Am 14.03.2017 um 13:53 schrieb Claus Zimmermann via Philweb:
Da sind die beiden Thesen "angeboren" und
"anerzogen" sehr verbreitet und vielleicht einseitig.
Der Mensch war vor
30.000 Jahren schon so geboren. Vermutlich war er
nicht dümmer als wir heute. Die mathematische Sprache entscheidet sich
von der deutschen Sprache und obwohl nun die deutsche Sprache hier in
mathematischen Strukuren abgebildet ist, bedeutet das wohl kaum, dass
der Textinhalt, den Ihr rezipiert (oder auch nicht) identisch wäre mit
den Nullen und Einsen. Anerzogen wäre definitiv zu kurz Gedacht, da die
Gemeinsamkeiten einer Sprache und eines Kulturraum sich über
Generationen entwickeln. Selbst das größte menschliche Genie könnte
nicht die mathematische Sprache in einer Generation entwickeln und die
Ablehnung der negativen Zahlen ist noch gar nicht so lange her und
Wurzel aus minus Eins ist heute noch manchen Menschen nicht vermittelbar
(wird aber vielleicht in zwei drei Generationen dann an der Grundschule
unterrichtet).
Sie sind nicht nur vielleicht einseitig, es ist garantiert einseitig.
Spannend ist ja schon das in weniger als 100 Jahren sich verschiedenste
Computersprachen entwickelt haben und nicht eine einzige vernünftige
Sprache. Vom Lochkartensymbol bis zu Phython, Ruby was weiß ich die Zahl
der Computersprachen wächst kontinuierlich. Was Computer A versteht,
versteht Computer B möglicherweise nicht und das sind Maschinen.
Inwieweit dieses Geschreibsel hier verständlich ist, ist keine Frage der
Kodierung. Inwieweit englische Begriffe deckungsgleich sind mögen
englische Worte wie Kindergarden oder "Gestalt therapy" verdeutlichen.
Irgendwo an der Erkenntnisgrenze werden die Worte dann immer mehr und es
finden Spracherweiterungen wie Higgsteilchen statt. Was nicht bedeuten
muss, dass der Wortverwender jeweils die vollständige Erkenntnis darüber
hat, was Higgsteilchen wirklich bezeichnet, oder was daraus folgt.
Das Sein bestimmt das Bewusstsein, wäre so falsch dann nicht, nur sind
wir uns über unser Sein und unsere Aussagen nicht vollkommen bewusst.
Die Menschheit kann sich nicht von außen betrachten und untersuchen. Der
Schluss von deskriptiven Aussagen auf normative Aussagen scheint
zunächst falsch und nicht zulässig. Jedoch ist die Frage inwieweit, wenn
wir etwas beschreiben nicht bereits Normen verwenden und damit auch
normative Setzungen vornehmen. Higgsteilchen wäre vor 100 Jahren
vielleicht noch der Auswurf eines Schluckaufs gewesen, das ist es eben
heute nicht. Das Wort verdanken wir aber einem äusserst sozialen und
komplexen Gefüge, dass teure Forschung wie ein teurer Kirchenbau
gerechtfertigt werden muss. Wir sind nie alleine. Voltaire wurde noch
von Friedrich II. für Philosophie bezahlt. Das Cern wird eben heute von
Staaten bezahlt.
"Ein Gesetz zur Finanzierung der Forschung für Higgsbosonen" würde
niemals Gelder für Schluckaufforschung zur Verfügung stellen. Die
Deskription (Sein) hat bereits eine Norm (Sollen) unter die sie nicht
mehr unterschreiten kann. Wir verstehen nur nicht, was wir da wirklich
tun, wenn wir Worte wie Higgsteilchen plötzlich haben.
Grüße,
Arnold
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