Lieber Joseph,
ich mag diese Frage von seitwärts :-)
Und zur Antwort: bei dem, was Du schilderst, sind die Identitäten (Flugzeug, Hebel,
Komponenten) ja so in unserem Denken gesichert, dass man sie alle stillschweigend als
gegeben voraussetzen kann.
In unserem ersten Artikel sprechen wir analog von einem Motorrad als zu identifizierender
Kohärenz, die zumindst so lange eine Kohärenz bleibt als die Schrauben halten….
Für nicht einzeln greifbare, aber dennoch behauptet-angebliche Identitäten wie „Seele“,
„Körper“ (gedacht als abtrennbar von der „Seele“, als eigenen Identität),„System“ (z. B.
von „Beziehungen“), „Selbstwirksamkeits-Erwartung“, „motivationale Kraft" etc. kann
die Behauptung, etwas sei als kohärierend selbst-identisch gegeben und gedanklich zu Recht
herauszugreifen auch eine Chimäre erzeugen - unzutreffende Kategorienbildung sein etc.
Das sind „Entitäten unter Vorbehalt“, die Prüfungserfordernis ist weiter gegeben, anders
als beim Kühlschrank und seinen Teilen und Allem, dessen Ding-Charakter uns offenkundig
ist…..
Da unser Job die Erstellung eines biopsychosozialen Modells war, haben wir zwangsläufig
auch mit den „Entitäten unter Vorbehalt“ zu tun.
Viele Grüße
Thomas
Am 10.02.2021 um 15:25 schrieb Joseph Hipp via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
[Philweb]
Lieber Thomas,
nur eine Frage von seitwärts, nicht von innen, und auch nicht von oben herab. Vorhin habe
ich einen Artikel über einen Flugzeugabsturz im Januar gelesen, und ich las die
Beschreibung des Journalisten zur Ursache. Insgesamt ging es nach meiner Betrachtung um
eine Schieflage des Flugzeugs (ein Bild), dann um eine Unterschiedlichkeit im Antrieb (ein
Bild) rechts/links (wieder ein Bild), dann ging es um die Stelle, die für den Antrieb
zuständig war, nämlich ein Hebel (wieder ein Bild), schlussendlich soll dieser Hebel mit
dreizehn Komponenten verbunden sein (wieder ein Bild), es stand nicht da geschrieben, ob
der Hebel überhaupt direkt von einer Person betätigt werden konnte (ein unbestimmtes
Bild). Der Journalist erzeugte bei mir etwas, das ich wenn ich ein Maler wäre, auf Papier
bringen könnte. Aber er hätte mir auch direkt die Bilder liefern können, oder besser noch
einen Film. In so einem Fall hätte ich seinen Text nicht lesen brauchen. Nun zu meiner
Frage: Wenn ich jetzt an jeder Stelle des Films deinen Text anwenden würde, glaubst du,
dass ich den Flugzeugabsturz dann besser verstehen würde? Weil wir Journalisten nicht so
viel zutrauen? Allein vom Textquantum her wäre ein ganzer Fernsehabend eingenommen, und
vielleicht würden dabei einige einfach einschlafen. Denn es müsste immer wieder derselbe
Text an jeder Stelle gesagt werden. In diesem Fall beim Beschreiben der Schieflage, beim
Beschreiben des Gasverlaufs usw. Es bedarf auch keiner Mathematik für diese Bilder (ein
Seitenhieb gegen Ingo). Mathematik wäre an Stellen nützlich, um z.B. zu berechnen, welche
Schieflage (und Geschwindigkeit ...) bei dem Flugzeugtyp kritisch ist. Ich habe ein wenig
übertrieben, dein Text braucht ja nur einmal bekannt zu sein, dann ist er überall
anwendbar, habe ich zumindest das jetzt richtig verstanden?
Gruß
Joseph
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