich in die Annalen der Wissenschaftsgeschichte eingebracht.
Dem Stellenwert des „Sterbens“ schrieb er vorteilhaft zu: „Eine neue
wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen,
dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern
vielmehr dadurch, dass ihre Gegner allmählich aussterben und dass die
heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut
gemacht ist.“
Im englischen - pragmatisch orientierten - Sprachraum heißt das: „
Science makes progress funeral by funeral.“
Augenblicklich ist jedoch allenorts von Geburt die Rede: „Christi
Geburt“. Was auch immer dran ist und wie auch immer jeder einzelne dazu
stehen mag. Ich würde (im angesprochenen Kontext) sagen: Science makes
progress birth by birth.
Mit jeder Geburt kommen Menschen in die Welt, die dem (ausschließlich
dieser Gattung) innewohnenden Drang folgen, nach Sinn und Ziel irdischer
Existenz, nach eben dieser ominös unergründlichen „Wahrheit“ hinter den
Dingen zu fragen. Besonders das staunende Fragen, angesichts der
unendlichen Vielfalt unseres Lebensraums führt wiederum zu einem
erstaunlichen Fortschritt der Menschheitsgeschichte: „birth by birth“.
Uns allen in dieser Runde, als eben solch Fragende, wünsche ich nicht
enden wollendes, konstruktives Fragen, wohin das den einen oder anderen
auch führen mag.
Plancks Streben und Forschen galt vornehmlich seiner Suche nach dem
„Geist“ hinter den Dingen, eben dem von ihm angenommenen göttlichen Geist.
Ob Christ oder nicht: die Suche nach dem „Geist“ hinter aller Physik
wird dem Menschen noch großartige Einblicke in unsere Lebenssphäre
bringen; einerlei, ob dies zunächst aus den Bereichen von Philosophie,
Naturwissenschaft (und vielleicht sogar der Theologie) erfolgt. Die
interdisziplinär weltweite Vernetzung von Wissenschaft wird uns einen
Quantensprung an Erkenntnis bringen. Ganz im Sinne von Planck: „[..]
stetig fortgesetzter Kampf gegen Aberglaube und Dogmatismus.[…] Hin zu
Gott“. Ja, er war Christ. Warum sollte er es auch nicht sein. Ganz
sicher hat er dabei nicht an den alten weisen Mann (in welcher
himmlischen Wolke auch immer residierend) gedacht, sondern an einen
Gott, „der für einen gläubigen Menschen am Anfang, für den
Wissenschaftler am Ende seiner Überlegungen steht“.
Das „Wort zu Weihnachten“ wollte ich hier nicht schreiben, schließlich
sind wir hier alle in unseren Lebens- und Weltsichten gefestigte
Charaktere. Weihnachten ist längst nicht mehr nur ein Fest der Christen;
es sind unterschiedlichste Menschen, die diese irgendwie berührenden
Festtage der Familie (wo es sie gibt) widmen, sie zur Erholung (wenn
auch bisweilen von irrwitzigem Vorweihnachtsrummel) nutzen oder in
dieser Zeit schlicht nur zu besinnlicher Ruhe kommen wollen.
Ein frohes, besinnliches und erholsames Weihnachtsfest wünsche ich allen
hier in der Runde!
Bester Gruß! - Karl
Am 11.12.2019 um 15:54 schrieb waldemar_hammel:
>
>
> Am 01.12.2019 um 01:40 schrieb K. Janssen:
>>
>>
>>> was du meinst, mit "nichtnennung des göttlichen namens", mit
>>> "durchdringung mittels resonanz" ist auch nur ein auf höherer ebene
>>> dumm-bleiben,
>>> ein nicht-wissen-wollen, das durch ahnen ersetzt wird, also durch
>>> letztlich emotionales "alles ist eines".
>>>
>>
>> Man muss jetzt natürlich zwischen dem trennen, was ich mit
>> "Durchdringung" meine und einer dem Bewusstwerden dieser
>> Durchdringung entgegenstehenden (gesellschaftlich bzw. religiös)
>> konstruierten Nominalisimus. Letzteren brauche ich jetzt nicht näher
>> beschreiben, hingegen was ich unter "Durchdringung" im behandelten
>> Kontext meine, sollte ich deutlich machen: Vielleicht am simplen
>> Beispiel der Neutrinos, die uns (für unsere Sinne unmerklich)
>> durchdringen. Ob es dabei (nicht doch) eine Wechselwirkung (welcher
>> Art immer) gibt, sollte ich zur Erklärung Dir überlassen.
>
> Ich verstehe sehr gut, was Du mit "Durchdringung" meinst, und sehe das
> genauso !
> Nur ist es ein "Dummbleiben", ein Arglosbleiben, eine Art von Ahnen =
> Ahnwissen auf höherer Ebene,
> was dem sogenannt faustisch-primitiven "ich will wissen" widerspricht
>
>>
>> Die von mir angeführte "Durchdringung" muss man letztlich der von
>> Spinoza postulierten göttlichen ewigen Substanz zuordnen. Und diese
>> Substanz ist eben auf ewig irreduzible, nicht teilbare Information,
>> nach der sich alles Leben (so eben auch das hiesig irdische)
>> grundsätzlich in potentiell unendlichen Ausprägungen formt. An dieser
>> nicht teilbaren Information können wir Irdische allenfalls
>> partizipieren (Aquinus) und ich meine, dass diese Partizipation nicht
>> per se dem Menschen eingeprägt ist, sondern dass er mit dieser ewig
>> göttlichen (alles durchdringenden, omnipräsenten
>> Substanz/Information in Verbindung treten, eben in Resonanz (man
>> merkt den Techniker in mir) kommen muss. _Letztlich muss das jeder
>> Mensch für sich alleine vollziehen_ (mag es auch Priester oder Gurus
>> geben, die eine "Brückenfunktion" vorgeben).
>
> Viele, allzuviele fühlen sich gezogen, aber nur wenige sind "berufen",
> das als Individuum tatsächlich selbst nachzuvollziehen !
> Diese "Resonanz" ist, die ganze Welt als Wunder zu sehen, die
> "hintergründige Symphonie" wenigstens andeutungsweise mithören zu
> können ...
> (ich nenne das den Altgoldglanz der über allem liegt, und der alles
> durchdringt)
>
>>
>> "Dumm bleiben" (was auch immer man damit verbinden mag) wird
>> derjenige, dem es nicht gelingt, in diese "göttliche" Resonanz zu
>> geraten. Mit letzterem meine ich nicht unbedingt exzentrisch
>> mystische Trance, vielmehr etwa das Gebet der Christen, die
>> Meditation der Fernöstlichen und ähnliche Formen von Vertiefung.
>
> Das "Beten" erübrigt sich, ist überflüssig wie das fünfte Rad am
> Wagen, wenn man die "Melodie" hören kann,
> aus der diese Welt genauso wie sie ist, in Ordnung ist, das
> immer-weiter-Werden völlig in Ordnung, die Untergänge dazwischen
> völlig in Ordnung,
> die sogenannte "Schöpfung" war nicht vorzeiten, sondern wir Heutigen
> sind Zaungäste ihres immerwährenden live-Vollzuges und Weitergehens ...
>
> * neutrinos haben übrigens zumindest eine masse, sind damit im spiel
> von materie und energie mit eingeschlossen
>
> ** wir müssten uns einmal zum Begriff "Information" unterhalten, den
> da gibts sehr viele unklarheiten, die zu grotesk falscher verwendung
> führen,
> bis hin zum "holografischen prinzip" usw.
> https://de.wikipedia.org/wiki/Holografisches_Prinzip
>
> ich hab das mal mit dem SIN prinzip zu verdeutlichen versucht:
> - es gibt physikalische signale S, zb lichtquanten
> - wenn diese auf einen möglichen empfänger treffen, zb auge, und dort
> ausgewertet werden, und nur dann, entsteht "information" I
> - die auswertung besteht im starten von autopoiese-ketten und erzeugt
> an deren ende "nachricht(en)" N
> ----
> was wir haben, am ende, sind Nachrichten, die fälschlicherweise als
> Information bezeichnet werden,
> und daran krankt alles mögliche, auch zb die shannon/weaver
> "informationstheorie",
> die in wahrheit eine quantitative nachrichtentheorie darstellt (einer
> noch zu findenden qualitativen N-theorie gegenübergestellt)
> ----
> wir können unter solch falschen prämissen, verwechslung von N und I,
> nicht erwarten eine adäquate weltbeschreibung zu erhalten,
> abgesehen davon, dass sich das prinzip "beschreibung" wegen der
> wechselwirkungs-haftigkeit der welt eh nicht dazu eignet ...
>
> (beobachten/messen enthält wechselwirkungen, messe ich also ein a hat
> sich dieses just durch die messung in a' verwandelt,
> während mein ergebnis von a redet, liegt also "in wahrheit" a' vor,
> wobei "wahrheit" immer nur gemessenes sein soll,
> ich habe also a als "wahres" messergebnis, während noch nicht
> gemessenes a' weiter wechselwirkt, und dabei zu a(n') wird,
> mit anderen worten, die missweisung meines messergebnisses wird
> zunehmend größer ...
> messe ich nix, bleibt a, aber unbekannt, messe ich a, zerläufts zu
> a(n') im günstigen fall,
> oder ich erzeuge gar eine furkation als b => b(n'), oder c, oder mehr
> energie eingesetzt, b-z als kaskadierend,
> und das in der planck-geschwindigkeit von größenordnungsmäßig 10 hoch
> 45 / sekunde,
> zudem findet keine messung in 10 hoch minus 45 sekunden statt, sodass
> ich stets ein sammelsurium von zb mindestens a's messen werde ...)
>
> Ich grüße DICH,
> wh.
> Am 29.11.2019 um 15:02 schrieb K. Janssen via Philweb:
>>
>> Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt außerhalb
>> von Raum und Zeit (6.4312 )
>>
>
> "das rätsel des lebens", und dann auch noch "in raum und zeit" - diese
> formulierung muss man sich auf der zunge zergehen lassen ...
>
> sakrament!(mit verlaub),
>
> das leben (lebensentstehung usw.) ist (heute) genausowenig rätselhaft,
> wie die existenz von steinen usw.,
> und die galaxien schwimmen in kohlenwasserstoffen => lebensentstehung
> allerorten, das sehen wir !
> und dass leben als materiell-energetische machung in raumzeit
> stattfindet ist auch nicht erstaunlich, wie sonst ?
>
> wir müssen uns dringend dieses anthropo ... abgewöhnen ...
>
Nun bin ich, wie üblich in der Vorweihnachtszeit, etwas in Zeitnot
geraten (ohnehin typisch für mich, da ich der „Zeit“ - auf mich bezogen
- keine große Bedeutung zuschreibe und trotzdem: mal zieht, mal schiebt
sie mich heftig durchs Leben).
Also versuche ich „on the fly“ eine Antwort auf Deine
Einwände/Darlegungen zu geben (hänge diese einfachheitshalber hier an):
Wittgensteins Aussage von der Lösung des Lebensrätsels trifft (wie auch
immer er dazu kommt) m.E. exakt den Kern, denn er meint ja nicht das
Rätsel biochemischer Lebensentstehung, sondern eher das Rätsel um die
Frage: „warum ist überhaupt etwas und vielmehr nicht nichts“. Es ist ein
Rätseln, das schlichtweg über Raum und Zeit (ich würde eher von Raumzeit
sprechen wollen) hinausführt. Dabei ist nur zu natürlich und
verständlich, dass der Mensch unaufhörlich fragend nach dem Warum bzw.
dem Sinn irdischen Daseins im Verlauf seines bisherigen
Entwicklungsverlaufs von purer Anthropologie (und so eben auch von einem
anthropomorphen Gottesbild) ausgehend, entsprechende Antworten sucht und
definitiv auch einige findet.
Bei dieser Suche stehen naturgemäß beliebige „Bäume“ im Weg; vermutlich
habe ich‘s hier schon mal geschrieben: Die Existenz des Mondes zu
leugnen, bzw. sie zu beschwören, kann objektiv nicht davon abhängen, ob
„die Sicht darauf“ durch einen Baum genommen ist oder nicht. Der Mensch
steht perspektivisch per se vor einer Wand und kann über das Geschehen
dahinter nur mutmaßen (Platon‘sche Höhlengleichnis) oder
(glücklicherweise) mit Mitteln naturwissenschaftlich-mathematischer
Werkzeuge theoretische Modelle entwerfen, um dem (Faust‘schen) Dilemma,
nicht erkennen zu können, „was die Welt im Innersten zusammenhält",
zumindest schrittweise zu entkommen.
Und eines sollte auch klar sein (wie bereits in anderen Beiträgen von
mir erwähnt): Der Mensch (wie er sich bislang ausnimmt) könnte nicht in
dieser vorgegebenen Lebenswelt existieren, würde er über absolutes
Wissen um die (sog. letzten) Dinge verfügen. Wie Goethe vom „gütigen
Schleier der Natur spricht“ zeugt das von großartiger philosophischer
Einsicht. Hingegen eine Einsicht, die ausschließlich auf
reduktionistische Art gewonnenen Fakten der Mikro- und Makrowelt beruht,
jeglicher Empfindung von gesamtheitlicher Lebensfülle entgegensteht: Wer
wollte glauben, das Klangerlebnis von Beethovens Klavierkonzerten
ausschließlich aus einem „Haufen“ vor ihm aufgedröselter Einzelnoten
erspüren zu können!
Derartige Sicht auf die Makrowelt kosmischer Unendlichkeit würde nichts
als den „horror vacui“ bewirken, sofern man nicht auf dem relativ
gesicherten Boden mathematisch-physikalischer Erkenntnis bzw.
Gesetzmäßigkeit steht, aus der heraus man Denk-Modelle entwickelt, die
jenem von mir zitierten Sprung in‘s Ungewusste mit einem Hauch von
Gewissheit über die Sinnhaftigkeit dieser Unendlichkeit Anschub
verleiht. Der Lohn für den Mut zu diesem „Sprung“ ist in diese
"Resonanz" zu kommen, die Qualia dieses Altgoldglanzes (wie Du es
ausdrückst) zu erspüren, um somit „die ganze Welt als Wunder zu sehen,
die "hintergründige Symphonie" wenigstens andeutungsweise mithören zu
können ...“
Und eines dieser Modelle ist eben das von Dir erwähnte „holographische
Prinzip“, das ich durchaus als einen „Kandidaten“ u.a. für ein
umfassendes Konzept zur Verbindung der Gesetzmäßigkeiten von QM und
Gravitation sehe.
Doch vielleicht nochmal kurz zurück zum Thema Unendlichkeit.
Auf mein Zitat „Wenn die Materie ins Unendliche teilbar ist, so enthält
sie wirklich eine unendliche Menge von Teilen, ein Unendliches, das real
und aktual existiert.“ (Pierre Bayle) antwortete Ratfrag (rf): "Und
Planck?"
Natürlich stößt man beim Thema Unendlichkeit unweigerlich (wie Du Dich
in Deinem Beispiel auch auf ihn beziehst) auf Planck.
Allein der Name kann schon eine Flut von Fragen und Denk-Attacken
auslösen und zum Thema kommt mir die wirklich unvorstellbar kleine Größe
der „Plancklänge“ in den Sinn, die aber dennoch ein (mathematisch)
anschauliches Beispiel für Endlichkeit (realer Lebenswelt/en) in
Unendlichkeit darstellt. Als kleinste uns rechnerisch zugängliche
Maßeinheit stellt sie als Quadrat-Planklängen (Gitterzellen a‘
10^-66cm^2) die Basiseinheit dar, die Bekenstein als das Elementarmaß
zur „Aufsummierung“ von Entropie=Information (nicht Nachricht im
üblichen Sinn sondern Information über die komplementären Größen Ort und
Impuls von Elementarteilchen) eines „Blackhole“ angenommen hat. Wieder
kann man sehen, dass die Information eine zentrale Rolle spielt und
dabei die intuitive menschliche Vorstellung von Raum (Volumen) und Zeit
irrig bzw. unvollständig sein kann. Das (unendliche) Maß an
Entropie/Information, das von einem „schwarzen Loch“ aufgenommen
wurde/wird, ist proportional zur Fläche seines Ereignishorizonts,
welcher die gesamte, unvorstellbar hoch verdichtete Information
holografisch als Rekonstruktion der tatsächlich im schwarzen Loch
befindlichen (unzerstörbaren) Information repräsentiert. Wäre man in der
Lage, die Fläche des Ereignishorizonts (Gitterzellen von Plancklängen)
eines schwarzen Lochs zu „scannen“ und die Daten zu dekodieren (was
bestenfalls mit Quantenrechnern zu bewerkstelligen sein würde), hätte
man abbildhaft „Einblick“ in sein inneres (unendlich chaotisches) Geschehen.
Bekensteins Therorie scheint gesichert zu sein; die Annahme (u.a. von
Susskind), dass unser Universum (als Raum gesehen) vollumfänglich von
einer Randoberfläche (auf der sich die physikalischen Prozesse unserer
Lebenswelt abspielen) umgeben sein könnte, hingegen nicht. Auf mich
wirkt diese Mutmaßung jedoch faszinierend, denn daraus wäre abzuleiten,
dass das elementare Konzept von (Lebens-)Realität das der Quantentheorie
(Quanten-Information) und nicht jenes der Raumzeit ist.
Raumzeit-Geometrie emergiert demnach aus dem Grundkonzept von
Quanten-Information: Aus dem Chaos unendlicher („hidden“) Information
erwächst die Schönheit unserer raumzeitlichen Lebenswelt!
Damit ergibt sich für mich eine Art der Darstellung (Abbildung) von
Unendlichkeit in Endlichkeit. Und so bekommt Pierre Bayles o.a. Zitat
eine Gültigkeit, die mir neben anderen diesbezüglichen Erklärungen
bedeutender Physiker die (er)lebbare Realität und Sinnhaftigkeit unserer
Lebenswelt aufzeigen: „Its all made out of atoms“ (R. Feynman). Die
Information zur formgebenden Anordnung dieser Atome zu entschlüsseln
(oder wie Wittgenstein meint - zu enträtseln) lässt mich an Wheeler‘s
berühmtes „It from Bit“ denken; als „quanta of reality“ ein durchwegs
auf unsere reale Lebenswelt bezogenes Denkmodell:
“I suggest that we may never understand this strange thing, the
quantum, until we understand how information may underlie reality.
Information may not be just what we ‘learn’ about the world. It may be
what ‘makes’ the world. An example of the idea of it from bit: when a
photon is absorbed, and thereby ‘measured’ – until its absorption, it
had no true reality – an unsplittable bit of information is added to
what we know about the world, ‘and’, at the same time, that bit of
information determines the structure of one small part of the world. It
‘creates’ the reality of the time and place of that photon’s
interaction.” (Wheeler: Geons, Black Holes, & Quantum Foam ).
Und noch einmal Planck: „Alle Materie entsteht und existiert nur
vermittels einer Kraft […] wir müssen hinter dieser Kraft die Existenz
eines bewussten, intelligenten Geistes annehmen“ .
Nur zu verständlich ist Plancks Aussage, denn er hat auch
herausgefunden, warum irdisches Leben trotz eigentlich anzunehmender
(alles verbrennender) hochfrequenter elektromagnetischer (katastrophaler
UV-) Strahlung möglich ist: nämlich, weil die atomaren Oszillatoren
nicht kontinuierlich Energie (wie in der klassischen Physik) abgeben
bzw. aufnehmen sondern als Energie-Quanten, deren Energie die
durchschnittlich pro Atom vorhandene Energie (E = k·T) nicht
übersteigen kann.
Daraus können sich grundsätzliche philosophische bzw. theologische
Fragestellungen hinsichtlich Zufall und Notwendigkeit ergeben.
Nun ja, ob Beten überflüssig ist, wie Du es ausdrückst, muss jedermann
für sich entscheiden (als fünftes Rad am Wagen wird es doch ohnehin als
Ersatzfunktion -für alle Fälle- gesehen).
Meinerseits verbinde ich mit dem Beten der Christen definitiv nicht ein
sinnfreies „Nach- oder Daherplappern“ vorgegebener religiöser Naivtexte.
Vielmehr genau die meditative Versenkung in diesen von Dir so
bezeichneten Altgoldglanz (warum sollte man ihn nicht auch als
göttlichen Glanz benennen dürfen?), um dabei „die ganze Welt als Wunder
zu sehen, die "hintergründige Symphonie" wenigstens andeutungsweise
mithören zu können ...“
Das „Gebet“ als religiöse Vertiefung in eben diese eigentlich
unaussprechliche (aktuale) Unendlichkeit geschieht für uns Menschen
(notwendigerweise) zum einen über Worte:
Sprache als erstes nutzbares Werkzeug des Menschen, seine Erfahrungen zu
analysieren und mitzuteilen (sinngemäß nach Carlo Sini). Zum anderen
(und weit mächtiger) über Symbole, wie diese sich ausdrucksstark in den
Abbildungen nahezu aller Religionen finden.
Ich denke, die Menschen müssen nicht grundsätzlich ihr Beten, ihre
Religionen, ihre anthropologische Sicht, sondern allem voran dieses
unwürdig naive anthropomorphe Gottesbild aufgeben.
Es wäre vielmehr hinsichtlich des von unsäglich falsch vermittelter und
gelebter Religion ausgehenden Unheils in der Welt überfällig, Sprache
und Symbolik theologischer oder (für unseren Kulturkreis relevant)
christlicher Anthropologie an den Erkenntnisstand moderner Wissenschaft
anzupassen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
Sehr geehrte Damen und Herren,
diesmal nur ganz kurz und als Diskussionseröffner. Dies ist im
weitesten Sinne als "Kritik" oder Antwort-Schrift zu verstehen.
Ich wurde darauf aufmerksam, dass es vor kurzem eine Art Preisfrage
oder "Essaywettbewerb" zum Thema "bestes Argument gegen den
Redukionismus" gab.
In diesem Rahmen wurde ein Text publiziert, aus dem ich hier gern
auszugsweise zitieren möchte:
„Alonzo Church hat in einem anonymen Gutachten [...] einen
Gedankengang entwickelt, der zeigt, dass es (wenigstens) eine Wahrheit
gibt, die niemand wissen kann, wenn es eine Wahrheit gibt, die niemand
weiß. Denn [...] wenn es eine Wahrheit gibt, die niemand weiß, dann
kann niemand wissen, dass diese Wahrheit wahr ist und von niemandem
gewusst wird.“ (1)
Die Argumentation basiert also auf dem, was man das "Fitch-Paradox" nennt:
https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Fitch%27s_paradox_of_knowability…
Der Autor wendet diesen etwas überraschenden, aber wohl stimmigen
Gedankengang nun auf das Gebiet der Erklärungen an. Hier begegnet uns
ein Moment, der mir einige Zweifel weckt:
„Denn wenn es eine Wahrheit gibt, die niemand vollständig erklärt,
dann kann niemand vollständig erklären, warum diese Wahrheit wahr ist
und von niemandem vollständig erklärt wird. Denn wenn jemand
vollständig erklären würde, warum diese Wahrheit wahr ist und von
niemandem vollständig erklärt wird, dann würde jemand vollständig
erklären, warum diese Wahrheit wahr ist, und dann würde jemand
vollständig erklären, warum diese Wahrheit von niemandem vollständig
erklärt wird.“ (2)
Meines Erachtens kann man meinen Zweifel am Besten wie folgt
formulieren: Ist es wirklich so, dass man die "vollständige Erklärung
einer Wahrheit" gleichsetzen mit der "vollständigen Erklärung, warum
eine Wahrheit wahr ist"?
Eventuell liegt hier eine Verwechselung der epistemologisch
Rechtfertigung und der kausalen Erklärung vor. Um mit, ich glaube,
Schopenhauers Worten zu sprechen, Daseins- und Beweisgrund werden in
eins gesetzt.
Es könnte doch sein, dass man die Wahrheit eines Satzes sehr wohl
begründen kann, aber dennoch keine vollständige Erklärung hat. Nehmen
wir einen Fall, den wir wohl alle kennen. Das Kind fragt die Mutter
"fällt den jeder schwere Gegenstand zu Boden"? Die Mutter sagt, dass
das der Fall ist. Einige Zeit später fragt das Kind, ob denn auch der
Mond auf die Erde falle. Natürlich kann die Mutter hier sagen "der
Mond fällt nicht auf die Erde" und spricht damit eine Wahrheit aus
(3).
Eine vollständige Erklärung dieses Vorganges würde aber einen
vertiefenden Einblick in das Gravitationsgesetz, in Messungen über die
Bewegung des Mondes und vielleicht auch einen historischen Rückblick
auf die Entstehung unseres Sonnensystems, in die Phase, in der der
Mond entstand und seinen Bewegungsimpuls bekam, voraussetzen. Es kann
nun aber sein, dass die Mutter diese ins Detail gehenden
naturwissenschaftlichen Erklärungen gar nicht kennt, aber aus
Erfahrung weiß, dass der Mond nicht auf die Erde herabfällt.
Nehmen wir aber an, dass das Kind die Mutter danach etwas anderes
fragt, "Feiern wir eigentlich jedes Jahr Karneval"? Auch hier kann die
Mutter wahrheitsgemäß antworten "Ja". Wenn wir das Kind nun weiter
fragen lassen, warum wir denn Karneval feiern, dann könnte die Mutter
dem Kind unter Umständen eine (oberflächliche) kulturhistorische
Erklärung geben, die darauf hinausläuft: Wir wissen es nicht. Der
Brauch, Karneval zu feiern ist sehr alt und stammt aus einer
quellenarmen Zeit, in der solche Entwicklungen im Leben der einfachen
Leute schon gar nicht aufgeschrieben wurden.
Hier haben wir also den Fall, dass die Mutter dem Kind zugleich
erklärt: Ja, wir feiern Karneval jedes Jahr, die Wahrheit dieser
Aussage lässt sich erklären, d. h. schlüssig begründen, aber man kann
nicht genau erklären, wieso wir eigentlich Karneval feiern.
Mag sein, dass meine Zweifel lediglich auf einen Missverständnis oder
mangelnder analytischer Durchdringung (eventuell wegen intellektueller
Limität?) beruhen.
Dennoch, auch nach einiger Zeit des "darüber Nachsinnens" scheint mir
der Gedankengang nicht vollständig schlüssig.
Die formallogische Rekonstruktion des Arguments in Anhang 6.1 räumt
meine Zweifel ebenfalls nicht aus (4). In der Formalisierung wird der
Irrtum übernommen. Ich werde an dieser Stelle keine alternative
Formalisierung zu erzeugen versuchen, es ist für die Gültigkeit meines
Gegenargumentes nicht erforderlich.
Nur um das noch mal kurz klarzustellen: Die Stoßrichtung der Kritik
ist keine Verteidigung des Reduktionismus. Es kann sehr wohl sein,
dass der Reduktionismus falsch ist. Es geht mir ausschließlich um die
Frage, ob dieses Argument uns zeigen kann, dass der Reduktionismus
falsch ist.
Was denkt ihr darüber?
Mit freundlichen Gruß
Der, mal wieder, Ratlose.
Quelle:
(1)
Titel: Unerklärliche Wahrheiten
Autor: anonym (?), keine Angabe
Veröffentlichung: ??.??.2019 im Rahmen des vom Kurt Gödel
Freundeskreis Berlin ausgeschriebenen "Kurt Gödel Preis 2019"
Link: https://kurtgoedel.de/cms-83FO/wp-content/uploads/2019/11/Unerkl%c3%a4rlich…
Fundstelle, Seite 6, zweiter Absatz, Gliederung "3.1. Es gibt
unerklärliche Wahrheiten".
(2) ebenda, Seite 7, erster Absatz, "3.1. Es gibt unerklärliche Wahrheiten".
(3) Um pedantisch zu sein: Da der Mond sich in seiner "Kreisbewegung"
von der Erde wegbewegt, kann von einem Fallen nicht die Rede sein. Die
Bewegung des Mondes beschreibt also eine Spirale von der Erde weg,
wenn auch eine extrem langsame.
(4) ebenda, Seite 18 ff.
Nehmen wir einmal das Beispiel "*Die Bibliothek von Babel*" von Borges.(1)
In so einer Bibliothek fehlen natürlich die klassischen Zahlen, aber man
kann ja bestimmte Buchstaben in einem Kontext als mathematischen Symbole
lesen. Das sollen meines Wissens die alten Griechen getan haben. Das würde
im Ergebnis bedeuten, dass jeder denkbare mathematische Beweis und jedes
philosophische Argument bereits in dieser Bibliothek enthalten wären.
Mein Problem ist aber, wie kann so eine universelle Bibliothek die
Unendlichkeit darstellen? Müsste es nicht auch Aussagen und Sätze geben,
die sich nicht in so einer Bibliothek finden? Klar, solche Aussagen wie "1
ist keine Primzahl", "2 ist keine Primzahl", "3 ist eine Primzahl" usw.
sind nicht interessant.
Die Frage ist aber, sind diese Aussagen in unserer hypothetischen
Bibliothek vorhanden oder nicht? Nimmt man einen streng
formalistisch-wittgensteinischen Ansatz an, müsste man argumentieren, dass
nicht eine unendliche Liste von Aussagen existiert, sondern ein Gesetz,
dass diese Unendlichkeit abbildet.
Im Fall der Primzahlen zeigt sich hier aber ein Problem. Was ist, wenn gar
kein Gesetz existiert, das für jede Zahl angibt, ob es sich um eine
Primzahl handelt oder nicht? Dann müsste man einen einzelnen Test
durchführen und so eine unendlich lange Liste ist schon wieder sinnvoll.
Was denkt ihr darüber?
Wer sie nicht kennt:
Seite „Die Bibliothek von Babel“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
Bearbeitungsstand: 3. Oktober 2019, 02:34 UTC. URL:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Die_Bibliothek_von_Babel&oldid=1…
(Abgerufen: 9. November 2019, 15:03 UTC)
guter mond , du gehst so stihile
durch die abend wohoholken hin
worin steckt denn nun dein wihile
und ergibt dein wandern einen sinn
duhu bist so lang schon hier am wahandern
jeden tag, abends und bei nacht
duhu tust wie a_ha_alle a_handern
was im grunde jedes leben macht
drehst im kreise lahahange ruhunden
auf deinem weg durch die lange nacht.
> Einige Zeit später fragt das Kind, ob denn auch der
> Mond auf die Erde falle. Natürlich kann die Mutter hier sagen "der
> Mond fällt nicht auf die Erde" und spricht damit eine Wahrheit aus ...
>
mond und erde fallen übrigens physikalisch tatsächlich aufeinander zu,
nur ist ihre umlaufgeschwindigkeit umeinander mit der
aufeinander-zu-bewegung (fast) in balance, fast, weil der mond von der
erde drehimpuls übernimmt, und daher konsekutiv
weiter wegwandert, sodass wir den mond verlieren werden ...
aber das, geschätzter waldemar:)
das wir noch etwas dauern..