Lieber Ingo, lieber Joseph,
Danke für Eure Antworten bzw. Hinweise.
Das Brückenbeispiel kenne ich, es ist für unsere Diskussion gut geeignet. Die Brücke wird
in diesem Beispiel nicht statisch, sondern als Vorgang gesehen, als „Brücke in Bewegung“.
Wir (wie immer: unsere Gruppe) stellen diesen Vorgang als Zustandswechsel dar - ganz
konventionell. Die Zustände können unter Voraussetzung der Eigenschaft, von der sie
Zustände sind, gemessen werden.
Die Tänzer, der Wind, Fahrzeuge sind weiter Prozesse der entsprechenden Eigenschaften
„Tänzer Sein“, „Wind Sein“ etc.
Beide Arten von Prozessen konvergieren auf ein gemeinsames „Eine Eigenschaft Sein“,
nämlich das „Brücke-Tänzer“ Sein. Indem es wieder eine Eigenschaft ist, können deren
Zustände unter Voraussetzung der Eigenschaft, von der sie Zustände sind gemessen werden.
Dass die eine Eigenschaft - „Tänzer Sein“ mit der anderen Eigenschaft „Brücke Sein“
überhaupt in Verbindung treten und zu einer gemeinsamen Eigenschaft „Brücke mit Tänzer
Sein“ zusammengehen kann ist begründet darin, dass es eine gemeinsame Form des als Zustand
Ausgeprägt Seins - somit der jeweiligen Zuständlichkeit gibt, über die ein Zustandswechsel
der einen Eigenschaft auf Eigenschafts-gebundene, Eigenschafts-konforme Weise einen
Zustandswechsel der anderen Eigenschaft anstoßen kann. Dieser geteilte Aspekt ist „Masse
Sein“, und als Vorgehen: als Masse Zustandswechsel durchlaufen.
Enthalten in diesem gemeinsamen - selber eigenschaftlichen Medium namens „Masse Sein“,
und als Vorgehen: als Masse Zustandswechsel durchlaufen, und darüber als getrennte
Eigenschaften „miteinander geordnet („sinnvoll“) kommunizierend, sich zu Zustandswechseln
anstoßend vereinen sich die parallelen Vorgänge zu einem gemeinsamen Vorgehen.
Das Ganze ist auf jeweilige Eigenschaftlichkeit abhebend deskriptiv und darin eine
legitime Möglichkeit der Beschreibung, die zu der auf die metrische Abbildung
eigenschaftlicher Zustände und Zustandswechsel abhebenden hinzutritt.
Es ist der dem "Eigenschaftlichkeits- alias jeweiligem „der Beobachtung nach eine
bestimmte Qualität-Sein““ gewidmete Zugang.
Der quantifizierende Zugang ist auf das Gegebensein eines gemeinsamen „Mediums“ als
geteiltem Aspekt der Zuständlichkeit angewiesen. Wo es diesen gemeinsamen Aspekt der
Zuständlichkeit nicht gibt, greift das Quantifizieren nicht.
Die letzten, unabhängig von jeder Jeweiligkeit / Besonderheit eines Eine- Eigenschaft
Seins angenommenen, somit alles umgreifenden und damit von allem geteilten Aspekte der
Zuständlichkeit sind Räumlichkeit und Zeitlichkeit.
In unserem Ansatz sehen wir eine geteilte Eigenschaftlichkeit dadurch gegeben, dass - und
dann gegeben, wenn - es eine gemeinsame Form des als Zustand Ausgeprägt Seins - somit der
jeweiligen Zuständlichkeit gibt, über die ein Zustandswechsel der einen Eigenschaft auf
Eigenschafts-gebundene, Eigenschafts-konforme Weise einen Zustandswechsel der anderen
Eigenschaft anstoßen kann.
Wenn jetzt bloße Räumlichkeit und bloße Zeitlichkeit, als bloßes Räumlich-Sein und
Zeitlich-Sein nicht die Form des Ausgeprägt-Seins sind, die einen Zustandswechsel einer
anderen Eigenschaft anstoßen, dann muss der Blick kleinteiliger werden, nach jeweiligen
geteilten Formen des Ausgeprägtseins suchen, über die als geteilter tatsächlich ein
Kommunizieren der einen Eigenschaft mit der weiteren in den Blick genommenen Eigenschaft
geschieht.
Nach dieser zwei Jeweiligkeiten gemeinsamen Form des Ausgeprägt-Seins zu suchen, das ist
unser Ansatz. Er geht von Eigenschaften aus (jeweilige Eigenschafts-Hypothesen) und sucht
nach dem, was diese vermutete Eigenschaft hinsichtlich einer geteilten Form des
zuständlichen Ausgeprägt-Seins mit einer anderen vermuteten Eigenschaft verbindet.
Wir gehen somit von jeweils zu identifizierenden Eigenschaftsräumen (im allgemeinen Raum
und allgemeiner Zeit) aus anstatt die Gegebenheit eines gemeinsamen Aspekts der
Zuständlichkeit dadurch, dass ja alles in Raum und Zeit geschehe pauschal vorauszusetzen.
Durch die beibehaltene Eigenschafts-Gebundenheit unseres Zugangs können wir auf die Ebene
des „Sinns“ einer Interaktion gelangen, weil sich dieser ohne Bezug auf
Eigenschaftlichkeit nicht erschließen lässt (das ist ein Sinn-bezogener
Informationsbegriff; der Shannonsche Informationsbegriff hat mit dem Inhalt und somit dem
„Sinn“ einer Information ausdrücklich nichts zu tun).
Zudem können wir auf die Ebene des bestimmten Seins reflektieren, somit auf die
existentielle Ebene - das ist für therapeutisches Arbeiten bisweilen (nicht ständig) von
Bedeutung.
Zusammengefasst geht unser qualifizierender Ansatz von vermuteter (und durch Beobachtung
von Wiederholung in Unterschiedenheit je zu beweisender) Eigenschaftlichkeit aus, während
der quantifizierende Ansatz die Gegebenheit einer jeweiligen Eigenschaftlichkeit
voraussetzt und innerhalb diser sowie innerhalb größerer, geteilter Eigenschaftlichkeit
Skalen anlegt.
Dabei ist die auf Eigenschaftlichkeit ausgerichtete Beschreibung bestenfalls imstande, das
Gegebensein abgrenzbarer (dynamisch gedachter) Identitäten zu behaupten. Die quantitativen
Aspekte zu erfassen, dazu bedarf es der messenden Beschreibung.
Das Nebeneinander und Miteinander beider Zugänge ist keine Frage des besseren oder
schlechteren Zugangs, beide Zugänge haben ihren Sinn und sind unverzichtbar - siehe
Brückeneinsturzgefahr….
Viele Grüße,
Thomas
Am 08.02.2021 um 13:10 schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
Am 07.02.2021 um 11:28 schrieb Dr. Dr. Thomas
Fröhlich <dr.thomas.froehlich(a)t-online.de
<mailto:dr.thomas.froehlich@t-online.de>>:
Formal können drei Arten von Zustandswechseln zweier angenommener Zustände angenommen
werden: vom einen zum anderen, von dem anderen zum einen, und von einem zum wiederum
einen. Das Gebilde hat dann die formale Eigenschaft einer mathematischen Gruppe.
Unsere kleinsten, grundsätzlich interaktiven (allerdings nicht als statische Zahlen
abbildbaren) Einheiten sind somit formal jeweilige mathematische Gruppen, die in möglichen
Zustandswechseln bestehen und somit Dynamik „in sich selbst“ enthalten. Aus diesen
herausgegriffenen Einzeldynamiken können sich größere Dynamik-Einheiten bilden, die
wiederum – hier greift das Mengen-Bild – zu weiteren, noch größeren Einheiten
zusammenlaufen können.
Die Vorgangs-Mengen bestehen aber, wie gesagt, nicht aus Zahlen oder statisch gedachten
Zeichen, sondern eben aus Dynamiken, die sich aus einem Grund, einem Potential heraus
entfalten.
Die Darstellung in Symbolen (und Zahlen, mit deren Hilfe als Index wir Zustände einer
Eigenschaft voneinander unterscheiden) wurde von dem genannten Physiker erarbeitet. In
unseren Artikeln nehmen wir Bezug auf Prozess-Ontologien (Whitehead, und, noch nicht
zitiert, da mir erst kürzlich bekannt geworden: Wolfgang Sohst). Eine Übertragung im Sinn
der Abbildung kann nur eine von einer Art von Dynamik in eine andere Art von Dynamik sein,
die Abbildungselemente müssen also selber bereits Prozesse sein.
Hi Thomas,
ich verstehe nicht, was Du gegen Zahlen hast, leidest Du vielleicht an einer
Zahlenphobie? Das Zählen wie das Erzählen sind doch gleichermaßen originäre menschliche
Vermögen. Und gerade das, worauf es Dir ankommt, die Prozessdynamik, wird durch
algorithmisch prozessierte Zahlen- oder Bildfolgen in Simulationen oder Filmen sehr viel
besser erfasst als durch statische Symbole oder viele Worte.
Vielleicht können wir die Zustandsänderungen einmal an einem anderen Beispiel als dem
Motorrad, den Tänzern und Reaktanten durchspielen? Ich denke dabei an eine Hängebrücke,
aufgespannt zwischen zwei Landfesten über strömenden Wassern im Wind schwingend und vom
Sonnenlicht gewärmt. Die vier klass. Elemente bilden gleichsam das Äußere und die Brücke
das Innere.
Aus der Anfängervorlesung zur Experimentalphysik erinnere ich mich an einen
beeindruckenden Film, in dem uns im großen Hörsaal gezeigt wurde, wie eine gerade
befahrene Hängebrücke am helllichten Tag erst kaum merklich, dann langsam zunehmend
heftiger werdend in Schwingungen geriet, die letztendlich so stark wurden, dass die Brücke
zerbrach und mit einigen Autos in den Fluss stürzte. Spektakulär!
Heute gibt es den Film wohl auf youtube. Was wir dabei lernen sollten, war natürlich, den
Resonanzeffekt ernst zu nehmen. Aber erfüllt dieses Geschehen nicht ebenso wie Dein
Motorrad-Beispiel auch alle Kriterien für ein DCP? Das Innen ist die in ihrer Zwangslage
auf sich selbst zurückwirkende Brücke. Das wesentliche Äußere der ungewöhnliche Wind, den
man nicht sieht und was den Film so kurios macht. Das materialbedingte Einschwingen der
Brücke auf die äußeren Windschwingungen führt aber (in diesem seltenen Fall) nur
vorübergehend zu einer "Kohärenz"; denn nähert sich die äußere Anregung der
(inneren) Eigenfrequenz schaukelt sich die Eigenschwingung der Brücke sehr schnell auf.
Ebenso wie das Zusammenspiel der Tänzer oder Reaktanten kann man auch "Brücke und
Elemente" filmen, beschreiben und - berechnen. Bei den Tänzern dürfte es aber am
schwierigsten werden, obwohl Tanzszenen ebenso wie Schwärme bereits vielfach simuliert
wurden. Meine Vermutung ist, dass sich letztlich jede Prozesstheorie mit ihrer inhärenten
Dynamik nur quantitativ hinreichend erfassen lässt und die qualitativ symbolischen
Beschreibungen trotz der vielen Worte stets grobe Näherungen dafür bleiben; wobei ich
gerade daran denke, was aus einem "Bootstrap DCP from Self-Referential Noise“ werden
könnte…
Es grüßt,
Ingo