Am Di., 24. Nov. 2020 um 03:11 Uhr schrieb K. Janssen <janssen.kja(a)online.de>de>:
Grundsätzlich kann man für unseren Kulturkreis
erkennen, dass das Christentum nicht mehr als „Erlösungsreligion“ (Heilsversprechen -
Gebotserfüllung - Auferstehung - ewige Seeligkeit - Rechtfertigungslehre, vor allem aber
die abstrus apriorische Annahme des Menschen als Sünder) akzeptiert und gelebt wird.
Das kann durchaus sein.
Ich bin in dieser Diskussion nicht (mehr) sehr tief drin, aber hier
muss man doch eine Sache anmerken:
Die Mehrheit der Leute heute scheint nicht mehr an irgendwelche
dogmatischen Inhalte aus bestimmten Büchern oder übergekommene Lehren
zu glauben, sondern schlicht "das da mehr zwischen Himmel und Erde
ist, als die Schulweisheit erklären kann". Das Phänomen hat sogar
einen Namen bekommen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ietsismus
Der Rest der Leute ist mehr oder weniger materialistisch eingestellt
und macht sich darüber nicht viele Gedanken. Deshalb wird bisweilen
auch konstantiert, dass in Europa ein "spiritueller Hunger" besteht.
Deshalb wird genascht (Esoterik) oder Leute, die ein Festmahl
veranstalten, bekommen viel zulauf ("Sekten").
Ob das stimmt, weiß ich nicht. Viele Dinge, die aktuell oder
zeitgeschichtlich abliefen erinnern schon an die Widerkehr einer Art
von Religion.
Der Sinn, der sich aussprechen läßt,
ist nicht der ewige Sinn.
Der Name, der sich nennen läßt,
ist nicht der ewige Name.
"Nichtsein" nenne ich den Anfang von Himmel und Erde.
"Sein" nenne ich die Mutter der Einzelwesen.
Dieser (erste) Vers aus dem Tao Tê King verbindet m.E. „Theologie“ mit Philosophe
kongenial. Die genuine Bedeutung von Mütterlichkeit drückt sich dort ebenso auf wunderbare
Weise aus
Wobei man das Wort "Dao" oder "Tao" meines Wissens verschieden
übersetzen kann. Es kann auch "Methode", "Plan", "Weg" usw.
bedeuten.
Ich vergleiche es daher mal mit den griechischen Wort "Logos", das
auch "Wort", "Lehre" oder "Sinn" bedeuten kann.
Auf den ersten Blick würde man die Frage mit klarem Ja
beantworten wollen, mit dem zweiten kommen Zweifel derart, ob dieses Vorhaben gelingen
könnte. Ich denke nicht, da der Mensch erstens eine unwiderstehliche Neigung zur
Mitteilung eigenen Empfindens und damit zur Missionierung in sich trägt.
Nunja, Menschen sind soziale Wesen. Das ist im Grunde auch gut so,
denn niemand schafft das alles für sich allein.
Am Sa., 28. Nov. 2020 um 10:14 Uhr schrieb waldemar_hammel via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
bei dir jedenfalls insoweit vergeblich und unerreicht
geblieben ist,
als du selbst nicht nur an gespenster glaubst,
Schon vor Jahren habe ich mich mit diesen Punkt mal befasst. In Kurzform:
Wenn solche herausragenden Menschen wie Gauß oder Gödel (und die Liste
lässt sich ja fortschreiben) an einen persönlichen Gott und
dergleichen geglaubt haben, dann ist es mE zumindest kein Indikator
von Dummheit oder Unaufgeklärtheit.
Vielmehr scheint es mir der Fall zu sein, dass diese Beispiele zeigen,
wie stark die "Weltanschauung" doch von den Umständen abhängt.
Wer
grundsätzlich jenseits (abseits, wie auch immer man das benennen mag)
der Körperlichkeit ein "Nichts" annimmt, bzw. davon überzeugt ist, der
kann unmöglich verstehen, was Wittgenstein mit dieser Aussage ausdrücken
will. Soweit ich mich an seine Biographie erinnere, war er gottgläubig
und nur insoweit wird m.E. sein o. zititierter Satz verständlich.
Diese Trennung zwischen Theo- und Philosophie geht auch auf einen
Aphorismus von ihn zurück.