Am 06.11.2023 um 19:54 schrieb Joseph Hipp über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 06.11.23 um 00:33 schrieb Karl Janssen über PhilWeb
eine gute Zusammenfassung zu seinem Denken in Bezug auf das Wort
"Schöpfungsgeschichte", ich finde das Geschriebene schön und gut. Nur ist da
keine Antwort auf Fragen, wie ich sie schrieb. Weil ich nicht so ernst bei dieser Sache
bin, gehe ich nicht zurück, um die Fragen zu finden, sondern versuche diese aus meiner
Erinnerung zu bedenken, um eine Antwort im Geschriebenen zu finden. Leider finde ich
keine….
Dann geht es weiter mit meinem Nicht-Verstehen. Was hat diese Entstehungsgeschichte,
Schöpfungsgeschichte oder Herstellungsgeschichte mit Geist und Materie zu tun? Oder mit
Information und Materie. Manche kommen mit einer anderen Wörtergegenüberstellung an:
Theorie und Praxis, oder Realität und Rätsel. Ich verstehe dein Denken trotzdem ein wenig,
denn du denkst, dass der Hersteller gleichzeitig sozusagen ein Geist war, das kann ich
auch denken, aber es hilft mir nicht. Es hätte jedoch auch die Materie sein können, die
den Geist erschuf. Oder etwa nicht?
Nun, im Kern ging es doch bei Deiner Frage, Joseph, um einen Zwiespalt, der sich mir als
Katholik mit dem „Glauben“ an die biblische Schöpfungsgeschichte, wie sie alt- oder
neutestamentarisch schon in dementsprechender Weise mir vermittelt wurde. Wie ich hier
schon geschrieben habe, hat man im Kindes- und frühen Schulalter gar keine andere Wahl,
als dieser Lehre zu folgen. Welchen Grund sollte man auch dazu haben, wenn nahezu gesamte
soziale Umfeld nach sog. christlichen Werten ausgerichtet ist. Was mich anbelangt, habe
ich zumindest zwei Konfessionen wahrgenommen, die protestantische meiner Mutter, die
katholische meines Vaters. letztere hier im südbayerischen Bereich natürlich als die
dominant vermittelte Konfession. Trotz aller diesbezüglichen Vorgaben und damit
verbundenen „Seelennöten“, die sich nach Sündenfällen (über die man sich nach heutigen
Maßstäben nur wundern kann) aufgetan haben und letztlich doch – gemäß dem kath. Sakrament
der Buße – sprich reuiger Beichte – getilgt sein sollten, verstärken sich mit zunehmend
humanistischer Ausbildung höherer Schulen eigenes Denken und Zweifeln bezüglich dieser
vermittelten Glaubenslehre. Für nicht wenige bedeutet das im weiteren Verlauf ihres
erwachsen Werdens die totale Abkehr von dieser Art Religionsausübung, für andere ein
Reifeprozess, der ein differenziertes Verhältnis bezüglich Religiosität, blindem Glauben
und institutioneller Kirche schafft.
Daher ist es schlichtweg zu einfach, diese Angelegenheit undifferenziert zu betrachten und
dementsprechend Urteile zu bilden. Atheisten mag man dieses nachsehen, vornehmlich jenen,
die eben auch als solche sozialisiert wurden und somit überhaupt nicht mit derartiger
Thematik grundlegend in Berührung kamen.
Was den diesbezüglichen Diskurs hier im Forum anbelangt, wie dieser sich seit Anbeginn
gestaltet, wird man - sobald ein aktiver Bezug zu Religion oder generell zu Metaphysik
erkannt war - umgehend undifferenziert abwertend in die Kategorie mental dumpfer, nicht
aufgeklärter Zeitgenossen verfrachtet. Müssig, das alles hier wieder aufzurollen.
Meine differenzierte Sicht auf „Gott und Welt“, bezogen auf Religion und Glauben, habe ich
unzählige Male hier dargelegt und wer mich dennoch als naiv glaubenden Christen sieht,
sollte, bzw. muss sich damit abfinden.
Für mein Teil bin ich weit davon entfernt, Unverständnis oder gar Abneigung gegenüber
nicht religiösen Menschen zu hegen. Allerdings erwarte ich auch, dass mir gegenüber
Verständnis aufgebracht wird, nicht als Christ, sondern als Mensch, der sich kritisch mit
Religion und vor allem blinden Glauben im Sinne eines anthropomorphen Gottesbilds
auseinandersetzt.
Was nun Metaphysik an sich anbelangt, sieht die Sache anders aus. Da erwarte ich von jedem
gebildeten Menschen, dass zumindest die Erkenntnis vorhanden ist, dass die Lebenswelt
nicht pur physisch angelegt, sondern von Geist geformter Materie beschaffen ist. Ob man
dabei Geist als Theorie sieht, ist unerheblich, denn es drückt ebenfalls die transzendente
Wesenhaftigkeit eines letztlich nicht beschreibbaren Numinosen aus.
Bezogen auf den Gottesbegriff kann hier nur gelten, dass es kein darauf bezogenes Wissen
geben kann, ein Gott kann nicht gewusst, sondern allenfalls nur geglaubt werden. Damit ist
nichts für oder gegen dessen mögliche Existenz ausgedrückt.
So kommt mir soeben Ingo T.'s Ausspruch in den Sinn: Wie schön wäre die Welt ohne
Mythen und Gott (sinngemäß). Wie wahr doch, wenn man - wie ich es hier schon erwähnt habe
- besonders in diesen Tagen sieht, wie im Namen eines Gottes Kriege geführt, wahllos
Menschen, sogar Kleinstkinder regelrecht abgeschlachtet werden – und dieses unter den
Rufen „Gott ist groß“. Angesichts dessen, kann ich immer nur wieder an die ebenso hier
bereits zitierte Aussage einer jungen Muslima denken: „Im Namen Gottes wird fürchterliches
Unheil angerichtet, dass im Bewusstsein eines Gottes nie geschehen würde“ (sinngemäß).
Dann lieber gar kein Gott, möchte man mit Ingo sagen, doch es ist zu kurz gegriffen, denn
„göttliches“ Wesen als das Numinose an sich, ist schlichtweg nicht, allenfalls von nur
sehr wenigen Menschen, wirklich begriffen, wie auch immer man dieses benennt.
Da war noch Dein „Nicht-Verstehen“, Joseph hinsichtlich Entstehungsgeschichte etc.
Nun, ich hatte bereits diesbezüglich geschrieben, dass Schöpfungsgeschichten sich aus der
Mythologie (insbes. auch der griechischen) entwickelt haben und somit auch von der zu
dieser Zeit vorherrschenden Hinwendung an Götter geprägt waren. Du hast einen Zwiespalt
bei mir vermutet, den ich als Christ - und somit ebenso von einer gewissen
Gottesvorstellung geprägt – in Bezug auf meine naturwissenschaftliche Ausbildung haben
müsste. Wie sollte ich in einen Zwiespalt geraten, wenn ich sehr wohl zwischen biblischer
Schöpfungserzählung und meiner Überzeugung, dass die Entstehung von Kosmos und Welt nach
dem aristotelischen Prinzip des „potentia ad actum tamquam tabula rasa“ erfolgt ist, zu
unterscheiden weiß.
Letztes lässt sich (wenngleich paraphrasierend) widerspruchslos in heutige
naturwissenschaftliche Thesen zur Entstehung bzw. zyklischem Werden und Vergehen von
Kosmos und Welt einbringen. Das setzt allerdings einigen Aufwand voraus, d.h. tiefe
Beschäftigung mit dieser Thematik. Dabei kann man definitiv ausschließen, dass Geist je
aus Materie entstanden ist. Geist ist immer nur und von Anbeginn immateriell. Was anderes
als materielose Teilchen, also Lichtteilchen, könnten Träger von Geist sein?
Was sollte Geist sein, wenn er nicht Träger von Information, wenn er nicht „Licht“ wäre?
Das drückt sich metaphorisch in der Genesis aus: Gott sprach „Es werde Licht. Und es wurde
Licht.“ Gott, ebenso immaterielle, numinöse, nicht (be)greifbare Wesenheit, quasi als
Lichtgestalt, erschafft nach seiner Idee Kosmos und Welt. Eine Vorstellung, die man haben
kann oder eben auch nicht, das liegt in jedes einzelnen Menschen Ermessen (im wahrsten
Wortsinne). Übrigens, auch wir sind „Kinder des Lichts“, wenngleich sehr oft im Schatten
des Weltgeschehens ängstlich schlotternd verborgen.
Bester Gruß an Dich und in dier Runde! - Karl