Am 15.12.2020 um 15:42 schrieb Joseph Hipp via Philweb:
[Philweb]
Einige hier schrieben öfters kontrovers, das ist bekannt. Das stört
mich insoweit nicht, weil das Lesen von nicht-Relevantem oder
Bekanntem schnell übergangen ist. Anders gesagt:
Mich stört es nicht, wenn das Rad ständig neu erfunden wird. Nicht
jeder ist vielwissend. Hier würde ich mich freuen, zu diskutieren, was
gerade dabei ist, erfunden zu werden, welche Lösungsvorschläge es zu
Sachen und Problemen gibt, und diese zu ordnen.
Mich stört es auch nicht, wenn eine Sache ständig wiederholt wird. Es
kann ja sein, dass die Person eine andere braucht, die ihr zuhört.
Mich würde es freuen, wenn die Person die internen Probleme der Sache
sagen würden, und das könnte dann diskutiert werden.
Das sind schon sehr ermunternde, konstruktive Vorschläge, um
Diskussionen in einem hinreichenden Konsens (die Meinungen beider Seiten
respektierend) zu gestalten!
Dieses läuft ja auch auf die Gewährung von Meinungsfreiheit hinaus. Wir
hatten zu diesem Thema hier vor kurzem geschrieben, doch die Diktion war
von mir zu abstrakt auf Diskursethik ausgerichtet und wurde deshalb
nicht so verstanden, dass ich damit auf das Erfordernis hinweisen
wollte, unsere Diskussionen hier in diesem Sinne dementsprechend zu
gestalten.
Mir ist bewusst, dass sogar wenn nur zwei Personen miteinander
sprechen, das Problem des Transzendierens entsteht.Dann wird statt zur
Sache zu sprechen, darüber gesprochen. Oder die Sache wird in eine
Schublade zu gesteckt, und mit Sachen aus anderen Schubladen gedacht,
verglichen, usw. Aber das kann unerwünscht sein. Hier würde ich mich
freuen, wenn das im Laufe des Gesprächs in jedem Hinterkopf wäre.Ganz
offensichtlich, vielleicht aber auch irgendwie unumgänglich unterliegt
man „Schubladen-Denken“. Damit verengt sich der jeweilige Blickwinkel
naturgemäß auf die darauf reduzierten Denkmodelle; Einerlei, ob es
sich dabei um allgemeingültige Fakten oder eben um persönliche
Einschätzungen bzw. Überzeugungen handelt. Hinzu kommt der Umstand,
das Menschen dazu neigen, zunächst auf Negativerfahrungen rekurrieren
und damit optimistische Einschätzungen oder schlichtweg das Positive
des Lebens im Hintergrund bleiben.
Wenn nicht, stört es mich auch nicht, weil ich die
entsprechenden
Sachen überspringen kann. Ich kann auch nicht sagen: Hört auf, so zu
sprechen, das wäre ja auch ein Transzendieren.
Ja doch, man sollte das schon zum Ausdruck bringen (unabhängig davon, ob
es ein Transzendieren wäre). Mit derartiger Einlassung würde genau
dieses Korrektiv erfolgen, das hier in den Diskussion fehlt.
Oder wenn ich mich so verhalten würde, wie ein
Gesprächsleiter oder
gar Richter, so dass die anderen Angst vor mir hätten, und von mir
eingesperrt zu werden. Dann nehme ich ausnahmsweise die Täter lieber
in Schutz, indem ich nichts sage, auch dann wenn gestritten wird, und
es gar keinen Täter gibt. (ein Paradox?!) Ganz sicher habe ich mir die
Ausnahme des Transzendierens hier einmal erlaubt, ich bitte um Übersehen.
Die philweb-Liste ist ausdrücklich kein moderiertes Diskussionsforum und
ich denke, dass dies den großen Vorteil mit sich bringt, unabhängig von
einer (schlichtenden, wertenden, abwürgenden etc.) Einflussnahme eines
„Moderators“ ein breites Themenspektrum diskutieren zu können.
Fehlende Moderation setzt aber eine hinreichende Disziplin bzgl. Diktion
(insbes. der Wortwahl) der in Diskussion stehenden Themen voraus.
Ganz ohne „Administration“ kann auch philweb nicht funktionieren.
Technische und serverspezifische Belange, also insbes. die grundsätzlich
technische Bereitstellung von Serverkapazität, haben wir Prof. Hrachovec
zu verdanken (dem wir gar nicht genug dafür danken können!). Mit der
(laufenden) Listenadministration bin ich betraut (Cyrill ist zwar immer
noch hier eingetragen, nur hören wir leider nichts mehr von ihm).
Meine diesbezügliche Verantwortung für die Listenführung muss
vornehmlich darin liegen, dass Beiträge zum einen nicht der üblichen
Netiquette entgegenstehen, zum anderen nicht in diskriminierender
Wortwahl (oder gar Appelle zu Gewalt) abgefasst werden. Zudem sollte
bedacht werden, dass alle Beiträge über das Archiv der Liste weltweit
einzusehen (und damit auch Suchmaschinen zugänglich) sind. Es handelt
sich also nicht um ein hermetisch abgeriegeltes Forum und damit hat man
in seiner Wortwahl auch Verantwortung gegenüber dem Träger der Liste!
Angenommen ich sehe jemanden, der nach Australien fliegt. Das mindert
die Lebensgrundlagen. Aber vielleicht hat er einen guten Grund. Und
wenn er keinen hat, könnte ich ihn darauf ansprechen, tue es aber
nicht. Denn das müsste er selber wissen. Ich kann ihm auch keine
Schuld zusprechen, weil hier ein Problem ist, für das es keine Gesetze
gibt, außer derer, die ein Gustav Radbruch andeutete. Radbruch war
jedoch sehr vorsichtig. Wenn jeder denkt: "Jetzt habe ich Geld
eingenommen, nun kann ich es auch ausgeben wie ich will. Geld ist
schließlich ein Universaltauschmittel. Niemand steht mir im Wege, wenn
ich etwas bestelle. Es kommen zwar viele Meldungen an Bildschirmen,
aber nicht die Meldung: Jetzt zerstört du die Lebensgrundlagen so und
so, wenn du das hier zahlst und kaufst." Allein das alles auf
intelligente Weise zu besprechen, das würde mich freuen.Die
Sippenhaft, die Schuldvergabe usw., hier denke ich an M., den Film des
Fritz Lang.
Wenn es keine Obrigkeit in einer Gesprächsrunde gibt, mag das ein
Mangel sein. Aber ich kann doch nicht in ein Wirtshaus gehen, und mich
dort ärgern. Hier ist kein Wirtshaus, ok, aber wenn mal jemand nicht
viele Regeln des Gesprächs kennt oder wenn er Gründe hat, diese nicht
anzuwenden, dann überspringe ich das, und lasse die Meinungsfreiheit
gelten.
Der Begriff von Meinungsfreiheit hat eine sehr hohe Relevanz. Diese darf
und kann jedoch nicht für diffamierende bzw. zu Gewalt aufrufende
Äußerungen etc. in Anspruch genommen werden.
Was mich auch freuen würde, wäre eine Zusammenstellung
der Probleme
des Diskutierens, das mag in Richtung Rhetorik und viele andere
Richtungen gehen.
Das wäre wirklich erfreulich, kann aber offenbar nur in einem breiter
angelegten Abstimmungsprozess (also tatsächlich unter Beteiligung
weiterer philweb-Teilnehmenden) geschehen.
Meine diesbezüglichen Einlassungen hierzu sind insofern nicht
ausreichend, als ich eben auch Diskussionspart bin und man dadurch
Gefahr läuft, Diskussionen (aus subjektiver Sicht) abzuwürgen.
Wir sollten den bislang (bis auf besagte Ausnahmen) eingeschlagenen Weg
beibehalten, philweb als themenoffenes Forum zu betreiben, dies vor
allem unter Verzicht auf „Wirtshaus-Rhetorik“. Vor allem der Verzicht
auf herabwürdigende Einlassungen, wie man diese in beliebigen Foren (vor
allem aber in sog. Sozialen Medien) erlebt.
Hier ist tatsächlich (wie Du, Joseph, sagst) kein Wirtshaus, wo nach
Belieben und in bisweilen derber Sprache die jeweilige „Gegnerschaft“
niedergemacht wird. Damit kann natürlich nicht verallgemeinert sein,
dass in Wirtshäusern immer nur auf sog. primitive Weise diskutiert wird.
Im Gegenteil: ich freue mich darauf, dort endlich wieder Freunde treffen
zu können und z.B. Philosophie oder Naturwissenschaft gänzlich außen vor
lassen zu können (müssen). Natürlich hoffe ich darauf, dass unsere
schönen Landgasthöfe (hier im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet)
keinen zu großen Schaden wg. Corona &Co. nehmen.
So auch mein Wunsch an alle hier: Gesund bleiben und Kopf hoch!
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl