Claus Zimmermann schrieb:
Natürlich können aber Sätze oder Verkehrszeichen oder auch Kommandos, die aus nur einem
Wort bestehen, zu Handlungen oder Unterlassungen auffordern. Das muss aber nicht so sein.
Bei Beschreibungen ist es z.B. nicht der Fall.
Antwort:
Es ist in Ordnung, so zu schreiben, nur sehe ich viel ungenauer, zu was denn auffordert
und zu was nicht. Sicher wenn ich die Definition Beschreibung zulasse bzw. verwende,
dann bin ich gefangen in dem System von Sätzen, die mit diesem Wort einhergehen.
Beschreibung hat schon was mit Wissen zu tun, und dieses Wort brauche ich auch nicht. Ich
sehe vieles so wie Hans Vaihinger, wahrscheinlich noch komplexer. Denn sogar das Wort
Fiktion ist schon Fiktion. (Erst wird etwas gesetzt und dann geht es weiter. Und am Ende
braucht man das Gesetzte nicht mehr.)
Rein dialektisch betrachtet ist mit dem Wort Beschreibung zu denken: Es gibt
Beschreibung und etwas anderes. Aber was? Was ist das Gegenteil von Beschreibung?
Deskriptiv-Präeskriptiv ist mir zu einfach um die Realität zu beschreiben. Auf dieselbe
Weise hilft mir zum Beispiel das Wort Ideologie nicht. Ist schon Ideologie, zu den
Kaninchen zu sagen, fünf Nachfahren zu zeugen? Sobald ich das Wort nutze, bin ich
gefangen. Und das bei jedem Wort. Einen Satz kann ich negieren, aber ein Wort nicht.
Sobald ich sage, dass ich es nicht benutze, habe ich es schon benutzt. Und deswegen liegt
eben das Sollen in jedem Wort, nicht zu einer Handlung, aber irgendwie zu seiner
Verwendung. Ob bedeutungsvoll oder nicht, spielt keine Rolle.
Also können, nicht müssen, ist ok, die einen können sich einfacher und anders durchsetzen
als die anderen (Flecken, Buchstaben, Wörter, Sätze, Texte oder in einer anderen Kategorie
gedacht: Tintenflecke, Bilder, Filme). Es ist nur ein gradueller Unterschied. Es ist aber
auch so, dass es meist davon abhängt, wer die Wörter, Sätze, Texte sagt, ob sie dann
auffordern oder nicht.
Alle diese Elemente oder Moleküle der Sprache fordern durch ihre Existenz auf. Und zwar
dass sie bemerkt werden. Es ist einfach, wenn ein Mensch diese hervorbringt, zu meinen, da
wäre etwas mehr als bei einfachen Existenzen oder Tatsachen, um auf das Wort des Ratfrag
zurückzukommen. Nur trägt auch ein vom Autor unabhängiges Wort (Satz, Text usw.) die selbe
Aufforderung, in seiner Existenz und dem Zusammenhang verstanden zu werden. Dass es dafür
der Intelligenz des Rezeptors bedarf spielt keine Rolle. Sicher wenn er nicht da ist, wird
die Sache nicht bemerkt. Es muss nicht schon ein Verstehen geben. Die Aufforderung kann
ohne Verstehen vor sich gehen.
Und Verstehen, Bedeutung usw. verwende ich nur im ungenauen Sinne, wenn ich sie ernst
nehme komme ich nicht weiter.
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Ratfrag schrieb:
Wir wünschen Menschen durch unser Verhalten zu manipulieren. Man kann
im Grunde schon den Akt des Verstehens als eine subtiele Form der
Manipulation verstehen.
Ist es das, auf das du hinauswillst?
Antwort:
Nein auf keinen Fall. In meinem Satz:
Das vorausgeschickt, wird mit jeder Äußerung, die z.B. menschliches Denken voraussetzt,
ein Sollen mit in die Äußerungen sozusagen hinein manipuliert.
hätte ich genauso das Wortpaar hinein geschubst sagen können. Mit dem Wort manipuliert
wurde zweideutig gesagt: Es kann auch sein, dass einer Person recht ist, wenn sein Wort
eine Macht erlangt. Aber in allem was ich hier so schrieb geht es nicht um die Verbindung,
die zwischen der Person und dem Wort, Satz oder Text besteht. Ich gehe ja von der
Unabhängigkeit bzw. Selbständigkeit der Wörter, Sätze, Texte von denjenigen aus, die sie
äußern. Ich bedarf auch des Wortes Manipulation nicht. Es ist auch sehr einfach, zu
meinen, es stünde hinter jeder Äußerung eine Absicht. Wenn, dann kann diese Absicht
getrennt vom sie Äußernden in dieser Äußerung vorliegen, was entgegen dem
Allgemeinverständnis ist.
Das was Ratfrag ab Allerdings ... ist sehr gut im Zusammenhang gesagt.
1. Es betrifft gerade die Unzulänglichkeiten, die schon mit Wörtern, Sätzen und Texten
entstehen. Schaue ich auf die produzierende Person, die Sätze, oder die Folge der Sätze,
die Absichten der Person usw.? Das ist aber nichts anderes als mit einer komplexen Ebene
einverstanden zu sein, die vorgibt, das alles zu können. Auf dieser komplexeren Ebene
entstehen gerade die neuen Unzulänglichkeiten. Wenn ich zu einem Urteil sage, es sei eine
Sachverhaltsquetsche, dann wird mir vermutlich vorgeworfen, ich sei doch kein Professor,
wenn mir nicht sogar gesagt wird, ich würde den Rechtsstaat beleidigen und den
Naturzustand bevorzugen.
Eine andere Antwort:
2. Wenn ich mir die Sätze meines Freundes zuhöre, kann ich ständig fragen, welche Absicht
er mit den Sätzen verfolgt, oder was seine Motive sind, oder was die Sätze zu bedeuten
haben, oder ob die Sätze Literatur sind oder nicht. Das erinnert mich an die Personen,
wenn sie etwas Unerwünschtes verursacht haben, die Gründe mitteilen, nach denen es nicht
anders geschehen konnte. Es ist also eine Frage des Interesses. So ist es nun mal in der
Kausalität. Wenn ich interessiert bin am Menschen, der die Sätze produziert hat, bin ich
an einer anderen Zeit als wenn ich von den Sätzen ausgehe, die er da stehen, nachdem er
sie gesagt hat. Diese Unabhängigkeit des Zeitpunkts A vom darauf folgenden Zeitpunkt B ist
in Kausalbetrachtungen üblich. Wenn ich jedoch von der Zeit abstrahiere stehe ich vor dem
Problem, das ich mir selbst geschaffen habe, nämlich dass ich vom Satz ausgehe, als würde
in ihm noch die Absicht des Autors liegen und als könnte ich aus dem Satz auf die Zukunft
schließen und sogar die Folgen dem Äußerer des Satzes vorwerfen. Ist das alles schwer
vermittelbar?
Joseph Hipp