Ratfrag:
Meines Erachtens ist das Konzept (dichte Begriffe, von
Hipp eingefügt) nicht trivial zu erklären. Was, je nachdem, welche Absicht man verfolgt,
ein gutes Argument für die Existenz dichter Begriffe oder für die Unklarheit des Konzeptes
ist.
(Hipp)
Nun bin ich mir sicher, dass sie (dichte Begriffe) als Umstand ein Wetzstein für meine
Zugangsweise sind, gemäß der jedes Wort ein Sollen ist, kein moralisches aber eins das auf
Verstehen abzielt.
Ratfrag:
Kannst du das näher erklären?
Hipp:
Ich gehe davon aus, dass sogar schon ein Schrei auf eine Folge wartet, nicht erst ein
Wort, ein Satz, ein Text. In der Kausalkette bzw. in den Kausalketten sind Äußerungen
nichts anderes als Geschehnisse, und umgekehrt sind Geschehnisse Folgen von anderem. Ich
abstrahiere nicht von der Kausalität, wie es das Denken oder Nachdenken für sich
beansprucht, dieses Abstrahieren läuft parallel mit der Auffassung, eine Person könne
außerhalb der Geschehnisse eine Ebene herstellen, und die erste Ebene, in der die
Kausalität angenommen wird, verlassen. So kann ich auch keine Trennung zwischen Tatsachen
und "Nicht-Tatsachen" nachvollziehen bzw. von vornherein hypothetisch annehmen,
höchstens in einem Denkspiel, in dem ich mitmachen kann.
(Eine Nebenfrage an Ratfrag: Löst sich damit nicht die Frage nach Humes Gesetz und allen
Sätzen im Zusammenhang mit dem naturalistischen Fehlschluss damit auf, wenn das Wort
Tatsachen nicht verwendet wird?)
Das vorausgeschickt, wird mit jeder Äußerung, die z.B. menschliches Denken voraussetzt,
ein Sollen mit in die Äußerungen sozusagen hinein manipuliert. Je komplexer die Äußerungen
werden, um so mehr Sollen kommt in sie hinein. Ohne irgend etwas in die Wendung Am Anfang
war das Wort hinein zu interpretieren ist der Moment des Mitmachens mit den Begriffen mit
dem Einwilligen der Person verbunden, die Wörter so zu verwenden wie derjenige, der sie
zuerst verwendete bzw. von diesen auszugehen, sie zu verwerfen, anzunehmen, zu nutzen oder
auch nicht. Es ist wie eine Falle, aus der man nicht heraus kommt. Der erste Zug ist
getan, der Vorteil dieses Zuges kann nicht mehr wettgemacht werden. Je komplexer und
unklarer die Sache ist, für die das Wort stehen soll, um so gefährlicher ist das
Mitmachen, und um so mehr Sollen ist dabei. Das ist bei Wörtern wie dichte Begriffe
genauso gut der Fall sein wie bei Wörtern wie populistisch. In der Folge ist es einfach
zu sagen: In diesen Begriffen steckt eine Wertung, was wiederum etwas mehr sein soll als
ein einfaches Sollen, das schon in einem Schrei vorhanden sein kann, nämlich: Mit dem
Schrei will A bewirken, dass B ihm hilft. Und A kann ebenso ein Mensch wie ein anderes
Tier sein.
Ratfrag beschreibt das im Zusammenhang mit Verbrechen richtig, aber mit vielen Wörtern.
Eine minimalistische Vorgehensweise kann verhindern, dass da verschiedene Sachen als
gleich angesehen werden. Was gebrochen wird kann ... gemäß Ratfrag richtig auch eine Moral
sein. Aber eine Moral ist mit einem Text beschreibbar, und somit mit Sätzen als Atome des
Textes in einer bestimmten Reihenfolge oder Kombination. Zum Schluss sind es wieder die
Sätze, und die sie beinhaltenden Wörter.
Wenn ich einen Satz als Teil der Kausalketten sehe, kann ich ihn nicht interpretieren, ich
kann allerhöchstens die Frage stellen, aus was heraus er entstand und was auf ihn folgt.
Dann ist die Hermeneutik so oder so am Ende angelangt,
Ratfrag hat die Sache richtig gesehen was die Auslegungsmöglichkeiten anbelangt.
Was die "Hermeneutik" angeht, so sehe ich
nach deiner Beschreibung ein naheliegendes Problem: Woran erkennt man das korrekte
Vorgehen des
Lesers?
Das würde ich auch gerne wissen. Denn es kann ja sein, dass er die Sache missversteht, und
dann wie Ratfrag schreibt, sozusagen eine ganz neue Sache entsteht, dazu bedarf es jedoch
keines Missverstehens.
auf den Absatz des Ratfrag
Wenn wir uns für zweiteres entscheiden, dann müssen
wir auf den normalen oder einen ideellen Sprachgebrauch abzielen. Berühmtes Beispiel etwa,
wenn der Firmenchef sagt, er möchte in Nürnberg "longieren" (mit einem Pferd
reiten), er meint aber "logieren" (im Hotel übernachten). Der guckt dann
ziemlich komisch aus der Wäsche, wenn er an der Pferderennbahn ankommt, weil der
ausführende Mitarbeiter ihn wörtlich verstanden hatte.
Der Leser kann auch einfach mit Sätzen weiterfahren, die nichts mit den ersten zu tun
haben: "Wenn du lo(n)gieren gehst, dann gehe ich mal jonglieren."
Entweder indem wir sagen, korrekt verstanden ist ein
Text, wenn der Leser die Absicht des Autors verstehe oder nicht.
Mit dem Wort Absicht wird etwas zu Anderes eingebracht, das zusätzlich in die Irre führen
kann. Steckt in einem Schrei, in einem Begriff, einem Satz eine Absicht? Muss der sich
Äußernde verstanden werden? Genügt es nicht, der Äußerung Folge zu leisten, nach der
Methode Versuch und Irrtum. Vielleicht hört er ja dann auf zu schreien.
Joseph Hipp