Am 13.06.2021 um 19:12 schrieb Rat Frag via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Wahn und Intelligenz schließe sich nicht unbedingt aus. Nur Wahn und
richtiger Einsatz der Intelligenz.
Hi RF,
über Intelligenz wird ja in vielfältiger Weise geschrieben. Darunter fällt auch die
Unterscheidung, ob man sie als Vermögen sieht, das es richtig einzusetzen gilt oder
Vermögen und Einsatz nur zusammen als intelligent bezeichnet. Wir könnten also von
Intelligenz im engeren oder weiteren Sinne sprechen. Dann war Andre intelligent im
weiteren Sinne und Simone nur im engeren Verständnis und ich frage mich, ob ihr das Leben
gelungen wäre, wenn sie sich nicht aufs Schwadronieren, vielmehr aufs Formalisieren
verlegt hätte. Vielleicht wäre die strukturelle Strenge der Mathematik für sie dabei
hilfreich gewesen, ihre Überempfindlichkeit und Leidensbesessenheit in Gespür und
Leidenschaft für wirkliche Erkenntnis und nicht nur für eingebildete Visionen zu
verwandeln.
Simone de Beauvoir und Simon Weil studierten ja gleichzeitig an derselben Lehranstalt
Philosophie und arbeiteten danach jeweils als Lehrerin in diesem Fach. De Beauvoir hatte
ihr Thema im Existentialismus gefunden und Weil für den Mathe-Unterricht, die Geschichte
der Mathematik zu interpretieren begonnen. Aber dann scherte sie aus und ging als
Hilfskraft in eine Fabrik, wo sie mangels praktischer Fertigkeiten scheiterte und es sich
leider auch noch zu Herzen nahm. Innerhalb der Studentenbewegung in den 1970ern war es
unter den linken Kommunarden auch angesagt, zur Erfahrungsbereicherung und
Agitationsverbesserung in die Fabriken zu gehen. Bei den Rechten ist es demgegenüber bis
heute angesagt, sich eher in Kampfgruppen als in der Arbeitswelt umzutun. Das hatte Weil
mit ihrer Beteiligung am Bürgerkrieg in Spanien ebenfalls versucht — und scheiterte. Sie
war halt keine Marie Curie, die sowohl theoretisch wie praktisch brillierte, hätte aber
als Lehrerin mit unorthodoxer Unterrichtsgestaltung viel für sich und ihre Schülerinnen
erreichen können.
IT