Die mathematische Ableitung aus Prinzipien und Naturkonstanten, bei Einstein deiner
Beschreibung nach aus Naturerlebnissen hervorgegangen, scheint insofern näher am Verstehen
als das induktive "wenn Blitz, dann Bumm" als man die Formen, die man sich im
Gegensatz zur Natur selbst ausgedacht hat und in der Natur wiederfindet, schon versteht.
Die Naturkonstanten und allgemein die Konstanz der Natur muss man dagegen einfach zur
Kenntnis nehmen und annehmen, dass man sich darauf verlassen kann. Da endet das Verstehen
und man schliesst wieder von bisheriger Erfahrung auf zukünftige oder vertraut einfach
naturkindlich. Wie wir alle im Alltag.
Das wäre mein Fazit.
Claus
Am 12. März 2024 10:01:07 MEZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb"
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 12.03.2024 um 01:45 schrieb Claus Zimmermann
über PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Wäre die Bestätigung einiger der möglichen Hypothesen nicht ein bisschen wenig? Vor allem
darf es doch wohl nicht zu einer Falsifizierung kommen, die über eine Einschränkung des
Geltungs- und Genauigkeitsbereichs hinausgeht, nehme ich an. Und warum das prinzipiell
nicht möglich sein soll, wenn es sich nicht nur um eine Form ohne Inhalt handelt, verstehe
ich nicht. Aber darauf scheint es bei Prinziptheorien ja hinauszulaufen, wenn du sie oben
mit Kunstwerken vergleichst. Dann könnten sie allerdings auch nicht wahr im Sinn von
zutreffend, sondern "nur" schön sein. Andererseits werden ja anscheinend einige
Hypothesen bestätigt, d.h. das Ergebnis hätte auch anders ausfallen können.
Das Problem ist doch, dass man sich die Theorie im Gegensatz zur Natur ausdenkt und das
eine nicht zum anderen passen muss.
Moin Claus,
ja, manches passt, manches nicht. So ist das mit den Zusammenhängen von Formalismen und
Experimenten in den quantitativen Experimentalwissenschaften. Um auf den Thread-Titel
anzuspielen: die empirische Wahrheit wird nie erreicht, bleibt aber lebendig. Denk nur mal
an Dirac’s formaler Vermutung der Existenz magnetischer Monopole. Ob die je gemessen
werden? Dirac hielt seine Wellenektrodynamik für so schön, dass er sie der Natur ja
schlicht unterstellte, denn „ein physikalisches Gesetz muß mathematisch schön sein".
Über „Paul Dirac und das Schöne in der Physik“ gibt es auch populäre Artikel, wie bspw. im
Spektrum:
https://www.spektrum.de/magazin/paul-dirac-und-das-schoene-in-der-physik/82…
<https://www.spektrum.de/magazin/paul-dirac-und-das-schoene-in-der-physik/820967>
Und hier der referenzierte Artikel vom Meister selbst: "The Evolution of the
Physicist's Picture of Nature“:
https://physics.gu.se/~tfkhj/F3/FYP380.1.pdf
<https://physics.gu.se/~tfkhj/F3/FYP380.1.pdf>
Nach meinem Verständnis geht es in der
Philosophie nicht um Prinzipien, die sich bewähren müssen und aus denen dann alles andere
abgeleitet werden könnte ("Keine Lehre, sondern eine Tätigkeit"). Man kann eine
Baustelle nicht mit einer völlig anderen überwinden. Deduktion aus Begriffen bedeutet
herauszulesen, was man vorher hineingelegt hat. Wozu soll das gut sein? Das hatte ich
bisher darunter verstanden. Jetzt höre ich, dass sich aus dem Relativitäts- und
Quantenprinzip mit komplexer Analysis (was es alles gibt!) alles mögliche in der Welt der
Pysik ableiten lässt.
In der Physik geht es nicht um Begriffsgymnastik, sondern um prinzipiengeleitete
Deduktionen aus mathematischen Strukturen. Dabei lässt sich Analysis nicht nur mit reellen
Zahlen treiben, sondern auch mit komplexen und quarternionischen bspw.
Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.
Für mich ist das hier ein Ausflug in eine fremde Welt.
Aber Du beziehst Dich doch gerne auf den Alltag, da müsste Dich der meth. Konstr. geradezu
begeistern!? Ich zähle Lorenzen und Janich neben Russell und Wittgenstein jedenfalls zu
den herausragendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts.
IT