Am 21.11.20 um 11:46 schrieb Ingo Tessmann:
Am 20.11.2020 um 23:03 schrieb K. Janssen via
Philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
… An diesen Daten findet sich nichts Körperliches!
Hi Karl,
so wird es immer wieder von Informationsfans wiederholt, aber wozu dann die ständig
erweiterten, gigantischen Rechenzentren zur Datenverarbeitung? Daten sind genauso wenig
immateriell wie die Energie und Entropie, die zu ihrer Verarbeitung notwendig ist. Als
IT-Ingenieur wirst Du Landauers Grundsatzarbeiten kennen.
Als eben (auch solcher) so eben auf die Schnelle eingeworfen: Wir
sollten nicht in die Falle laufen, die Begrifflichkeit von "Daten" und
„Information“ undifferenziert zu verknüpfen.
So habe auch ich bei meinem kurzen Ausflug in utopische „Gefilde“ diese
Begriffe eher intuitiv als bewusst bzgl. deren genuiner Bedeutung
benutzt. Dabei gibt es signifikante Unterschiede obgleich beide
Begriffe selbstverständlich einen Zusammenhang haben : Während Daten
(ausgehend von der Wortherkunft) zunächst in sich gegenständliche
Träger von Information (ohne unmittelbar semantischen Bezug darauf, also
etwa eine bloße Folge von Symbolen 0/1) sind, stellt Information die
Bedeutung von Daten her; kurz: Information = Symbol + Semantik.
So spricht man vom „Datenträger“ (CD, DVD, SSD usf), dessen wirklicher
Informationsgehalt erst nach entsprechender Auswertung/Interpretation
festgestellt und somit spezifisch entweder als wertvoll oder nutzlos
klassifiziert werden kann.
Wenn ich also geschrieben habe: "… An diesen Daten findet sich nichts
Körperliches!" (also die in meinem Gedankenspiel in eine „Cloud“
eingeschriebenen Daten), habe ich genau diese undifferenzierte
Ausdrucksform benutzt, die zu Missverständnis führen könnte.
Also diesbezüglich nochmal kurz auf meine „Phantasterei“ zurückkommend,
dargestellt am Beispiel der vielfach alltäglichen Praxis extern
abgelegter „Daten“ in einer „Cloud“ unter folgend hypothetischer Annahme:
Ich lagere alle Mails, die sich auf meine Einkäufe über das Internet
(z.B. Amazon) ansammeln auf die „Apple-Cloud“ aus, zudem mehr oder
weniger aktuelle Daten mit medizinischem Bezug (Blut-/MRT-bilder,
Befunde, Therapieberichte etc.), weiterhin 4000 Digitalfotos und dazu
noch alle private eMail-Korrespondenz.
Schaut ein Datentechniker im Rahmen seines Wartungsauftrags prüfend auf
die Datenträger der Cloud (in der Tat gigantisch bestückte Computer),
wird er mit dem Datenanalyzer lediglich eine schier unendliche Folge von
Bits und Bytes erkennen. Sind diese darauf „richtig“ angeordnet, ist
für ihn alles ok, er wird/kann damit keine nähere Kenntnis über mich
gewinnen.
Sollten sich Suchmaschinen diverser Einrichtungen (auf bestimmte
Hitworte getrimmt und mit kryptologischer Kompetenz ausgestattet) in
meinen „Datenpool“ auf der Cloud verbissen haben und sich daraufhin
„kluge“ Menschen daran machen, die von mir dort abgelegten „Datenfiles“
auszuwerten, bekommen diese Daten eine Relevanz. Ob die damit gewonnene
Information (Daten+Bedeutung) letztlich für die „Auswerter“ von Belang
sind, hängt von deren Intention (und Auftrag) ab. Auf jeden Fall aber
wird man aus den von mir dort abgelegten Daten ziemlich genau über mein
Personenprofil „informiert“ sein.
Und genau diese Möglichkeit, personale Information
(Persönlichkeitsprofil) als Daten in einer "Cloud"(auf welcher Ebene
immer) abzulegen, wollte ich mit meinem utopischen Gedankenspiel zum
Ausdruck bringen.
Der "Informationsgehalt" dieser Daten hat nun wirklich nichts mit
Körperlichkeit in Bezug auf meinen physischen Körper zu tun, gleich ob
der lebend oder "zu Staub" geworden ist. Um das mit obigem Beispiel zu
verdeutlichen: Meine diversen Rechner hier können alle längst im
Elektroschrott des Bauhofs liegen, die von mir in der "Apple-Cloud"
abgelegten Daten sind dann immer noch dort (sofern man sie nicht
gelöscht hat).
Vielleicht auch als Beispiel dienend: Mozart, Beethoven, Schubert, List,
Chopin alle diese Musikgiganten sind längst "zu Staub" geworden; nichts
von ihrer Körperlichkeit haftet an ihrer großartigen Musik, die sie auf
ihre spezifisch geniale Weise "in Form" gebracht (solchermaßen verewigt)
haben.
(So bietet es sich an, unter diesem Aspekt meine "visionäre
Phantasterei" nochmal nachzulesen :-))
Für die Mitleser: Der in die USA ausgewanderte
jüdische deutsche Physiker Rolf Landauer (1927-1999) untersuchte 1961 die
"Irreversibility and Heat Generation in the Computing Process", um die
thermodynamischen Grenzen des elektronischen Rechnens auszuloten, 1991 formulierte er sein
Diktum: "Information is a Physical Entity" und 1996 hatte er "The physical
nature of information“ herausgearbeitet. Natürlich kann man ebenso wie Zahlenräume auch
Informationsräume abstrahieren, aber Grundlage bleibt letztlich die schlichte physische
Tätigkeit des Zählens.
In Bezug auf "Irreversibility and Heat Generation in the Computing
Process" ist die Aussage (bzgl. Dissipation) zutreffend, sein Diktum
"Information is a Physical Entity" hat aber mit meiner Schilderung nun
wirklich nichts zu tun! Diese Aussage ohne kontextuellen Bezug ist
nullwertig!
Da sollten wir uns Zeit nehmen, gelegentlich hier den
Informationsbegriff eindeutig zu definieren. Das ist kein leichtes
Unterfangen, da der Begriff in vielfältigster Weise gedacht und benutzt
wird (Mit Bezug auf Shannon, im Zusammenhang mit Entropie, als
Abstraktum usf.) .
Den Begriff von Information letztlich basal auf schlichtweg physische
Tätigkeit des Zählens zu reduzieren, ist meinem Verständnis von
Information völlig unzugänglich! Was hat denn Information grundlegend
mit „Zählen“ zu tun?? Oder habe ich hier etwas schlicht nicht verstanden!
Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde! -Karl