Soweit es sich um die Verwendung von Worten handelt - hier die des Worts "weil"
zur Bezeichnung eines Zusammenhangs zwischen Ereignissen - können wir schlecht so tun, als
ob es sich um ein Geheimnis oder Rätsel handelt, denn wir haben uns zwar weder die Welt
noch uns selbst ausgedacht, die Worte aber schon.
Wann sagen wir "Das Medikament wirkt" oder "A wird durch B verursacht, B
ist nicht nur zufällig auf A gefolgt"? Wenn wir den entsprechenden Zusammenhang nicht
nur einmal oder ein paar mal, sondern sehr oft und ausnahmslos beobachten. Wobei wir es
nicht als Falsifizierung betrachten würden, wenn der Wirkung eine andere Wirkung
zuvorkommt, der Patient also trotz der Einnahme des Medikaments nicht gesundet, weil er
überfahren wird. Sobald aber die sogenannte Wirkung nicht eintritt, ohne daß eine andere
ihr zuvorgekommen ist und wir nach gründlicher Prüfung einen Beobachtungsfehler
ausschliessen können, betrachten wir A nicht mehr als Ursache.
Man könnte allerdings von einem Medikament nur dann reden, wenn es zur Gesundung führt.
Dann wüsste man zwar mit unwiderlegbarer Sicherheit, daß das Medikament das leistet, das
Wissen bezöge sich aber nur auf das - s.o. - selbst ausgedachte Wort und es bliebe bei der
Ungewissheit darüber, ob die Substanz ein Medikament ist.
Andere Tiere machen das ohne Worte auch so und ziehen wie wir aus Erfahrungen der
Vergangenheit, die darin bestehen können, ein paar mal auf die Nase zu fallen,
Konsequenzen für ihr zukünftiges Verhalten. So finden sie sich und wir uns in der
Lebenswelt zurecht.
Dieses "weil" bezieht sich auf lebensweltliche Zusammenhänge, mit denen man
nichts zu tun hat, also nicht etwa auf Zusammenhänge zwischen Umständen und Handlungen,
auch wenn diese mit dem gleichen Wort bezeichnet werden und es muss auch nicht unbedingt
zu Laborbeobachtungen ausserhalb der Lebenswelt passen.
Claus
Am 30. Mai 2021, 21:16, um 21:16, Rat Frag via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>
schrieb:
[Philweb]
Hallo Liste,
Am Di., 27. Apr. 2021 um 13:45 Uhr schrieb waldemar_hammel:
"kausalität" wäre auch ein sehr gutes
thema, über das sich hier
philweb
trefflich streit-disputieren ließe ..., denn, was
ist das ?
Ich denke mir: Wieso eigentlich nicht.
Ich muss Waldemar irgendwie halbrecht geben.
Zunächst einmal ist für mich der Sachverhalt klar, so wie für jeden
anderen Menschen. Auf die Ursache folgt die Wirkung. Kausalität
funktioniert und unser Leben basiert darauf.
Denkt man aber genauer über das Konzept nach, ergeben sich einige
Probleme.
Empirisch beobachten lassen sich immer nur die Folge A liegt vor und B
tritt auf.
Grade in der Psychologie und Medizin werden häufig Korrelationen
berechnet, also der Zusammenhang zwischen A und B. Jetzt gibt es den
bekannten und berechtigten Einwand: Korrelation ist keine Kausalität.
Das Beispiel mit der Geburtenrate und den Störchen ist bekannt.
Die Frage ist nur, was tritt eigentlich bei der "Kausalität" noch
hinzu, das über die Korrelation hinausgeht?
Oder ist Kausalität einfach ein anderes Wort für eine 100%-Korrelation?
Her ergibt sich wieder das gute, alte Hume-Problem, auch wenn viele
Forscher leider die Gedanken Humes dazu nicht kennen.
Wir beobachten das gemeinsame Auftreten von zwei Ereignissen so
häufig, dass wir von einer zwingenden Kraft ausgehen. Diese Ansicht
ist aber naiv, weil wir diese zwingende Kraft weder logisch begründen,
noch selbst empirisch messen können.
Die Behauptung einer apriorischen Gewissheit klingt zwar plausibel,
aber führt uns in ein weiteres Problem. Der menschliche Verstand ist
nach gegenwärtigen Erkenntnissen durch eine Evolution über Millionen
Jahre hinweg entwickelt worden. Diese Evolution fand ausschließlich
unter irdischen Verhältnissen statt.
Wenn es stimmt, was die Physiker sagen, dann gibt es im All allerdings
viel krassere Verhältnisse. Für ein Photon zum Beispiel wäre
Kausalität ein nichtiges Konzept, da es schon keine Zeit für das
Photon gibt. Jedenfalls keine Messbare.
Es gibt noch andere für den menschlichen Verstand absurde Situationen,
in die so ein Photon kommen kann.
Was bleibt unter diesen Bedingungen vom Kausalnexus noch übrig?
Gruß
der Ratlose.
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