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Am 24.05.2024 um 09:09 schrieb Ingo Tessmann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Moin Karl,
Im BERICHT DER KOMMISSION ZUR REPRODUKTIVEN SELBSTBESTIMMUNG UND FORTPFLANZUNGSMEDIZIN
ist unter 5.2.2. zu lesen: „Menschenwürdegarantie des Embryo/Fetus: Ob dem Embryo/Fetus
der Schutz der Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG) zugutekommt, ist fraglich. Es
gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt. Doch selbst
sofern man von einer vorgeburtlichen Geltung der Menschenwürdegarantie ausginge und sie
in diesem Fall mit dem gleichen, vollwertigen Schutz wie für den geborenen Menschen
Anwendung fände, bestünde wohl nicht per se ein generelles Abwägungsverbot mit den
Grundrechten der Schwangeren.“
Solltest Du die päpstliche KOMMISSION zur Verhütungsfrage konsultieren, würdest Du von
dieser eine objektive Antwort im Sinne Deiner Anfrage erwarten?
Entscheidend ist auch für mich, wie ein Kind nach der
Geburt behandelt wird und nicht wie es gezeugt wurde.
Es ist doch unbestreitbar, dass sowohl die postnatale, resp. postpartale Phase eines
Menschenkindes, wie aber vor allem auch die enge präpartale Beziehung zwischen Mutter und
Neugeborenem einen entscheidenden Einfluss auf die spätere körperliche Entwicklung des
Kindes hat und darüber hinaus auch auf die psychische Persönlichkeitsentwcklung des
Menschen.
Das Faktum postpartaler emotionaler Deprivation ist eindeutig belegt, etwa durch die
Erkenntnisse, die man in rumänischen Kinderheimen/Waisenhäusern gewonnen hat, wo emotional
vernachlässigte Neugeborene und Kleinstkinder eine verzögerte, zumeist aber eine
irreversibel verminderte Gehirnentwicklung hatten.
Die grundsätzlich sehr enge Beziehung zwischen leiblicher Mutter und Neugeborenem beginnt
jedoch definitiv nicht erst mit der Geburt des Kindes, sondern die symbiotische
Mutter-Kind-Beziehung erfolgt bereits im Mutterleib und ist somit die erste essentielle
Verbindung im schon begonnenen Leben eines Menschen.
Hast Du jemals mit einer werdenden Mutter das Ultraschallbild des Babys in ihrem Bauch
gesehen? Wenn ja, dann frage ich mich, wie Du Dich zu der Behauptung aufschwingen kannst,
menschliches Leben würde erst postpartal beginnen.
Schon die ersten Bewegungen des Kindes im Mutterleib haben - neben der später einsetzenden
Erziehungsphase - eine essentielle Bedeutung für die Entwicklung des Kindes. Diese
massgeblich prägende Phase kann unmöglich durch artifiziell nachgebildete Mechanismen
substituiert werden. Ein Kind, dass sich beizeiten seiner „Erzeugung“ als „Laborratte“
bewusst wird, dürfte bei entsprechender Verinnerlichung dieses Umstandes in eine
emotionale Schieflage gegenüber seiner „Elternschaft“ geraten. Nun, wie gesagt: „Brave New
World“.
Doch warum sollte ich zu diesem Thema schreiben, da es längst etablierter Erkenntnisstand
in der Entwicklungspsychologie ist. Natürlich schreibe ich als Mann und Vater über ein
Thema, dass eher aus der Sicht einer Mutter beschrieben werden sollte. Schließlich ist
deren innerste Erfahrung einer Mutterschaft auch nur von dieser Seite her authentisch zu
beschreiben.
Frauen in philweb? Wohl auch hier eine stark unterrepräsentierte Gruppe.
Zudem favorisiere ich im Gegensatz zur
selbstherrlichen Überhöhung des Menschen durch die Hervorhebung der Menschenwürde die
französische Erklärung von 1789: „Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich
an Rechten.“ Darauf bezieht sich die französische Verfassung noch heute: „Das
französische Volk verkündet feierlich seine Verbundenheit mit den Menschenrechten und
den Grundsätzen der nationalen Souveränität, wie sie in der Erklärung von 1789
niedergelegt wurden.“ Die Präambel des GG wird demgegenüber anmaßend eingeleitet mit den
Worten: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“.
Was sollte an dieser GG-Präambel anmaßend sein, allenfalls der Bezug auf einen Gott,
sofern dieser als autoritärer Platzhalter für den moralischen Anspruch des GG stehen
soll..
Das Nachkriegs-GG war ein Anfang und so gibt es noch
viel zu verbessern.
Fragt sich, in welchem Geist und Sinne das geschehen sollte, da würde ich eher die „Finger
davon lassen“.
KJ