Servus Joseph,
nun sollte es mir möglich sein (leider zwar aus med. Gründen immer noch
etwas eingeschränkt) auf Deinen letzten Beitrag einzugehen. Dazu habe
ich die von Dir erstellte Übersicht
„weltordnung.de/Kommentar-zu-Philweb-1Tag.ods“ aus den ersten Posts im
April d.J. in philweb durchgesehen, die Du ausgesucht hast, um daraus
Streitursachen zu ergründen und diesbezüglich Fehler in der jeweiligen
Argumentation aufzuzeigen.
Zunächst muss ich (mich wiederholend) zugeben, nicht das Vermögen zu
haben, Beiträge nach den von Dir benannten Kriterien abzufassen. Ich
frage mich schlichtweg nicht vor jedem Satz, ob er denn auf ein
„ignoratio elenchi“ hinausläuft oder ein Argument „pars pro toto“
darstellt.
Letztere Begrifflichkeit jedoch führt schon in Richtung Deiner Frage,
warum und wie überhaupt hier Streit entsteht. Dabei würde ich Streit im
benannten Zusammenhang zunächst relativieren wollen, insoweit ich eher
von Widerstreit als von Streit im Sinne von Gezänk in den hier
kontrovers geführten Diskussionen ausgehe.
Widerstreit als Ausdruck von Gegensätzlichkeit unterschiedlicher
Weltsichten, wie er sich besonders bei kritischen Themen von Religion
und Gesellschaftspolitik erhitzen (und manchmal halt auch überhitzen) kann.
Dann kommt Dein Hinweis auf Streitkultur oder eben die hier
diesbezüglich geführte Erörterung der Frage nach Diskursethik ins Spiel.
Doch hierzu ist von mir in jüngsten Beiträgen alles bereits gesagt bzw.
geschrieben worden.
Widerstreit also, der gewollt ist, da er uns hier Diskutierende zu
weiterem Nachdenken über „Gott und die Welt“ ermuntert, uns aus ggf.
festgezurrten Weltbildern herausführt, letztlich eben einen Zuwachs an
Wissen und Erkenntnis mit sich bringt. Das mag nun als ein
hochstilisieren dieses Philweb-Listenethos erscheinen, doch in Teilen
wurde er (nicht zuletzt auch von Waldemar) so beschworen.
Realistisch gesehen, stellt diese Liste ein Forum dar, das der im
Impressum vorgestellten Intention entspricht: Die Liste "PhilWeb"
entwickelte dann aber ein Eigenleben und wird bis heute überwiegend als
thematisch offenes Forum für philosophische Diskussionen genutzt.
Zurückkommend auf „pars pro toto“ denke ich an Heisenbergs „Der Teil und
das Ganze“ als ein Buch, das mich in jungen Jahren geprägt und dazu
beigetragen hat, das mir sozialisierte Weltbild zu hinterfragen und in
gänzlich andere Denkkategorien vorzudringen:
Die faszinierende Verbindung von Naturwissenschaft mit wesentlichen
Fragen zu Religion, Metaphysik und Philosophie, die auf eine „zentrale
Ordnung der Dinge und des Geschehens“ hindeuten.
Den Teil für das Ganze zu nehmen, ist immer ein kritisches Unterfangen.
Sei es das christlich geprägte Gottesbild, das einer (wie auch immer)
empfundenen, angenommenen, offenbarten und demnach definierten Wesenheit
göttliche Attribute zuweist, die notwendig von Menschen als Teil und
zufolge ihres konkreten Lebensumfelds resp. ihres eingeschränkten (also
kleinteiligen) Weltbilds abgeleitet sind.
Dieses erfolgte und geschieht nach wie vor trotz des biblisch
überlieferten Bilderverbots:
„Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgendetwas darstellt am
Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.“
Man könnte hier denken, es sollte eher heißen: du kannst dir kein Bild
von Gott machen. Vor allem, wenn man bedenkt, welche Mühe die Menschheit
im Verlauf ihrer Entwicklung aufzubringen hatte (und immer noch
erbringen muss), um den „Schleier der Natur“ also die Geheimnisse von
„Himmel droben“, Erde und Wasser zu lüften.
Deshalb hatte ich hier Bonhoefer zitiert: „Den Gott, den es gibt, den
gibt es nicht! und deshalb hatte ich mich dagegen verwehrt, glauben zu
sollen, die Geschehnisse von Leben, Welt und Kosmos seien radikal auf
„Staubkörner“ bzw. auf von „Kappes und Kohl“ gefütterte, geistlos und
sinnfreie Molekularverbünde als Vielfache von Plancklängen-Voxel zu
reduzieren.
Nicht den Teil für das Ganze nehmen; deshalb hatte ich zu Denken
gegeben, dass Kreativität für Sinn und Zweck der Lebenswelt steht und
nicht deren Destruktion bzw. Reduktion auf „Sternenstaub“,
gleichermaßen, ob von Esoterikern als alle Menschen „verbindendes Agens“
gepriesen oder von Misanthropen wie auch Propheten eines baldigen
Weltuntergangs als ultimativ zu erwartendes Schicksal beschworen.
Daher hatte ich die Beispiele vom Sand am Meer, von Legosteinen, von
Musiknoten, dem Empfinden von Emergenz in Summe unzähliger H2O-Moleküle
gebracht; allesamt Bausteinchen, die für sich gesehen unabdingbar für
das Zusammenfügen eines Ganzen sind, dieses jedoch einer Idee, eines
Planes und damit menschlicher Kreativität bedarf, die in ihrer
Ausformung und ganzheitlichem Empfindungsvermögen den Menschen als von
Geist beseeltes Kulturwesen auszeichnet.
„Wie im Kleinen, so im Großen“ oder vice versa. Das dem Hermes
Trismegistos (literarische Figur der Antike) zugeschriebene
Analogieprinzip findet (vor allem in esoterischen Kreisen) bis heute
Eingang in unsere Kulturtradition und soll offenbar den kosmischen
Wirk-Mechanismus beschreiben bzw. diesen zu beweisen suchen.
In unseren Zeiten wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse über „das
Kleine“ tritt klar zutage, dass diese „Kleine“ (genauer gesagt das
Kleinste) zwar elementarer Baustein allen Lebens ist, man aber aus
dieser Kenntnis heraus nicht die Komplexität kosmischer Zusammenhänge
ableiten kann, ebenso wenig Heisenbergs „zentrale Ordnung der Dinge und
des Geschehens“.
Für mich liegt diese Ordnung nicht in Begrifflichkeiten von purer
Materie resp. Energie und eben der Betrachtung des Kleinsten, sondern
gründend auf steuernde Information (kosmische Intelligenz – wie Ingo es
ausdrückte); Zusammenhänge, die sich m.E. am derzeit plausibelsten
Erklärungsmodell des „Holographischen Prinzips“ (vornehmlich begründet
von Maldacena, weitergeführt u.a. von Susskind) abbilden.
Eigentlich sollte aus meinen Beiträgen hier deutlich geworden sein, was
mich wirklich interessiert: eben nicht überkommene Vorstellungen von
Religion (unbenommen dem damit verbundenen, zutiefst verwerflichen
Missbrauch), nicht ein menschengemachtes Gottesbild usf. im Kontext
dieser Thematik.
Das Recht jedes Menschen auf ein Weltbild, das neben einer durchaus
zutreffenden und berechtigten naturalistischen Sichtweise auch ein
Bewusstsein für Übersinnliches, ein Prinzip des Geistigen, den Glauben
an einen Gott sowie an Lebenssinn und -zweck einbezieht, möchte und
werde ich jedenfalls und jederzeit verteidigen.
Und das ist keine Frage von vermeidbarem Streit oder misslungener
Streitkultur, sondern schlichtweg von Toleranz gegenüber
Andersdenkenden, die sich niemals dadurch ausdrücken kann, indem man ein
sich dem eigenen gegensätzlich darstellendes Weltbild absolut in Abrede
stellt bzw. sich darüber belustigt.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
Am 27.07.2021 um 05:39 schrieb Joseph Hipp via Philweb:
[Philweb]
Am 27.07.21 um 00:37 schrieb Karl Janssen:
Kurzum, ich sehe mich ausserstande, Deine
kunstvoll verklausulierte
Kritik in Gänze richtig einzuordnen (schlichtweg gesagt
zu kapieren)
und so wäre mir eher geholfen, Du würdest „Ross und Reiter“ konkret
benennen, einerlei, ob ich dabei „Ross“ oder „Reiter“ sei.
Wenn ich das tue, geschieht eine Rahmensprengung, der Fehler x10. Aber
ok, ich sage mal den Grund. Erst einmal fragte ich mich, warum denn
hier überhaupt gestritten wurde. Das zu schreiben ist aber der Fehler
x8, nämlich ein anderes Thema vorschlagen. Der Betreff wird zwar
manchmal geändert, es ist ok, eine kleine Hilfe, aber meist ist sie
untauglich, weil niemand sich daran hält.
Mit Bezug auf den ruckelzigen Verlauf der Gespräche der nahen
Vergangenheit stellte sich mir die Frage: Wie und warum entsteht
Streit? Es dürfte hier schon bekannt sein, dass meine Zugangsweise
einfach ist, dass ich mich mehr auf mich selbst verlasse als auch
"hohe" Literatur. Und doch waren die zwei folgenden Artikel nicht
schlecht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Streit
https://de.wikipedia.org/wiki/Streitkultur
Ich habe den Versuch gemacht, den Streitverlauf zu finden, was sehr
leicht ist. Ich habe den Monat April aus dem Archiv genommen, und ab
dem ersten Tag die Fehler gesucht. Schon beim ersten Gespräch finde
ich die
Ignoratio elenchi in der engen Bedeutung
"Dabei wird eine andere Behauptung bewiesen als die zur Debatte
stehende; das Argument verfehlt das Thema."
Diese ignoratio trifft als Argument nicht ganz, weil das Thema nicht
fest ist, und somit nicht verfehlt werden kann. Es hätte aber im Laufe
des Gesprächs festgelegt werden können. Das wurde nicht unternommen,
so dass dies sozusagen ein externer Fehler war, der zum internen
wurde. Das ständige Ändern des Themas ist dabei gerade Ursache, dass
die ignoratio nicht einmal gedacht werden kann.
Für die Textkommentierung habe ich herausgefunden, dass dies am besten
mit einer Tabelle geschieht. Und eine Tabelle sprengt hier sowieso
schon den technischen Rahmen. Also "Ross und Reiter" ist nicht möglich
hier.
So will es mir nicht gelingen, Dir eine
entsprechend konkrete Antwort
hierauf zu geben.
Ja, das habe ich auch nicht gehofft.
Dein Talent und Deine Passion zur Textanalyse und
dann musst Du
zwangsläufig angesichts meiner Beiträge einem „Nervenzusammenbruch“
nahekommen, da ich überhaupt kein Talent aber auch keinen Sinn dafür
habe, meine Ausdrucksweise nach den strengen Regeln rhetorisch und
formaler Korrektheit (schon gar nach jener der political correctness)
anzupassen.
Dem widerspreche ich ein wenig zumindest. Einerseits interessiert mich
nicht, was offiziell als Textanalyse angesehen wird, denn diese geht
in ganz verschiedene, manchmal spezielle und gar komische Richtungen,
sie ist ok, aber sie hilft mir nicht, so dass ich eine spezielle
sozusagen erfinden muss, kein Rad neu erfinden, aber in dem vielen
finde ich die Sache nicht in der Form wie ich es angebracht finde.
Auch das Wort "Rhetorik" macht ein Problem. Gibt es unbewusst
ablaufende Rhetorik? Ich glaube, das ist ein wenig gegen die
Definition von Rhetorik. Kognitive Dissonanz-Aussage als Rhetorik, im
Extremfall. Eine Sammlung der rhetorischen Kunstgriffe ist zwar ok,
und kann gelernt werden. Die logischen Fehler bzw. sprachlichen Fehler
sind auch der Rede wert. Hier unten zeige ich, dass es für die Analyse
dann für jeden Aspekt eine Spalte in einer Tabelle bedürfte.
Ob man Talent/Passion hat für oder nicht, das ist so einfach gesagt,
spielt keine Rolle. Aber wie kannst du in den Boxkampf wenn du sagst,
dass du keinen Sinn für Boxanalyse hast? (x9 rhetorische Frage) Und
hier ist ersichtlich: eine sprachliche Figur wie x9 ist nicht immer
ein Fehler. Es geht auch nicht um eine starre Suche nach Fehlern und
nach Festlegen strenger Regeln, formaler Korrektheit. Nur wenn 28
theoretisch mögliche Regeln (ohne Talent so definiert und angewandt)
unbeachtet bleiben bzw. Fehler in 24 Stunden geschehen, dann kann ich
mich so wie einen Schreibarbeit korrigierenden Lehrer fühlen, der
keine Passion hat, ... so eine komische Arbeit zu kommentieren.
Es stimmt, political correctness ist auch ein Problem, legal
correctness kam ja auch schon zum Vorschein, schrecklich.
einerlei, ob ich dabei „Ross“ oder „Reiter“ sei.
Hier sind wir doch alle Ross und Reiter. Also du bist nicht gemeint.
Du machst gute Beiträge, die anderen auch.
Kurzum, ich sehe mich ausserstande, Deine
kunstvoll verklausulierte
Kritik in Gänze richtig einzuordnen (schlichtweg gesagt
zu kapieren)
und so wäre mir eher geholfen, Du würdest „Ross und Reiter“ konkret
benennen.
Wenn ich es tue, entsteht die Gefahr eines weiteren Fehlers. Denn zu
jeder Sache kann eine andere gesagt werden. Es gibt kein Ende. Jeder
Satz findet einen transzendierenden möglichen anderen Satz. Das ist so
wie die Zahlenreihe in der Mathematik. So gibt es so viele
transzendierende Ebenen wie es Zahlen gibt. Das heißt es muss
irgendwann ein Ende gemacht werden. Beispiel: Das Wasser läuft den
Berg hinauf. Der letzte Satz ist falsch. Der letzte Satz entbehrt
jeder Grundlage. Der letzte Satz hat gar keine Grundlage. Wo könnte
die Grundlage des letzten Satzes denn gefunden werden? Was soll der
letzte Satz. (immer der Vorgänger-Satz)
Ich akzeptiere also den transzendierenden Satz, dass das alles Unsinn
ist, was ich jetzt schreibe und darlege, dargelegt habe. Ganz einfach
weil ich nicht einen weiteren Satz hinzu fügen muss, um einen
unendlichen Vorwärts-gress zu vermeiden, das übliche Wort Regress wird
auch dafür gebraucht, aber ich benutze es nicht gern, weil man dann
eher an rückwärts geht. Die Methode mit einer Tabelle wäre in dem Fall
so, dass ein Transzendieren eine neue Spalte erforderlich machen
würde, ich zeige nur gleich zwei Spalten. In die erste Spalte setze
ich den ursprünglichen Text. Und wenn eine Begründung für Sätze einer
Spalte erforderlich wäre, müsste eine neue Spalte hierfür hin. Wenn
nun mehr Personen dazu kommen würden, bräuchte es der Hilfe der
Mathematiker, die sich in mehrdimensionalen Räumen auskennen. Aber
Mathematiker sind streng: Sie wollen nicht, dass schwadroniert wird.
Es tut mir leid, wenn ich auch nur 24 Stunden am Tag habe, und darf
mir dann wohl auch 24 Fehler erlauben.
Die grammatischen Fehler oder allgemein sprachlichen Fehler sind bei
alledem nicht so schlimm, wenn verstanden wird, was geschrieben steht.
Hier ist also die Tabelle, die ich nicht einmal als pdf fertig
brachte. Wenn sie gegen philweb verstößt, lösche ich sie, auf Wunsch
lösche ich auch Teile davon bzw. anonymisiere sie:
weltordnung.de/Kommentar-zu-Philweb-1Tag.ods
Hoffentlich habe ich nicht zu sehr geschwafelt, gefuchtelt,
schwadroniert, immer dasselbe gesagt, herabgewürdigt, beleidigt usw.!
(Das sind schließlich alles Fehler! x mit Nummer!). Und doch streite
ich gerne!
Joseph Hipp
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