Moin, moin Ingo
Du meinst, Axiome seien Normen, doch wer sollte diese denn aufgestellt haben? Verhält es
sich nicht vielmehr so, wie wir es aus der Mathematik kennen: Ein Axiom ist ein Prinzip,
das durch keinen Beweis nachzuweisen, bzw. nachweisbar ist, es ist per se gültig. Und wenn
ich vom Prinzip der Differenz von Materie und Geist spreche, sollte doch konsensfähig
sein, dass zwischen diesen eben eine Differenz existiert. Wie ist denn der
Differenzbegriff definiert?
Grundsätzlich steht dieser Bezeichner doch für einen Unterschied, oder etwa nicht? Und
somit sollte doch einvernehmlich klar dazulegen sein, dass ein Unterschied zwischen
Materie und Geist existiert. Für Dich jedoch als Materialist, resp. Naturalist, das haben
unsere zurückliegenden Diskurse gezeigt, gibt es keinen Geist und somit kannst Du auch
keinen Unterschied zwischen purer Körperlichkeit, sprich Materie und eben Geist, als ein
Immaterielles ausmachen. Daher ist es sinnlos, sich mit Dir darüber auszutauschen.
Ich hatte, bezogen auf das Thema von Schöpfungserzählungen auf Joseph geantwortet, der von
mir wissen wollte, wie ich als einerseits naturwissenschaftlich orientierter Zeitgenosse,
andererseits als mit der biblischen Schöpfungsgeschichte vertrauter Katholik mit diesem
Spannungsfeld umgehen kann. Nun könnte ich es mir leicht machen und das dem Werner
Heisenberg zugeschriebene Zitat anführen: Betreibt man Naturwissenschaft, wird man zum
Atheisten, geht man der Sache auf den Grund, findet man Gott (sinngemäß).
Obwohl ich Heisenberg schon in jungen Jahren gelesen habe (z.B. der Teil und das Ganze),
weiss ich nicht, welches Gottesbild er wirklich vor Augen hatte.
Mein Gottesbild hat sich im Verlaufe der Zeit grundsätzlich verändert. Nahezu zwangsweise,
wurde in den Schulen (zumindest hier im süddeutschen Raum) das antropomorphe Bild eines
Gottes vermittelt und man hatte eigentlich keinen Grund und auch keine Chance, daran zu
zweifeln. Wer es jedoch nicht vermag, sich von diesen metaphorischen Bildern zu lösen,
muss zwangsweise in diesen verhaftet bleiben, wie das auf erschreckende Art etwa bei
Kreationisten zutrifft.
Das geht also nun in Richtung der Frage von Joseph, wie ich dieses vermittelte Bild mit
den mir mittlerweile verfügbaren naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, bezogen auf
Feldtheorien etc. in Einklang bringen kann.
Aus all den hier geführten Diskursen sollte längst erkennbar sein, dass ich mitnichten
noch einem naiven Gottesbild, resp. damit verbundenen Schöpfungserzählungen anhänge. Damit
kann aber doch nicht ausgeschlossen sein, dass man - eben zur Überwindung dieser
Sichtweisen – auf diese zurückgreift, um zu zeigen, dass Menschen vergangener Epochen gar
keine Chance hatten, sich die von ihnen wahrgenommenen unerklärlichen Phänomene, anders
als eben von übersinnlichen Wesen ausgehend, zu erklären.
Heute sind wir ein gutes Stück weiter in der Sicht auf das Weltgeschehen und brauchen
keine Geister- und Gespensterstories mehr bemühen, um nicht unmittelbar fassbares,
messbares Geschehen zu erklären.
Was aber Metaphysik schlechthin anbelangt, tappen Menschen weiterhin im Dunklen und
Materialisten ertappen sich dabei, z.B. keine Erklärung für die „Dunkle Materie“ unseres
Universums zu haben. Also ist jegliche Arroganz materialistisch angelegter Zeitgenossen
unangebracht, ebenso wie auch alle fragwürdig esoterischen oder naiv religiös angelegten
Erklärungsversuche. Ohne Zweifel gibt es neben der reinen Körperlichkeit dieser Welt auch
eine geistige, sprich immaterielle Sphäre. Daran zu zweifeln ist für jene verständlich und
legitim, die sich dieser „geistigen“ Welt verschließen oder diese schlicht nicht
wahrzunehmen im Stande sind. So bleibt es jedem Menschen selbst überlassen, welches
Weltbild er als gültig annimmt. Bedauerlicher- wie auch erschreckenderweise führen jedoch
verzerrte, auf fragwürdige Jenseitsperspektiven, vornehmlich auf das Wohl eines jenseitig
ewig fortlebenden ICH ausgerichtete Sichtweisen zu erheblichem Unheil in dieser Welt.
Nichts ist schlimmer und verwerflicher, als fälschlich vermittelte und gelebte Religion
oder Ideologie welcher Art immer.
Um dabei noch einmal auf die christliche Schöpfungserzählung abzuheben, sollten auch
Atheisten erkennen, dass es sich dabei um die Schilderung der Schaffung von Welt- und
Mensch handelt, die vor Tausenden Jahren, mangels naturwissenschaftlicher Erkenntnisse
kaum anders als eben in dieser methaphorischen Darlegung zu vermitteln war. Sollte man den
Menschen dieser Zeit verdenken, sich Gedanken über ihr Entstehen und ihre Lebenswelt
gemacht und diese schriftlich dargelegt zu haben?
Was nun das aktuelle Lehren dieser Schöpfungsgeschichte in Schulen heutiger Zeit
anbelangt, liegt es an der Ausführung entsprechender Lehrpläne. Hier in Bayern geht man
auf die christliche, wie auch auf die Schöpfungserzählung anderer Kulturräume aus
historischer Sicht ein und man ist weit davon entfernt, diese als zur „Verblödung“
dienende Lehre zu vermitteln. Ich kann mir das für Deinen Heimatbereich nicht anders
vorstellen. So ist Deine antizipierende Einlassung schlichtweg unangebrachte Polemik.
Wenn ich mir Deine Replik ansehe, Ingo, kann ich nur davon ausgehen, dass Du meine
Ausführungen inhaltlich gar nicht erst kognitiv zu erfassen suchst, sondern unvermittelt
eine Gegenposition einnimmst, die Deiner atheistischen Weltanschauung zufolge schlichtweg
nicht anders ausfallen kann. Weniger schön daran ist, dass Du in Deiner Gegenrede mit
Ausdrücken wie „Geschwafel“, „Geschwurbel“ argumentierst, was Deiner hier oft beschworenen
Redlichkeit des Diskurses fundamental entgegen steht. Diese Gegenrede wirkt schlicht
beleidigend. Du solltest Dich damit abfinden, dass es auch andere Sichtweisen auf „Gott
und Welt“ gibt.
Wir brauchen hier nicht zum hundertsten Mal beschreiben, wie oft Religion, die
Begrifflichkeit eines Gottes oder eben generell Metaphysik mißbräuchlich oder schlichtweg
unzutreffend beschrieben und gelebt wird. Doch deshalb diese Themen grundsätzlich als
nicht diskussionswürdig, eben als Geschwurbel und Geschwätz abzutun, entbehrt eben der
gebotenen Seriosität eines Diskussionsforums.
Karl
Am 29.10.2023 um 12:06 schrieb Ingo Tessmann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 29.10.2023 um 02:08 schrieb Karl Janssen über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at <mailto:philweb@lists.philo.at>>:
… das Prinzip der Differenz von Materie und Geist jedoch, wird als axiomatisch
angelegtes Faktum bestätigt bleiben.
Moin Karl,
was soll denn ein „axiomatisch angelegtes Faktum“ sein? Axiome sind Normen, was aber
zumeist verschleiert wird, wie bspw. in: „Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch!“
Fakten sind empirisch, wie bspw. „Die Fallbeschleunigung in Erdnähe liegt bei 9,81 m/s^2.“
Du kannst schwafeln wie die willst. Dem Geschwafel aber einen seriösen Anschein geben zu
wollen, ist bloß ideologisch, gibt es doch seriöse Philosophien, wie bspw. den meth.
Konstruktivismus, die ohne Geist und Materie auskommen, sie aber (weder axiomatisch noch
faktisch) zu abstrahieren wissen.
Ich verblöde jedenfalls keine Kinder mit Schöpfungsgeschichten, sondern beantworte ihre
vielen Fragen nüchtern rational. Das kann lange dauern, aber die Lütten wechseln schon von
selbst das Thema, um gleichwohl immer wieder darauf zurückzukommen, um so ihr Verständnis
schrittweise zu verbessern. Natürlich ist meine Sinnstiftung nur ein Tropfen im Meer des
Unsinns. Leider ist mir keine Kultur bekannt, in der die Kinder nicht verblödet und ich
mich nicht fremd fühlte.
Natur- und Menschheitsgeschichte in Bilderfolgen hat Jens Harder mit „Alpha" (Die
große Erzählung 1) vorgelegt. Er beginnt mit einem sich über mehrere Seiten ausdehnenden
Punkt bis zur Explosion im Urblitz;— worin wir womöglich auch wieder verschwinden werden.
Einen Punkt erkennen schon vorsprachlich die Lütten. Später dann werden sie verstehen, was
es mit einer Singularität auf sich hat. Alpha ist ein passendes Geschenk schon für die
Kleinen, ohne sie bereits mit den Schöpfungsgeschichten zu verblöden. Und solange die
Kinder noch nicht lesen können, ist es eine herausfordernde Aufgabe für die Eltern, ihnen
zu den Bilderfolgen plausible und nicht nur phantasierte Geschichten zu erzählen.
https://www.carlsen.de/hardcover/alpha-die-grosse-erzählung-1/978-3-551-789…
<https://www.carlsen.de/hardcover/alpha-die-grosse-erz%C3%A4hlung-1/978-3-551-78980-8>
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