Moin Karl,
am 22.3.23 hatte ich an JH geschrieben: „Sticheleien stören mich nicht und bloße
Wichtigtuer ignoriere ich einfach. … denn es gibt so viele interessantere Menschen, über
die wir schreiben oder von denen wir uns anregen lassen könnten. Thomas Metzinger hat
gerade ein Buch zur „Bewusstseinskultur“ veröffentlicht, ein genuin philosophisches Thema,
das im Anschluss an die von Christian Wolff 1719 eingeführten Worte „das Bewust seyn"
in eine Kultur zu weisen scheint — und auch von intellektueller Redlichkeit handeln soll.“
Auf den Popper-Fan Niemann (hjn) hatte ich zuletzt am 8.12.22 verwiesen mit dem Kommentar:
„Popper wird als Wissenschaftsthoretiker überschätzt, er war vornehmlich politischer
Philosoph.“ Am 7.10.22 erinnerte ich „mich noch gut an den quirligen hjn, der vor
Jahrzehnten hier in der Runde nicht müde wurde, uns immer wieder darauf hinzuweisen, doch
bitte auch die Texte anders Denkender nicht um der eigenen Rechthaberei willen vorsätzlich
missverstehen zu wollen, sondern ebenso wie Gleichgesinnten gegenüber zu versuchen, sich
auch aus befremdlich anmutenden Formulierungen einen Reim machen zu wollen.“
Unter Physikern wird Popper ebenso wenig geschätzt wie Lorenzen und die meisten anderen
Wissenschaftstheoretiker. Beispielhaft dafür "The dangerous misconceptions of Sir
Karl Raimund Popper“:
https://arxiv.org/abs/physics/0207115 <https://arxiv.org/abs/physics/0207115>
Svozil schließt mit Wittgenstein: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man
schweigen”. Also "shut-up-and-calculate“? Mit dem Motto wird immer wieder Feynman
zitiert, wenn es um ausuferndes Palavern geht, aber
https://pubs.aip.org/physicstoday/article/57/5/10/412592/Could-Feynman-Have…
<https://pubs.aip.org/physicstoday/article/57/5/10/412592/Could-Feynman-Have-Said-This>
Am 12.12.21 bezog sich JH auf hjn und Karl kommentierte: „Es geht nicht um Konsens, das
habe ich hier oft angemerkt, sondern um hinreichendes Würdigen und nicht das
"Plattmachen" anderer Meinungen, Überzeugungen bei gleichzeitigem Beharren auf
der eigenen Weltsicht und deren ultimative Gültigkeit. Du, Joseph stellst Dich jeweils
mutig zwischen Fronten und willst um jeden Preis vermitteln, was Dich sehr auszeichnet!“
Am 16.4.21 hatte ich RF gefragt: „Wieder mehr „Sinn“ in das Philosophieren hier zu
bringen, hat gerade Joachim angemahnt. Aber sollte man die intellektuelle Redlichkeit
dabei vergessen?“ Was für Dich die Information ist, ist für hjn die intellektuelle
Redlichkeit, auf die er uns damals im Anschluss an Nietzsche wiederholt verwies. Vor zwei
Jahren hat er dazu auf seine „Strategie der Vernunft“ von 1993 verwiesen in: „Der Tod der
Wahrheit: Die böse Saat ist aufgegangen“. Der Artikel passt gut zu den wiederholt
populistischen Auswüchsen in unserem Geschreibe. Und so sollte klar sein, warum hjn
entnervt philweb verließ.
Einleitend zitiert er Heine mit der Mahnung: „Dieses merkt euch, ihr stolzen Männer der
Tat. Ihr seid nichts als unbewusste Handlanger der Gedankenmänner“. D.h. lügende
Populisten können leicht deshalb an die Macht kommen, „weil Heines ‚Gedankenmännern',
die sich hierzulande ‚Intellektuelle' nennen, um sich von bloßen Wissenschaftlern
abzuheben, längst erreicht hatten, was man nur ein intellektuelles Verbrechen nennen
kann: Wissenschaft, Aufklärung und Vernunft verächtlich zu machen und damit die
Maßstäbe für Wahrheit zu zerstören.“
Zu den kritisierten Pseudointellektuellen zählt hjn „Derrida, Paul de Man, Baudrillard,
Lacan, Lyotard, Foucault, Thomas Kuhn, Paul Feyerabend, Nicholas Rescher und lokaler
wirkende Autoren wie Paul Watzlawick und Wolfgang Welsch; zu viele, um sie alle
aufzuzählen.“ Auf diesem seit langem bereiteten Boden ist es die Methode der Populisten,
„die unmanipulierbare Wahrheit durch manipulierbare Mehrheitsmeinungen zu ersetzen.“
„Sich auch aus befremdlich anmutenden Formulierungen einen Reim machen zu wollen“ oder
„hinreichendes Würdigen und nicht das "Plattmachen" anderer Meinungen,
Überzeugungen bei gleichzeitigem Beharren auf der eigenen Weltsicht und deren ultimative
Gültigkeit.“ Aber gilt das auch gegenüber der Methode der Populisten? Denen gegenüber
setze ich eher auf Ideologiekritik, wenngleich die Schwarzmalenden, Übertreibenden,
Einseitigen, Beharrenden, Ignorierenden stets (physiologisch wie psychologisch) im Vorteil
sind. "shut-up-and-calculate“ mag in der Wissenschaft helfen, im Alltag dominiert das
Geschwafel.
… in das ich ebenfalls zu verfallen drohe und lieber hier abbreche.
IT
Am 28.02.2024 um 20:33 schrieb K. Janssen über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Habe auch gerade die Website von hjn besucht, war aber auch vorher schon
mal drauf.
Man trauert ihm zurecht hier in philweb nach, denn seine Beträge waren
von einer fachlichen Tiefe der Art, dass ich sie seinerzeit wohl gar
nicht begriffen habe. Vermutlich auch, weil mir vor lauter Berufsarbeit
gar keine Zeit blieb, aber auch der Zugang zu den damals doimierenden
Themen fehlte.
Sollte er entgegen unserer Erwartung doch nochmal einen Blick (in das
allgemein zugängliche Archiv der univie) auf sein philweb werfen, wäre
er hiermit eingeladen, es doch noch einmal mit uns zu versuchen.