Am 01.07.22 um 18:14 schrieb waldemar_hammel:
vorab schonmal gesagt, weil mir das wichtig scheint (auf das weitere
werde ich noch eingehen):
ich weiche deiner vorstellung "philosophisch verstandener information"
nicht aus, im gegenteil, mein modell inkludiert sie (mein modell:
S-I-N = physikalisches signal => wird in detektoren zu infomation =>
wird in nachgeschalteter verarbeitung "auf-autopoetisiert" zu nachricht)
Dieses Dein Modell begleitet unsere Diskussionen hier von Beginn an und
ich habe es intuitiv immer als eine sehr eigenwillige Interpretation
des Informationsbegriffs angesehen. Sie gab und gibt mir immer wieder
zu denken, daher sollte ich nun versuchen, sie etwas näher zu betrachten
und meine diesbezügliche Skepsis zu begründen:
Die Abfolge „physikalisches Signal => Detektor => Nachricht“ beschreibt
m.E. keinesfalls die Begrifflichkeit von Information schlechthin, da sie
in sich (per Definition) nicht konsistent angelegt ist; sie bedarf einer
klar differenzierten Darstellung der Komponenten des benannten Signalwegs.
So ist zunächst zu klären, was unter einem Signal zu verstehen ist.
Konsensfähig sollte sein, dass es sich dabei um ein - mit einer
Bedeutung versehenes - Zeichen handelt. Somit hat dieses Zeichen bereits
als Indikator einen potentiellen Informationsgehalt, der zur
Signalisierung bezüglich der dem Zeichen aufgeprägten Information dient
, wie beispielsweise ein Handzeichen, aber auch ein körpersprachlicher
Ausdruck (Gestik/Mimik) oder technisch etwa ein Farbsignal wie die
Verkehrsampel.
Der Kommunikationskanal (Signalweg), also das Trägermedium, über den das
Signal zum potentiellen Empfänger läuft, hat mit der dem Signal genuin
aufgeprägten Information nichts zu tun.
Die gelungene Informationsübertragung selbst setzt einen hinreichend
funktionierenden Nachrichtenkanal (z.B. Licht, elektromagn. Wellen) und
entsprechende Detektion sowie das Verstehen (ggf. nach Decodierung) des
übermittelten Signals durch den Empfänger voraus. Eine solchermaßen
übertragene Nachricht beinhaltet jedoch nicht in jedem Fall Information
im Sinne ihrer Definition, da die Nachricht/Mitteilung ggf. keine
Erweiterung bzw. Erneuerung des Wissensstandes beim Empfänger
darstellt. Allenfalls ist die Erkenntnis des Empfängers als Information
zu sehen, dass mit der Nachricht nichts Neues übertragen wurde.
Du sprichst von einem „physikalischen Signal“ unter dem man auch ein mit
einer Signatur (Information) versehenes Substrat (Körperlichkeit)
verstehen könnte.
Als Beispiel aus der Biologie (mein bildungsmäßig blinder Fleck) könnten
Signaturen (grelle) Signalfarben gelten, die giftige Frösche als Warnung
für Fressfeinde annehmen, um diese über die tödlichen Abschreckwaffen
(der Frösche) zu informieren.
Das hat sich zuletzt auch ein menschlicher Frosch zu eigen gemacht, wie
man aus seiner Signalisierung grellster Farben eines Atompilz-Blitzes
eben genau seine Information/Message verstehen soll: „Beiße nicht zu,
mein Feind – ansonsten du an meinem Gift (den durchaus giftigen
Atompilzen) selbst zugrunde gehen wirst!“. Diese die Vernichtung des
Feindes androhende Information entsteht nicht erst bei der Detektion
dieser Signalisierung, sondern ist eindeutig bereits in letzterer
angelegt bzw. damit intendiert.
Man spricht nicht von ungefähr von Signalen, die entsprechende
Reaktionen/Handlungen auslösen sollen. Natürlich spielen sinnliche
Wahrnehmungs/Erkennungsprozesse (Detektion) sowie der darauf aufsetzende
Verarbeitungsprozess der aufgenommenen Information (kognitive
Perzeption/Verstehen des Informationsgehalts) eine tragende Rolle im
gesamten Signalweg der Nachricht, wenn diese beim Empfänger konkret
"ankommen" soll.
Das kognitive Erfassen einer Information und die daraus abgeleitete
Inferenz sind dabei die wesentlich entscheidenden Kriterien im
Gesamtkomplex einer informationstragenden Nachrichtenübermittlung.
Soweit erst mal meinerseits zum vorwiegend kommunikationstechnisch
angelegten Informationsbegriff, der sich in philosophischer Sicht von
seiner lateinischen Wortherkunft „informatio“ ableitet und man damit
eine Vorstellung von einem Sachverhalt bzw. transitiv dessen
Erläuterung/Schilderung verbindet. Mit der Verbform „informare“ nimmt
der Begriff eine aktive Bedeutung an, im Sinne von formen, bilden,
gestalten, unterrichten und dergleichen. Ein kommunikationstechnischer
Aspekt hat diesbezüglich keine Relevanz.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: apropos Runde. Zunehmend habe ich den Eindruck, dass nur noch sehr
wenige von insgesamt 70 Teilnehmenden, die sich in die Mitgliederliste
von philweb eingetragen haben, ein Interesse an diesem Forum haben.
Womöglich haben tatsächlich Corona-Virus, Kriegsgeschehen und seine
Auswirkungen auf die hiesige Gesellschaft sowie eine allgemein um sich
greifende Verdrossenheit eine gewisse Resignation ausgelöst.
Als ich kürzlich (ehrenamtlich) auf der Suche nach Menschen, die in
einer Vorstandschaft Verantwortung übernehmen sollten, an deren
resignierenden Gesichtsausdrücken ihre ablehnende Haltung ablesen
konnte, wurde mir auf erschreckende Weise klar: Nicht ein Gott
(Nietzsche: ihr habt ihn getötet) ist tot, sondern diese Gesellschaft;
sie hat sich am Zuviel des Alltags zu Tode erschöpft. Man will
eigentlich nicht(s) mehr hören, nicht(s) mehr sehen, nicht(s) mehr tun
als unbedingt nötig. Ich fürchte, das wird auch philweb töten.