Servus Joseph,
Du hast, wie ich es für mich auch annehme, einen Hang zur Eklektik. Weit
mehr als ich, setzt Du die Kunst des Eklektizismus in spezieller Form
Deiner Ausdrucksweise um; deren wesentliche Intention, also die
verschiedenen Aspekte von Weltsichten, Meinungen, Überzeugungen zu einer
konsensfähigen Einheit zusammenzuführen, ist meist jedoch (dieser
rhetorischen Kunst geschuldet) schwerlich auf Anhieb zu erkennen.
So greife ich nun einen für meine Begriffe entscheidenden Satz aus
Deiner Darstellung heraus, um das in meinem jüngsten Beitrag hier
vorgebrachte Anliegen nochmal zu verdeutlichen:
jh: „Weltverbesserungsversuche sind mit Parteinahmen verbunden, also wo
das eine, ist meist auch das andere, oder immer?“
Die Welt, das eigene Lebensumfeld, die eigene Lebensweise oder
-bedingungen usf. verbessern, optimieren zu wollen, ist ganz
offensichtlich im Wesen des Menschen verankert. Wie sonst würde sich die
Menschheitsentwicklung fortsetzen können!
Doch diese „Optimierungsprozesse“ laufen nicht problemfrei ab; um es mit
Karl Popper zu sagen: „Alles Leben ist Problemlösen!“
Ohne nun hieraus und hier wieder einen Reigen diesbezüglicher
Argumentation pro/contra eröffnen zu wollen, möchte ich zum Ausdruck
bringen, dass selbst die am wohlmeinendsten und sonstwie berechtigten
Versuche, die Welt, die Menschheit zu verbessern, scheitern müssen, wenn
man damit die „andere Partei“ mit pur destruktiver und stellenweise
diskriminierender Ausdrucksweise zu Boden bringen will.
Auf derartig angelegte Argumentation sollte man in einem Forum wie
philweb verzichten; dies umso mehr, als es mehr als genug Themenbereiche
gibt, die es mit Respekt für die gegenseitige Sicht auf Welt und Mensch
im fairen Meinungstausch zu erörtern gälte.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
Am 16.04.2021 um 04:52 schrieb Joseph Hipp via Philweb:
[Philweb]
Hier sind einige Sätze zu Parteinahmen:
Ist es nicht gehopst wie gesprungen, ob Tauschmittel nach Rom fliegt,
nach Honolulu, Panama, Cuba oder Hollywood? Sicher ist die Anwendung
dieses Ceteris paribus hier Unsinn. Aber die Anwendung kann gedacht
werden. Was machen die Personen mit ihrem Tauschmittel, wenn es nicht
dorthin fliegt? Nur als Hinweis: Wenn es nach Hollywood geht, werden
neue Filme gemacht. Vom Service geht es zwar nicht dorthin, aber zu
den Anstalten. Wenn die Personen nicht mehr Auto fahren dürfen,
fliegen sie eben, und umgekehrt. Verdientes Geld darf schließlich
ausgegeben werden, egal für was. Und wenn es als Abgabe angesehen und
eingezogen wird, ist die Verantwortung sowieso anderswo. Analog dazu
habe ich in Erinnerung, dass ein Heiliger sagte: Nimm den Leuten ihren
Gott, dann beten sie die Schweine an. Und ein Elter, der sagte: Unser
Kind ist nicht getauft, es hatte ja die Jugendweihe. Jeder hier kann
mir mit Recht sagen: "Geh zurück in die Schule, du weißt ja gar nicht
was Religion ist. Immanuel Kant hat nicht geschrieben, dass es Unsinn
ist, das eine oder andere zu glauben oder zu denken, sondern mit
seiner Feststellung hat er einen dritten Weg geöffnet. Und du
verstehst nichts von Wirtschaft und schon gar nichts von
Nachhaltigkeit, von Systemtheorie, Kommunikation, Semantik und
Atomteilchen, postmoderner Philosophie. Lies mal Derrida, Sokal und
Sigmund Freud, vielleicht gehörst du gar in eine Anstalt." Dann würde
ich diesen Satz als normal ansehen und vielleicht erstaunt fragen:
Warum? Ärgern würde ich mich sicher nicht. Ein Problem: Die meisten
Weltverbesserungsversuche sind mit Parteinahmen verbunden, also wo das
eine, ist meist auch das andere, oder immer? Wieder eine Erinnerung:
Es geht vielleicht nicht mehr um oder mit Verbesserung, sondern darum,
zu retten, was zu retten ist. Allein das, Rettung oder Verbesserung,
generiert neue Parteinahmen. Diskussionen entstehen: "Wir verbessern,
dann kommt die Rettung automatisch." oder "Wir merzen die Fehler aus,
dann kommt auch die Verbesserung." "Wir sind nicht nur wie Albert
Schweitzer, der einen Wurm rettete, der über die Straße wollte,
sondern viel besser, wir legen jedes benutzte Papierstück an die
richtige Stelle, da kann doch nichts schief gehen. Wenn jeder seinen
Beitrag leistet, sind alle Probleme gelöst. Lass doch die Kirche im
Dorf!" Noch was zu einer Formalität: Eindeutige Überschriften fordern
Parteinahmen heraus bzw. können sie bewirken. Und noch was: Keinen der
hier geschriebenen Sätze sehe ich als meine Meinung oder gar als
Wahrheit an.
Gruß
Joseph Hipp
www.weltordnung.de
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