Am 28.01.2021 um 12:04 schrieb Ingo Tessmann:
Am 27.01.2021 um 02:01 schrieb K. Janssen
<janssen.kja(a)online.de
<mailto:janssen.kja@online.de>>:
Ach ja, Ingo! Zwar habe ich keine Vision von Parthenogenese (und das
als Katholik!), bestenfalls Kenntnis von diesbezüglich antiken Mythen
– und …
… ich frage mich, warum die Parthenogenese nicht schon längst
biotechnologisch allen Frauen als frei wählbare Alternative zur
Selbstreproduktion ermöglicht worden ist!? Vermutlich weil wir im
Patriarchat leben und keiner der herrschenden Männer ein Interesse
daran hat, Frauen mehr Reproduktonsfreiheit einzuräumen. Bisher sind
mir dazu nur Forschungen mit Mäusen aus Japan bekannt geworden.
Ich bin mir nicht sicher, ob (wirkliche) Frauen das Matriarchat als
Herrschaftsform zum Preis biotechnologisch angelegter Parthenogenese
erkaufen wollen. Für mich gilt: beide Machtformen führen in extremer
Ausprägung nicht zu einer positiven Weiterentwicklung der Menschheit.
PS:
Sloterdijks Sphären-Trilogie kenne ich nur vom „Hörensagen“; was
das Volumen dieses Buches anbelangt gilt also: nomen est omen. Gibt
es eine Zusammenfassung dieses gigantischen Werks?
Nur ein paar all zu kurze Übersichten in verschiedenen Kontexten habe
ich gefunden. Falls Du nicht schon selbst fündig geworden sein
solltest, findet sich hier zum Auftakt ein Interview mit dem Autor:
https://www.archplus.net/home/archiv/artikel/46,27,1,0.html?tk=1
Im Anschluss an Heideggers „Sein und Zeit“ wird Sloterdijks
Sphärenphilosophie auch als „Sein und Raum“ kommentiert:
https://gh.copernicus.org/articles/73/261/2018/gh-73-261-2018.pdf
Nun habe mir diese Quellen durchgelesen.
Wenn ich also sage, Sloterdijks Buch nur dem „Hörensagen“ nach zu
kennen, sollte ich allerdings schon auch erwähnt haben, einige
Rezensionen dazu und beliebige Bezüge darauf gelesen zu haben (und
mittlerweile noch weitere).
Und so meine ich für mein Teil sagen zu können, dass für die von
Boos/Runkel gegebene Einführung in „die ungeheuerliche Raumphilosophie
von Peter Sloterdijk“ gilt: Schuster bleib bei deinen Leisten!
Was in diesem Fall bedeutet: wären die Autoren doch nur bei ihrem
Fachgebiet der Geographie geblieben! Philosophische Betrachtung an sich
und schon gar nicht Sloterdijks dementsprechender Zugang zur Thematik
von Räumen/Blasen scheint nicht im Vordergrund ihrer „Einführung“ zu
stehen (auch wenn Boos sich in seiner Forschungs-Arbeit auf diese
"ungeheuerliche" Trilogie bezieht).
Sloterdijk ist bekanntlich ein Meister der Sprachspiele, des
„philosophischen Mehrkampfes“, gilt als scharfsinniger Intellektueller
und wird nicht selten als schillernde Persönlichkeit gesehen. Mit diesem
Profil bietet er natürlich beliebige Angriffsflächen, vor allem für
Vertreter der links-intellektuellen Szene, die ihn als deren einstige
Gallionsfigur mittlerweile vom Sockel gestoßen haben.
Ihn scheint es nicht sonderlich zu stören und womöglich folgt er damit
Nietzsche (einem seiner philosophischen Leitfiguren - oder sogar
Lehrmeister) und somit spricht er wie dieser Klartext, durchaus auch in
eigener Sache.
Seinen Kritikern, vornehmlich aus besagtem Milieu sozio-ideologisierter
Feuilletonisten, wirft er seinerseits „junge Ahnungslosigkeit“ vor.
Dieser Zuschreibung kann ich mich hinsichtlich besagter Rezension von
Sloterdiks Sphären-Trilogie nur anschließen.
Wie gesagt, m.E. wären die beiden Rezensenten besser in ihren eigenen
„Sphären“ der Geographie geblieben, denn es geht ihnen offensichtlich
nicht um den genuin philosophischen Kern des voluminösen Werks, sondern
um die Kritik an Sloterdijks (offensichtlich gewandelter)
gesellschaftspolitischen Einstellung bzw. seiner Bewertung
diesbezüglicher (Raum-)Strukturen.
So beispielsweise verdeutlicht in ihrer Fussnote 6)
/„Zuweilen versteigt sich Sloterdijk in relativ krude biopolitische
Ansichten wie z.B. in seiner Diskussion – inklusive Schulterschluss zu
Huntingtons „Kampf der Kulturen“ (2006) – des Bevölkerungswachstums in
der arabischen und afrikanischen Welt, wo er nicht zurückschreckt von
„verwilderte[n] Kampffortpflanzungen“ und „biologische[n] Explosiva“ zu
sprechen (Sloterdijk, 2016a:58f.).“/
Als ob nicht jedermann in unserem Kulturkreis klar sein müsste, dass die
unbedachte, ungehemmt betriebene „Fortpflanzung“ im beschriebenen
Weltteil (und nicht nur dort) zu einer Bevölkerungsexplosion führen
wird, die in ihrer gesellschaftspolitischen Auswirkung auf diese Welt
verheerend sein wird.
Nein, das tut mir leid: für solch verdrehte (ideologisch gefärbte)
Sichtweisen fehlt mir jegliche Toleranz. Die anderen Beispiele aus
dieser Rezension zu kommentieren, erspare ich mir und damit den in mir
diesbezüglich aufkommenden Unmut.
Man kann Sloterdijk sehen, wie man will. Seine kunstvollen - von vielen
kaum verstandenen - Wortschöpfungen und Satzformungen, seine ihm
zukommende eindeutige Authentizität ... und so fort: Sie zeigen
vornehmlich Eines - Sloterdijk hat Profil.
Und wenn er sagt:
„Seit einem Jahrhundert liegt die Philosophie im Sterben und kann es
nicht, weil ihre Aufgabe nicht erfüllt ist..“,
werden die (etwa in der Nachfolge des „philosophischen Quartetts“) in
der heutigen TV/Medienlandschaft als Philosophen gefeierten Figuren
keinesfalls im Stande sein, diese Aufgabe zu erfüllen!
Bedenklicher Trend zur Verflachung, wie mittelmäßig installierter
Journalismus in Führungsetagen des ÖR das Thema Philosophie „volksnah“
vermittelt sehen will.
Dort (vornehmlich die Zweite dieser verflachten Meinungsschmieden)
versteht man offenbar nichts von der „Kunst des Sterbens“.
Wo tagtäglich selbstherrlich gelackte Protagonisten des
Mainstream-Journalismus, der sich längst zur Vierten Staatengewalt (mit
fragwürdigem „Framing“ und selbstverantwortlich geschneiderten Gesetzen
der PC) entwickelt hat, Frage-und Antwortstunden (sog. Talkshows)
abhalten, findet „mit kurzem Gedächtnis und selbstverliebt Verdrängung
insbesondere kognitiver Dissonanzen“ statt (um es mit Waldemars Worten
auszudrücken).
Larry King war das US-Vorzeige-Modell (Gott hab ihn endlich selig)
dieser Art von Mediengewalt, ausgeübt von gottgleichen Lichtgestalten,
die Politiker, wie Prominente jeglicher Art und Coleur zu Kreuze
kriechen lassen.
Diese Art von (Unsummen verschlingenden) Medienjournalismus würde man
das Sterben wünschen, ebenso diesen (offenbar nicht nur mir)
unerträglichen Serien, deren Schauspieler durch ihre Dauerpräsenz auf
allen Kanälen jegliche Charakteristik für wirklich gute (und daher
wenige) Filme verloren geht. Ich kann das nicht mehr sehen und halte
mich natürlich weitestgehend entfernt davon.
Vermutlich weiß nicht nur ich, was mit dem Ausscheiden eines Sloterdijk
oder Safranski verloren gegangen ist. Mir selbst spart das Zeit, die ich
weder mit deren Nachfolgern noch (wie gesagt) mit anderen omnipräsenten
Talkshow-Größen des ÖR verschwende.
Bester Gruß in die Runde! - Karl